Dutzendzeiler

Perlebucht & das zweitausendvierhundertachtundachtzigste Gedicht

Kitesurfer an der Büsumer Familienlagune Perlebucht

Kurzflug (Zugfahrt Meldorf-Itzehoe)

Ein Flugzeug äußert still Protest,
Als sich der Zug erhebt.
Ich halte mit den Augen fest,
Was dort am Boden klebt:
Felder, Wälder, Schrebergärten,
Zum Finale: der Kanal.

Dann senkt alle Zuggefährten
Erdanziehungskräft'ger Stahl.

Die Zeit, da Überwindungssieger
Sich auf den flieg'nden Teppich wagen
Ist kurz. Und kühl moniert der Flieger
Herab: "Ich wollte grad schon sagen …!"

Meldorfer Schwung & das zweitausendvierhundertfünfundachtzigste Gedicht

F. Jörg Haberland: Meldorfer Schwung an der Zingelstraße in Meldorf

Das Gewicht der Idylle

An einer Straße, auf der tagelang gar nichts geschieht,
Rauschen unüberhörbar die Bäume.
Der Leerstand erobert sich weiter Gebiet,
Birgt verlässlich verlassene Träume.

Ein lässiger Marder nach drüben flaniert -
Der kennt jedes Auto seit Jahren.
Er wird von der Nachbarschaft sehr akzeptiert
Und irgendwann doch überfahren.

"Achtung, eine Zugdurchfahrt!",
Warnt's vom Bahnhof hinein in die Stille -
Auf die hat man fast zwei Jahrzehnte gespart.
Und ein junges Blatt macht killekille.

Affenbrücke & das zweitausendvierhundertdreiundsiebzigste Gedicht

Kurzschwanzmakake beim Überqueren eies Nebenarms des Kinabatangan.

Schmierfingern

Unter einem Palmölteppich
Schlummert ein Rhinozeros,
Das durchs Horn - ganz wohlstandspeppig -
Als Potenzschub sich ergoss.

In die Palmölgluckerfluten
Taucht ein Orang-Utan.
Wir, als die besorgten Guten,
Trinken uns grad Mut an.

Und die Palmölwedeldecken
Meucheln weitre Tiere.
Wir, die ihre Finger recken,
Stehen dabei Schmiere.

Iban Longhouse & das zweitausendvierhundertsiebzigste Gedicht

Langhaus am Batang Ai Stausee

Langhausheimweh

Bin schon lang raus
Aus dem Long House
Solidaritätsgemeng.

Mochte die Runde
Meiner Fre-unde,
Doch dann wurd' es mir zu eng.

Korrekt sich zu trennen,
Das muss man ko-ennen -
Oftmals wird da falsch gewählt.

Fand's mal sehr gut,
Heut ist's Schwermut,
Die mich, abgenabelt, quält.

Silberhaubenlangur & das zweitausendvierhundertvierundsechzigste Gedicht

Silvermonkey im Baku-Nationalpark

Dschungelexkursion

Makakenattacken,
Mückenzerdrücken
Und immer den Blick in die Kronen,

Wo die Wildnis regiert,
Als Gebild irritiert
Von niemals erschließbaren Zonen.

Gespringe, Gesinge,
Wurzelgepurzel
Und immer den Blick in die Wipfel.

Wenn Genickstarre droht
oder Krokodiltod,
Ersehn' ich der ersten Welt Zipfel.

Rhinozerosvogel 2 & das zweitausendvierhunderteinundsechzigste Gedicht

Zwei Rhinozerosvögel am Ufer des Kinabatangan im malaysischen Bundesstaat Sabah auf Borneo.

Rhinozeros Hornbill, near threatened

Ich hab zwei der letzten 500 geseh'n -
Jetzt gilt es mich selber zu schützen!
Denn wenn die 500 bald gänzlich verweh'n,
Kann ich dem Gedächtnis noch nützen.

Diese liebschaftbesiegelnde Paarturtelei
War die letzte von 250.
Vielleicht entspringt dem Akt ein Ei
Und entbrütet sich ihm noch ein Künftig.

Auch möglich, dass es der Welt noch zerbricht.
Um so nötiger scheint's, dass ich's heute bedicht':

Es ist flatternd geschehen. Und ich war dabei.
Die 500 letzten - und davon gleich zwei!

Kinabatangan & das zweitausendvierhundertneunundfünfzigste Gedicht

Auf dem Kinabatangan im malaysischen Bundesstaat Sabah auf Borneo.

6 Uhr, Morning-Cruise

Ist der Fluss die komplette Nacht weitergeflossen?
Wie hat dann der Nebel sich auf ihn gesetzt?
Sag, wie viel Unumkehrbares wurd' schon beschlossen
Und welche Entscheidung fiel bloß so zum Test?

Legt der Fluss sich vielleicht in der Dunkelheit schlafen,
Da ja niemand mehr noch seine Strömung bemerkt?
Hilft die schwadige Suppe der Verpuppung von Larven?
Wird letztlich der Strom zu 'nem Bächlein verzwergt?

Hat der Fluss heut' vielleicht seine Strömung verpennt -
Und nun kommt er ihr nicht hinterher?

Es bleibt mancher zurück, wenn die Zeit derart rennt.
Doch wir treffen einander im Meer ...

Gunung Kinabalu & das zweitausendvierhundertvierundvierzigste Gedicht

Blick auf den Gunung Kinabalu vom Strand

Wasserträge

Bin vom Wassertragen ganz durstig geworden,
Ich befürchte, ich mach‘s nicht mehr lang.
Und drohte jetzt jemand, mich bald zu ermorden,
Mir würde darob nicht mehr bang.

Das Gewicht meiner Last hat sich stetig verdoppelt,
Und mein Durst steigert sich mit der Hitze.
Ihr zu viel ist mit meinem zu wenig gekoppelt -
Das fühl ich, so wahr ich hier schwitze.

Bin vom Wassertragen so durstig geworden,
Ich befürchte, ich schaff‘s nicht mehr weit.
Indes führt der Weg zwar allmählich nach Norden -
Alleine, mir bleibt keine Zeit.

Umbau & das zweitausendvierhundertdreiundvierzigste Gedicht

Varadero-Museum im Umbau

The House of Ascher (zum Siebzigsten)

Hurtig durchspurtet das House of Ascher
Zum Geburtstagsschmaus: der Pascha.

Er, der oft auf Shows gesichtet
(manch Moment dort abgelichtet),
Folgt dem „Es ist angerichtet!“,
Wird daselbst nun eingedichtet:

Es hilft, nicht erst beim Siebzigwerden
Mittels „Sieb‘s Ich!“ sich zu erden -
Auf dass hehre Nichtigkeiten
Nicht von dem, was wichtig, leiten

Und wir lässig überwinden
Was wir längst schon lästig finden.

Alle Rechte bei Wolfgang Ascher, für den das Gedicht im Rahmen der Kuba-Spendenaktion 2024 erstanden wurde.

 

Ten Tage Fürstenfeld & das zweitausendvierhunderteinundvierzigste Gedicht

Gartentage Fürstenfeldbruck

Kleine Eimer

Ein Kleiner Eimer Schwermut
Sich im Augenwinkel hält.
Ich streb nicht mehr gen "sehr gut",
Seit mein Seufzen mir gefällt.

Es locht zwei falsche Töne,
Doch das mindert nicht sein Singen;
Es kennt der Gegner Söhne,
Doch es kentert nicht beim Ringen.

Welch rumpelnder Luxus, gefährdet zu sein -
Ein dumpfes Gefühl lustig werdender Pein.

Und welch eilig Entschluss, diesen loszuwerden -
Er kann (freilich: muss) unser Dasein bloß erden.

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