Weißbüschelaffen & das zweitausenddreihundertfünfunddreißigste Gedicht

Sagui- oder Weißbüschelaffen auf der Ilha Grande

Spätes Nachsitzen

Nun bin ich schon älter als einst meine Lehrer
Und frag' mich, was brächt' ich mir bei?
Wo fänd' ich den Zugang als Wissensvermehrer
Fürs üb-liche "Give it a try!"?

Schlurfende Gedankengänge,
Ohne Drall nach vorn -
Ob der Morgens-Aufsteh-Zwänge
Allen Flow verlor'n.

Konnten all die Pflichtlektüren
Mich zu den Gedichten führen?

Zumindest: Es wurden die Pfade gelegt
Zu Beeten, die seither man selbstbewusst pflegt.

Behaupt' ja gern und stur, ich hätt's
Mir selber beigebracht -
Liest das jetzt der Herr X, ich schätz',
Dass er nur herzlich lacht.

Nun bin ich schon älter als einst meine Lehrer
Und wie ihnen ist mir heute klar:
Es log meine Show als Aus-Trotz-Aufbehrer,
Wie formbar ich doch damals war.

Alle Rechte bei Hans-Peter Franz, der das Gedicht im Rahmen der Rio-Spendenaktion 2023 erstanden hat.

Jackfruchtoverload & das zweitausenddreihundertvierunddreißigste Gedicht

Jackfruchtbaum im Ort Dois Rios auf der Ilha Grande

Der Olivenbaum

Es krönt dieser Baum seit Dekaden Salat,
Bedippt und beträufelt das fadeste Brot,
Ölt alle Versorgungslast fruchtig-apart -
Verlässlich der Gütegrad, den er stets bot.

Wie vor uns werd'n folgende Generationen
Erwägen, ob sich die Erträge noch lohnen.

Scheint nicht ein schlechter Jahresschnitt
Allein mit dem, was war, schon quitt?!

Mal fällt diesen Baum ein zu schneller Entschluss,
Als sei's um das Holz sonst zu schade.
Dann hält die Erinn'rung zwar noch den Genuss,
Doch rundherum schmeckt es längst fade.

Alle Rechte bei Claudia Marx, die das Gedicht im Rahmen der Rio-Spendenaktion 2023 erstanden hat.

Dois Rios & das zweitausenddreihundertdreiunddreißigste Gedicht

Der Ort Dois Rios auf der Ilha Grande

Regen, natürlich!

Dass durch einen Regenwald
Regelmäßig Regen schwallt,
Liegt in der Natur vom Wort.

Hier ist Regen Heiliges
Und nichts Gegenteiliges -
Buch' halt keine Tour nach dort!

Parque Estadual & das zweitausenddreihundertzweiunddreißigste Gedicht

Im Parque Estadual der Ilha Grande

Der Ausreißer

Bist von einem Zuhause weggelaufen,
Dass es in dieser Art nicht mehr gibt.
Und du könntest dir jederzeit kaufen,
Dass überall dich jemand liebt.

Die dir versagten Ritterschläge
Werden längst nicht mehr eingeübt.
Ein Kosmos voller Fehlbeträge
Hat alle Bilanzen getrübt.

Trotzdem träumst du von keinem besseren Leben -
Denn das Träumen an sich trägt die Schuld!

Du wirst dich energisch vorm Nachtisch erheben.

"Was sollte denn das?" - "Das ist Kult!"

Abraão & das zweitausenddreihunderteinunddreißigste Gedicht

Hafen und Strand von Abraão

Seebär & Paypal

Einem alten Seebär'n mit Paypal zu zahlen -
Ich hätt' mich ja nicht mal zu fragen gewagt!

Doch vielleicht gewann Paypal längst Zahlungsart-Wahlen
Und gilt, dass man Seebär'n mit Barzahlung plagt.

Denn wer wär am Ende wohl zielgruppig runder
Für jeden Schritt Richtung Kontaktlosigkeit
Als just so ein Seebär? So ist es kein Wunder,
Dass jener zur Paypal-Bezahlung bereit.

Lagoa Rodrigo de Freitas & das zweitausenddreihundertdreißigste Gedicht

Blick vom Corcovado auf Ipanema Beach und Lagoa Rodrigo de Freitas

Schau an, ausgerechnet Robert!

Kennst du die Earpods-Trägerzahlen
In den Airport-Pendelbahnen?
Kennste nich und willste nich kennen?!

Aber der Robert,
Der dort fürs Rohr bohrt
Und nie dir ein Wort wehrt -
Der kennt die Zahlen
Und kann sie dir nennen!

Corcovado & das zweitausenddreihundertneunundzwanzigste Gedicht

Cristo Redentor (Christ the Redeemer) auf dem Corvcovado

Jesus!?

Ich hätt' den Herrn - so ohne Kreuz - beinahe nicht erkannt,
Weil man, wenn einer immer hängt, vergisst, dass er mal stand -

Scheint's auch für 'nen Erlöser so sehr viel seriöser!
Es bräuchte dafür freilich Hügel statt Wände,
Von denen am Ende man weniger fände.

Als Einwand zum Standpunkt lässt sich ja versteh'n:
Den Hänger könn'n sehr viel mehr Anhänger seh'n.

Einwand und Wände, Hang oder Stände -
Es erwählen Religionen
Die Symbole, die sich lohnen.

Visconde & das zweitausenddreihundertsiebenundzwanzigste Gedicht

Die Statue von Visconde de Mauá am Plaza dos Museus in Rio de Janeiro

Oliven?

Aus niemand' vor Orte bekannten Motiven
Gibt es kein Wort, das sich reimt auf Oliven!

Wenn aus reiner Not ich nun Laute verschieve,
Tu ich das allein der Olive zulieve,
Wechs'le zu anderen Sprachen gar/even -
Überall Brachen beim Reim auf Oliven!

Auch die Erkundung der ganz tiefen Schichten
Füllt keinen Mund mit Olivengedichten!

Es heißt, in dem Umfeld von Diven und Dieben
Hätte wer über Oliven geschrieben?
Scharlatan-Teufel sind allesamt sie, denn
Niemals schrieb irgendwer über Oliven!

Alle Rechte bei Claudia Marx, die das Gedicht im Rahmen der Rio-Spendenaktion 2023 erstanden hat.

Zuckerhutblick & das zweitausenddreihundertsechsundzwanzigste Gedicht

Blick von der Seilbahn auf den Pão de Açúcar

Zuckerhut

Da guckt der Zuckerhüter
Schmuck über seine Güter -
Weiß, dass sich jeder Hügel duckt,
Sobald er an den Zügeln zuckt.

Favela-Spiegelung & das zweitausenddreihundertfünfundzwanzigste Gedicht

Die Favela Gamboa im Spiegel der Neubauten

Befriedet

Dein Aufruhrbegehren war stets etwas weird,
Nun hab'n manche Lehren dich pazifiziert,
Bist immer noch Insel, doch fügst dich dem Meer,
Warst hartes Gerinnsel, nun rügst du meist fair.

Den Frieden zu finden, heißt ihn zu erzwingen -
Es kann das Sich-Winden nicht ewig gelingen.
Erwies rüder Stolz nicht beizeiten als falsch sich?

Fast müd zuckt die Klinge - und irrt sich gewaltig.

Alle Rechte bei Markus Berg, der das Gedicht im Rahmen der Rio-Spendenaktion 2023 erstanden hat.

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