Haus & Heimat

Gedichte, die dem Thema Heimat und dem Zuhause sowie der Wohnung nebst Interieur zuzuordnen sind.

Ammertal & das zweitausendfünfhundertdreiundfünfzigste Gedicht

Aussicht vom Ammerwanderweg zwischen Unter- und Oberammergau

Abschiedsformeln

Bevor du gehst, versuch zu flüchten!
Wer nur geht, behält zu viele Freunde zurück,
Gestützt von "Der kommt sicher wieder!"-Gerüchten
Im unberührt währenden Heimatlandglück.

Ein Abschied braucht das Theatrale -
Nur die Flucht macht dein Fortsein bewusst.

Verzicht auf ein Ausscheiden vor dem Finale,
Auch wenn du es unbefugt vorziehen musst.

Nachtpools & das zweitausendfünfhundertachtundvierzigste Gedicht

Nächtliche Wellnessoase von Das Kranzbach

Im Kranzbacher Salzwasserpool

Die Dämpfe schnell'n um mich empor,
Etwas summt in mir über den Wolken zu sein.
Es drüst das Gewhirle mir dumpf an das Ohr,
Ich atme den Nebel der Luftblasen ein.
Bin König vom gluckerndem Ursuppenreich,
Bin Luxus, bin Schuppentier - alles zugleich!

Pagodenburgküche & das zweitausendfünfhunderteinundzwanzigste Gedicht

Pagodenburgküche im Schlosspark Nymphenburg

Schlossparkrunde

Noch kann mein neuer Abtrottpfad
Mir Überraschung schenken,
Noch kreuze ich herum, apart
Vom "konnt' ich mir ja denken!".

Wie lang noch, bis mir jede Furt
Und Abzweigung vertraut?
Hat die Gewähr, die mich oft spurt,
Bis dahin abgebaut?

Neu-Venedig & das zweitausendfünfhundertvierzehnte Gedicht

Auf der Müggelspree bei Neu-Venedig zwischen Müggelsee und Dämeritzsee

Die Ex-Bewohner Venedigs (klein)

In Klein-Venedig sind jetzt manch
Großkopferte gelandet,
Die laden generös zum Lunch.

Wer hier vordem gestrandet
Lobt angesäuert: "Schön jemacht -
Da ließ sich wer wat kosten!"
Die trag'n noch Dialekte-Tracht
Mit Sehnsuchtsblick nach Osten.

St. Borromäus & das zweitausendfünfhundertzwölfte Gedicht

Kath. Kirche St. Karl Borromäus in St. Moritz

Die Scholle

Es gibt da einen Ort, an dem die
Mythen, die Diebe, die Chuzpelust
Seit jeher und fortan besteh'n.

Dort macht sich die Seele bequem, sie
Bewirkt's und tangiert's von alleine. Du musst
Aus eigner Sorge dorthin geh'n.

Denn das Verlieren der Fühler - es schreitet voran!
Dereinst treuer Schüler, begreifst du: Es kann
Früher überzeugt Erlerntes
Hinfällig einstmals erscheinen.
Und als ein sehr, sehr weit Entferntes
Nicht zu dem mehr zähl'n, das wir beweinen.

Es gibt da einen Ort, der speichert
Der Kupferstecher Beute,
Der verliert seinen Sog.

Er hortet so viel, das bereichert.
Misstraue dem Heute,
Das stets dich betrog.

Wasserburg & das zweitausendfünfhundertsechste Gedicht

Große Kunstausstellung in Wasserburg

Aufenthaltsamkeit

Wie beeinheimischt schlurf ich die Straße entlang -
Die ich einfach mal Poststraße nenn.
Bin völlig bereinigt vom Sightseeingzwang,
Weil ich alles bereits bestens kenn.

Außer: die richtigen Namen der Straßen,
Der Gassen, der Winkel und Leute …
Ich merk sie manchmal, doch immer in Maßen -
Als Kurzgesprächsrüstzeug fürs Heute.

Die mir so verblieb'nen Erkenntnismomente
Will ich mir enthaltsam bewahren
Als das vom Alltäglichen sauber Getrennte.

Dann schaff ich's zum Stammgast seit Jahren.

Neuzuzug & das zweitausendvierhundertzweiundneunzigste Gedicht

Neuzuzug am Feldmochinger See

Die Wiedersehenden

Ach, wie elend lang war ich nun hier nicht mehr da!
Ich fürchte mich vor dem Versprechen,
Ich machte mich fortan nie wieder so rar -
Solch Leichtfertigkeit wird sich rächen!

Unser Wiederseh'n ächzt unter Melancholie -
Wie viel Tonnen davon kann man tragen?
Wir befinden, spät sei ja doch besser als nie
Und man könne sich gar nicht beklagen.

Wenn ich "Stimmt so!" sag, mein ich: "Behalte den Rest gern
Für dich!" - hier verlangt's niemand nach Kommentaren!
Mein Ich, das hier rumstreunt, kommt immer von Gestern
Und grüßt die Gefährten, die wir einmal waren.

Meldorfer Schwung & das zweitausendvierhundertfünfundachtzigste Gedicht

F. Jörg Haberland: Meldorfer Schwung an der Zingelstraße in Meldorf

Das Gewicht der Idylle

An einer Straße, auf der tagelang gar nichts geschieht,
Rauschen unüberhörbar die Bäume.
Der Leerstand erobert sich weiter Gebiet,
Birgt verlässlich verlassene Träume.

Ein lässiger Marder nach drüben flaniert -
Der kennt jedes Auto seit Jahren.
Er wird von der Nachbarschaft sehr akzeptiert
Und irgendwann doch überfahren.

"Achtung, eine Zugdurchfahrt!",
Warnt's vom Bahnhof hinein in die Stille -
Auf die hat man fast zwei Jahrzehnte gespart.
Und ein junges Blatt macht killekille.

Bako & das zweitausendvierhundertvierundsiebzigste Gedicht

Anlegebucht im Bako-Nationalpark bei Kuching / Sarawak

Und manchmal

Was stellt man an im Nichts, wenn's regnet?
Wenn auf zigster Runde uns niemand begegnet?
Man nichts mehr wiederholen mag,
Und widersetzt sich, Tag für Tag?!

Aber billig ist es - gar nicht teuer!
Und manchmal zahnt ein Ungeheuer.

Iban Longhouse & das zweitausendvierhundertsiebzigste Gedicht

Langhaus am Batang Ai Stausee

Langhausheimweh

Bin schon lang raus
Aus dem Long House
Solidaritätsgemeng.

Mochte die Runde
Meiner Fre-unde,
Doch dann wurd' es mir zu eng.

Korrekt sich zu trennen,
Das muss man ko-ennen -
Oftmals wird da falsch gewählt.

Fand's mal sehr gut,
Heut ist's Schwermut,
Die mich, abgenabelt, quält.

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