Länder

Gedichte über Länder und Kontinente.

Fort Margherita & das zweitausendvierhundertachtundsiebzigste Gedicht

Das Brooke-Familienwappen, die weißen Rajas von Sarawak am Eingang vom Fort Margherita

So lang ich atme, hoffe ich - die Brooke-Dynastie

Der weiße Raja schmunzelt seinem Denkmalsturz entgegen ...
Weißheit ohne Weisheit fand zu oft Erfolges Segen -
Mag sein, dass Löschbedürfnisse auch seinem Sockel gelten,
Doch in den Jalans, allgemein, sind Standardflüche selten.

Sarawak poetisiert "dum spiro spero"-Zukunftsdrang,
Von aufgeklärtem Geist filtriert (geschah gewiss nicht ohne Zwang).
Mit musealer Muße wappt der fleißig-plumpe Dachs -
Dekoloniale Säuberung? Vollzieht der Stolze lax.

Raststätte & das zweitausendvierhundertsiebenundfünfzigste Gedicht

Orang Utan im Semenggoh Wildlife Centre

Borneoheimkehrer-Jetlag

"Boah, nee, ey!" oder "Gerne, klar!" -
So hieß das Eiland, wo ich war.

Borneo & das zweitausendvierhundertfünfundvierzigste Gedicht

Hafen am Batang Ai Stausee

Sarawak

Vor Jahren ward es fester Plan,
Ist dann Prospekt geblieben.
War damals direkt angetan,
Doch ließ mich stets verschieben.

Ich vagabundierte durchs Vorzügegeben:
Mal nach dort, mal sofort, mal geplant und mal eben.

Den Prospekt letztes Jahr dann ad acta gelegt
Ins Archiv des Recycling-Containers -
Nach dreißig Jahr‘n immer noch sehr gut gepflegt
(Ich hab mir gedacht, ich erwähn das)!

Was hat mich damals fasziniert,
Wie weiß ich, was noch stimmt?
Manchs Traum Buffet an Wert verliert,
Sobald man davon nimmt ...!

Doch ich ließ, prospektlos aufgebrochen,
Mein dreißig Jahr jüngeres Herz wieder pochen
Und erkenne: Was einst meine Neugier gerührt -
Es versteht sie noch immer zu stillen.
Ein sehr langer Weg hat mich hierhin geführt
Aus tief eingefrorenen Willen.

Ipanema & das zweitausenddreihundertdreiundzwanzigste Gedicht

Am Ipanema Strand

Brasilianisch

Bisher kannte ich Brasilianisch als Sprache,
Die staccatohaft immerzu mündet in "gooooool!".
Schier endlos durchzieht mein Verständnis 'ne Brache,
Aus der ich gehetzt ein paar Wortfetzen hol,

Bis ich irgendwie restwertig glaub' zu verstehen,
Was jener Mann/jene Frau hilfsbereit singt -
Lad' selbst mein Latein ein, um Sinn zu erflehen,
Der bald darauf Mimik und Wortklang durchdringt,

Urplötzlich erschließt sich mir all das Gesagte,
Hab's schließlich beflissen als Wissen erdealt:
Man sagt hier stets - gleich, was vordem ich erfragte,
"Brasilien hat grade ein Tor ("gooooool!") erzielt."

Alle Rechte bei C. Redka für das Vereinsheim München, das das Gedicht im Rahmen der Kuba-Spendenaktion 2023 erstanden hat.

Kungliga slottet & das zweitausendeinhundertdreißigste Gedicht

Wache vorm Königlichen Schloss in Stockholm

Schwedisch

... klingt wie ein Vokaltrampolin,
Auf das man zwei Handvoll von Schotterstein streut.
Es lebt von den Fröhlich-qua-Unschuld-Partien,
Von untervolumigen Grindcore betreut.

Es klingt wie der Gischt leichten Seegangs entsprungen,
In all seiner Sehnsucht nach Weite gedrungen,
Und trotz aller Rumpler so rundum vertraut -

Das hat der Mundschenk gut gebraut!

Patria o muerte & das zweitausendfünfundsiebzigste Gedicht

Allgegenwärtig: Che-Konterfei

Reklame

Wie oft man hier den Sieg verspricht, nebst Anlässen zu sterben!
Doch außer für das Vaterland mag hier kein Slogan werben.
Ich wünsche dir zum Rum-tata, oh Eiland aller Raucher,
In Buchten der Reklameflut auch kritische Verbraucher!

Valle de los Ingenios & das zweitausendeinundsiebzigste Gedicht

Ruinas de Ingenio San Isidro de los Destiladeros im Valle de los Ingenios bei Trinidad

Unabhängigkeit

Wir ruhen auf dem Fundament
Aus "Momentan nicht lieferbar!",
So lange jemand einen kennt,
Wo alles noch viel schiefer war.

Die neue Folter heißt Geduld,
Der Sklavenhalter Zeit.
Die Strenge ölt das Lehrerpult
Und preist Genügsamkeit.

Ein Einspruch schreit hier mannigfach,
Sobald ihn wer benennt.
Doch fehlt auch alle Kraft zum Dach -
Es bleibt: ein Fundament.

Alle Rechte bei Christian Jobst, der das Gedicht im Rahmen der Kubafestival-Spendenaktion von mir gekauft hat.

Tocororo & das zweitausenddreiundsechzigste Gedicht

Tocororo, der Nationalvogel Kubas, im El-Cubano-Nationalpark

Mein Kuba-Erstgedicht (der zweite Versuch)

Es ist mein Kuba-Erstgedicht
Vor Niederschrift schon alt geworden.
Vermisste ich zunächst auch nicht
Längst aberkannte Heldenorden -
Alsbald massiert ein Abendlicht
Mein Blinzeln sehr viel weiter.
Es schlingelt sich durchs Erstgedicht
Und ist doch viel gescheiter!

Wär nach zwei Jahren Drittproblem
Ich doch nicht mehr gekommen,

Wär diesem Land nur ein Poem -
Und mir sehr viel genommen.

Trinidad & das zweitausendeinundsechzigste Gedicht

In den Gassen der Stadt Trinidad

Memento mori cubano

Wo der Ruhm ab Geburt zum Verfall übergeht,
Ist die Oldtimerpflege ein Hobby aus Not.
Man umfleht manch Ruine, dass sie‘s übersteht,
Nutzt die Spielraumausdehnung zum Dino-Verbot ...

Jede blendende Idee besticht
Der Stachel der Verblendung,
Und jede Sensation macht dicht
Just nach ihrer Vollendung.

Doch hernach wird im Drumherum improvisiert,
Man besänftigt das Ar vor dem Mut,
Mixt sich Hoffnung an, obzwar man offenbar irrt.
Vielleicht geht, vielleicht wird: alles gut.

Alle Rechte bei Wolfgang Ramadan, der das Gedicht im Rahmen der Kubafestival-Spendenaktion von mir gekauft hat.

Mystique & das zweitausendsechzigste Gedicht

Sonnenuntergang bei Varadero

Kuba

Es umströmt die Karies der Weltpolitik
Die Strände der Insel, die Zuckerrohr scheißt.
Noch strauchelt die Süße des Lächelns im Sieg,
Wenn kurz vorm Gelächter die Wehmut es beißt.

Noch schmeckt man auf Kuba das Salz jeder Träne -
Doch alte Gewalt hat bald sehr schlechte Zähne.
Wer im Leiden trainiert ist, den bringt nichts mehr um -
Und der erntet aus Zuckerrohr goldenen Rum.

Alle Rechte bei Markus Berg, der das Gedicht im Rahmen der Kubafestival-Spendenaktion von mir gekauft hat.

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