Rheinufer & das eintausenddreihundertdritte Gedicht

Mainzer Rheinufer

Hinweis der Wasserwaage

Vater werden ist nicht schwer,
Vater Rhein dagegen sehr!

Heiliggeistkirche & das eintausenddreihundertzweite Gedicht

Engel-Installation in der Heiliggeistkirche am Viktualienmarkt

Ära rehumanum est

Ist Estland nicht der Soll-Zustand?
Ach nee, das war 'n andres Land.

Herbstzeitenglischer II & das eintausenddreihunderterste Gedicht

Englischer Garten

Das Verschlafen der besten Stunden

Novemberblues kommt heut nicht vor, denn
Die Sonne krault das Blätterkleid.
Ich grüße kurz den schönen Morgen -
Nur bin halt echt noch nicht so weit.

Herbstzeitenglischer & das eintausenddreihundertste Gedicht

Englischer Garten

Ripostegedicht auf Hermann Hesses "Im Nebel".

Mer Han Nässe: Im Regen

Balsam, im Regen zu wandern!

Gemeinsam vom Schirme behütet,

Wird durch die Hauchnäh' des jeweilig andern,

Das furchtbare Wetter vergütet.

Wenn's turtelt unterm Prasseldach,

So legt auch dies Gedicht nah,

Legt jeder noch in Nähe nach

Und scheint zu mehr verpflichtbar ...

Wahrlich, im Regen zu gehen,

Macht nur den Verwegenen Spaß,

Die überall Sinnenglück sehen;

Normale Leut' werden nur nass.

Balsam, im Regen zu wandern!

's würd feucht, tät man sich jetzt entzwei'n.

Man rückt lieber ran an den andern,

Mit Schirm entsteht Charme von allein.

Schwangere Auster & das eintausendzweihundertneunundneunzigste Gedicht

Haus der Kulturen der Welt Berlin

Sigmund Jähn

Warum ein Gedicht auf Sigmund Jähn?

Weil Dinge lässig fortbesteh'n,
Egal, was die Zeiten verändern.

Weil Erster zu sein zu seiner Zeit
Sich misst bis in die Ewigkeit.

(Ja, den Satz darf man gern auch begendern.)

Berliner Zoo & das eintausendzweihundertachtundneunzigste Gedicht

Gatter Zum Zoo am Berliner Tiergarten

Vom Schreiben

Ich startete im Krickelkrakelsturm meiner Gedanken,
Umarmte dann fast sehnsuchtsvoll die Planken früher Schranken.

Den angewöhnten Bogenstrich hat Tasterei geglättet,
Die kurz darauf mechaniklos zum Bildschirmpunkt geflattet.

Fürs Krickelkrakel brächte ich die Kraft wohl nicht mehr auf -
Im Kerker der Bequemlichkeit verlernt man freien Lauf.

Leuchte & das eintausendzweihundertsiebenundneunzigste Gedicht

Straßenbeleuchtung Schwabing

Supervision

Wie, wenn, wo ich geurteilt hab,
Nur Mitteilung geschah?
Wenn ich aus Gängen, die ich grab,
Die Richtung anders sah?

Wie, wenn ich meine Dekadenz
Nicht recht im Zaume hielt?
Wenn ich im Kreis der Inner Friends
Nur kollegial gedealt?

Wie, wenn ich jede Kleinigkeit
Bloß groß beschreiben kann?
Wie, wenn ich's so zu seh'n bereit?
Wie wär das? Und was dann?

Dämmerung & das eintausendzweihundertsechsundneunzigste Gedicht

Schliersee Bergkette

Magellan

Wir kehrten auf Victoria zum Ausgangspunkt zurück.
Erfahrungsschätze lehrten uns den Unbestand von Glück
Und dass, was wir mit Fug entdeckt, sich nicht mit Recht verhielt.
Manch kühner Treffer zeigte nur: Wir hatten falsch gezielt.

Jetzt fragst du, ob nicht dennoch das Erreichte tröstend sei?!

Vermutlich, aber Gott sei Dank: Ich war nicht mehr dabei.

Burgruine & das eintausendzweihundertfünfundneunzigste Gedicht

Gipfelkreuz der Ruine Hohenwaldeck am Schliersee

Herbstdefät

Wie noch Inspirierendes finden
In des Tages gespensterndem Grau?
Zäh zieh'n sich des Jahrs letzte Rinden,
Die ich mir zum Maulknebel kau'.

Das Blatt, das versprach, sich zu wenden,
Klebt verrottungsbereit auf Asphalt,
Da Radios Warnungen senden,
Draußen bliebe es fortan sehr kalt.

Hohenwaldeck & das eintausendzweihundertvierundneunzigste Gedicht

Wald bei der Ruine Hohenwaldeck am Schliersee

Ich erinnere, wir sannen Großes

Ich erinnere, wir sannen Großes
Bei dem ersten Gefühl in der Stadt.
Jede Aussicht versprach Grandioses -
Wir wurden nicht müde, nicht satt.

Allein, wir haben nichts getan -
Und das merke ich heut in den Straßen.
Längst sind die Züge abgefahr'n
Mit dem Zeugs, das zu tun wir vergaßen.

Ich erinnere, wir sannen Großes -
Doch dann warteten wir viel zu lang.
"Stand mal alles bereit!", weißt du. Bloss es
Geschah niemals was ohne Zwang.

Und jetzt? Zieht's uns nach nirgends hin -
Wir sind sehr informiert, aber gähnen.
Kein Einsatz macht noch irgend Sinn -
Und das kostet uns nicht einmal Tränen.

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Frank Klötgen - Post Poetry Slam - immer frische Gedichte & Fotos RSS abonnieren