Haus & Heimat

Gedichte, die dem Thema Heimat und dem Zuhause sowie der Wohnung nebst Interieur zuzuordnen sind.

Knorrig & das zweitausendsechshundertvierundzwanzigste Gedicht

Baumgerippe an der Rotwand

VorDerTüre

Wer an ihm verschlossenen Türen rüttelt,
Erscheint direkt verdächtig.

Wer mit forscher Entschlossenheit Klinken durchrüttelt,
Erweist sich unbedächtig.

Zunächst mäkelt man einig: "Das muss ja nicht sein!"

Doch ist die Tür offen, marschiert alles rein ...

Vorjahrsdisteln & das zweitausendsechshundertsiebte Gedicht

Am Ufer der Würm in Feldmoching

Der Rosenstrauch

Dieses Anwesen ziert nunmehr Abwesenheit
Nur der Rosenstrauch sprießt Jahr für Jahr
Das Häuschen negiert, es sei einzugsbereit
Man grübelt, bis wann es es war

In irgendnem Bauherrnhirn dümpelt's wohl schon
"Wir ebnen den Altbestand ein!
Wenn Frühres verschwindet, kann Neues hier wohn"
Alle Scheinheiligkeit ehrt den Schein

Doch am Rosenstrauch zeigt sich: Hier droht ein Verlust
Denn es geht um das Rauben der Ehre
Und Abwesenheit wird mitnichten bewusst
An den Stätten begieriger Leere

Hafenausfahrt & das zweitausendsechshunderterste Gedicht

Am Hamburger Hafen

Ach woher

Der Abend grüßt sich in mich ein
Und ist Abend und Abend am Spätnachmittag.
Mein Hab und Gut bootet, doch bleibt weiter klein -
Es gibt Städte, die wittern, dass ich sie nicht mag.

Und das große "Wohin?" fängt an, üblich zu sein -
Ist Wohin und Wohin im Woher.
Minenbuben eint Gruben von Spitzfinderei'n,
Die ich so und so nicht so begehr.

Der Abend ist Abend und Abend und Nacht -
Nicht der Winter verkürzt jetzt die Tage,
Es ist eine Jahreszeit, in der es lacht:
"Ach, i wo, ach, woher!" - nur als Frage.

Kloster Andechs & das zweitausendfünfhunderteinundneunzigste Gedicht

Auf dem Weg zum Kloster Andechs

Der Dachdecker von Andechs

Der Dachdecker sagt täglich: "Ach,
Wenn ich die Drecksarbeit nich mach,
Leckt's an der rechten Eck vom Dach -
Und das an jedem sechsten Tag!"

Ammertal & das zweitausendfünfhundertdreiundfünfzigste Gedicht

Aussicht vom Ammerwanderweg zwischen Unter- und Oberammergau

Abschiedsformeln

Bevor du gehst, versuch zu flüchten!
Wer nur geht, behält zu viele Freunde zurück,
Gestützt von "Der kommt sicher wieder!"-Gerüchten
Im unberührt währenden Heimatlandglück.

Ein Abschied braucht das Theatrale -
Nur die Flucht macht dein Fortsein bewusst.

Verzicht auf ein Ausscheiden vor dem Finale,
Auch wenn du es unbefugt vorziehen musst.

Nachtpools & das zweitausendfünfhundertachtundvierzigste Gedicht

Nächtliche Wellnessoase von Das Kranzbach

Im Kranzbacher Salzwasserpool

Die Dämpfe schnell'n um mich empor,
Etwas summt in mir über den Wolken zu sein.
Es drüst das Gewhirle mir dumpf an das Ohr,
Ich atme den Nebel der Luftblasen ein.
Bin König vom gluckerndem Ursuppenreich,
Bin Luxus, bin Schuppentier - alles zugleich!

Pagodenburgküche & das zweitausendfünfhunderteinundzwanzigste Gedicht

Pagodenburgküche im Schlosspark Nymphenburg

Schlossparkrunde

Noch kann mein neuer Abtrottpfad
Mir Überraschung schenken,
Noch kreuze ich herum, apart
Vom "konnt' ich mir ja denken!".

Wie lang noch, bis mir jede Furt
Und Abzweigung vertraut?
Hat die Gewähr, die mich oft spurt,
Bis dahin abgebaut?

Neu-Venedig & das zweitausendfünfhundertvierzehnte Gedicht

Auf der Müggelspree bei Neu-Venedig zwischen Müggelsee und Dämeritzsee

Die Ex-Bewohner Venedigs (klein)

In Klein-Venedig sind jetzt manch
Großkopferte gelandet,
Die laden generös zum Lunch.

Wer hier vordem gestrandet
Lobt angesäuert: "Schön jemacht -
Da ließ sich wer wat kosten!"
Die trag'n noch Dialekte-Tracht
Mit Sehnsuchtsblick nach Osten.

St. Borromäus & das zweitausendfünfhundertzwölfte Gedicht

Kath. Kirche St. Karl Borromäus in St. Moritz

Die Scholle

Es gibt da einen Ort, an dem die
Mythen, die Diebe, die Chuzpelust
Seit jeher und fortan besteh'n.

Dort macht sich die Seele bequem, sie
Bewirkt's und tangiert's von alleine. Du musst
Aus eigner Sorge dorthin geh'n.

Denn das Verlieren der Fühler - es schreitet voran!
Dereinst treuer Schüler, begreifst du: Es kann
Früher überzeugt Erlerntes
Hinfällig einstmals erscheinen.
Und als ein sehr, sehr weit Entferntes
Nicht zu dem mehr zähl'n, das wir beweinen.

Es gibt da einen Ort, der speichert
Der Kupferstecher Beute,
Der verliert seinen Sog.

Er hortet so viel, das bereichert.
Misstraue dem Heute,
Das stets dich betrog.

Wasserburg & das zweitausendfünfhundertsechste Gedicht

Große Kunstausstellung in Wasserburg

Aufenthaltsamkeit

Wie beeinheimischt schlurf ich die Straße entlang -
Die ich einfach mal Poststraße nenn.
Bin völlig bereinigt vom Sightseeingzwang,
Weil ich alles bereits bestens kenn.

Außer: die richtigen Namen der Straßen,
Der Gassen, der Winkel und Leute …
Ich merk sie manchmal, doch immer in Maßen -
Als Kurzgesprächsrüstzeug fürs Heute.

Die mir so verblieb'nen Erkenntnismomente
Will ich mir enthaltsam bewahren
Als das vom Alltäglichen sauber Getrennte.

Dann schaff ich's zum Stammgast seit Jahren.

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