Wasser

Verse für die Phlegmatiker, denen man Wasser, Winter, Nacht, Baby- und Greisenalter zuordnet.
Die beschreibenden und erzählenden Gedichte.
Von der Naturlyrik bis zu allen Längenvarianten der Ballade.

Sollte Ihnen ein hier eingereihtes Gedicht eher den anderen Kategorien Erde, Luft oder Feuer entsprechen, bitte ich, mir eine Nachricht über www.hirnpoma.de zukommen zu lassen!

Museumsdorf & das eintausendzweihundertdreiundneunzigste Gedicht

Hof im Wasmeier-Dorf

Im Bukolischen

Keiner könnte so fremd sein,
Dass ihn hier niemand grüßt.
Der Ort flößt ungehemmt ein,
Dass die Welt dafür büsst,
Nicht überall derart bukolisch zu sein.

Du machst dich - ironisch - mit alldem gemein.

Doch da glimmt eine Sehnsucht,
Die sich schürt zum Magnet,
Die dir bis ins Versteh'n flucht:
"Hier schnurrt ein Planet -
Und du stammst aus ihm außerirdischer Welt!"

Oft hoffst du auf Fragen, die niemand dir stellt.

Mendebrunnen & das eintausendzweihundertneunundachtzigste Gedicht

Der Mendebrunnen am Augustusplatz in Leipzig

Die Überwältigende

Hier übersteigt das Sein die Minne
Und hält der Held vorm Sprachlos inne -
Will nur noch um und in sie denken,
In Deinseinstiefe sich versenken,

So ortsverloren ihr Befinden
Mit aller Demuts Grund verbinden.

Gipfelkreuz & das eintausendzweihundertzweiundsiebzigste Gedicht

Zugspitze Gipfelkreuz Österreich

Kurz vorm Kreuz

Es pumpt das Herz.
Es schlingt die Lunge.
Es wummert stirnwärts.
Junge, Junge,
Was nimmst Du alter Berg mich ran,
Dass mir die Luft so dünn wird, Mann?!

Bin schweißvernässt, japs' heiß und kalt
Und frag' mich, ob ich nicht zu alt
Für solch aan steilen Aufstieg bin.
Doch weiß gewiss, dass - immerhin -
Auch wenn ich auf dem Weg erbleiche,
Das eine Kreuz ich noch erreiche!

Späte Wolken & das eintausendzweihundertsiebenunddreißigste Gedicht

Maisfeld in Heinsberg

Die Unerbittlichkeit

Der braungebrannte Krumbelag glänzt letzte Kuvertüren,
Ein zartbrutaler Sommertag lässt Welt das Ächzen spüren,
Am Waldrand ringt sich letztes Bäumen gegen sein Verderben
Und jede Wolke trottet treulich spätzuspät ins Gerben.

Adalbert & das eintausendzweihundertfünfunddreißigste Gedicht

Auf der Adalbertstraße in der Maxvorstadt

Der Alp

Ein Alptraum hat sich in das Sofa gesetzt
(und er wird sich nicht weiter erklären),
Hat sich schon zu Mittag mit Zweifeln vernetzt,
Die entzündlich in Platzdeckchen schwären.

Er spricht nicht mit mir, sondern brüllt nur herum,
Kritzelt Skizzen bedrückendster Klarheit.
Doch jedwede Frage belächelt er stumm
Und behechelt den Zugang zur Wahrheit.

Ein Alptraum streckt anmaßend sich in den Raum,
Fläzt sich in die gemütlichsten Kissen.
Noch hält sich die Szenerie halbwegs im Zaum
Und es wurde noch niemand gebissen.

Nachbaramsel & das eintausendzweihundertneunundzwanzigste Gedicht

Abendamsel im Echstenkämperweg

Von allen Dächern

Die Spatzen pfeifen es von allen Dächern
Und dann schlittert's die Schindeln hinab.
In den Mäulern der Dachrinnen scheppert es blechern,
Von dort schnappt es sich irgendein Rab
Und stibitzt noch die letzte Erinn'rung ans Oben -
Er versenkt es als Rest in den Grund,
Beschleunigt die Zeit, und zersetzt von Mikroben
Wird jedwede Sperrigkeit rund.
Und verlor'n ist die Möglichkeit anderer Reife -
Für das Haben der Raben. Und der Spatzen Gepfeife.

Von Bingen & das eintausendzweihundertdreiundzwanzigste Gedicht

Hildes Garten

Ich fitsche durch der Hilde Garten,
Wo flix-tausend Kräuterarten
Üppig strahlen vor Aromen.
Und die Sprengkraft von Genomen
Sänftigt sich herab vom Leid -
Alles krönt ein Blütenkleid!
Das trägt die Erlaubnis zur Vollendsgesundung,
Ein Dufthäfen-Tanker auf Weltenumrundung -
So viel und so weit und so endlos im Geben!

Es sprüht die Entfaltung im einfachsten Leben.

Petronius & das eintausendzweihundertachtzehnte Gedicht

Heiliger Petronius an den Geschlechtertürmen Bolognas

Die Geschlechtertürme

Alte Damen halten die Kiste in Gang,
Da die Grandpas schon stoisch veröden -
Die spielen die Herzogs vom mindren Belang
Und hampeln durchs eigne Verblöden.

Man muss beim Triumphbogen nicht übertreiben
Und lässt auch beim Pogo zu stumpfe Moves bleiben -
Doch letztmalig bleibt unbemerkt,
Wo sich die letzte Zeit verstärkt.

Rauschberg & das eintausendeinhundertvierundsiebzigste Gedicht

Wald unterm Rauschberg

Naturen

Das Waldsonnenlicht kitzelt Dunst aus den Böden,
Es streift untreu die Bitte zu bleiben.
Und durch Schatten, die in ihrer Trägheit veröden,
Schwebt Wärme, zersäbelt zu Scheiben.

Anonymes Gesumm flirrt im goldenen Spotlight
Eines Schauspiels, das bedeutungslos einfach nur Licht ist.
Den Ratlosen gilt dies als Gruß ihrer Gottheit,
Da du bloss in den Zeilen von einem Gedicht bist.

Taubensee & das eintausendeinhundertzweiundsiebzigste Gedicht

Taubensee am Rauschberg bei Ruhpolding

Die Ruhe an ruhigen Orten

Völlig unverdient sonnt der Verkehr sich in Sanftheit,
Wenn sein Lärm sich einwellig im Strandkies verliert.
Hier, wo Lautlosigkeit alles Abendlicht anschreit,
Weil sich zweihellig festigt, dass nichts mehr passiert.

Die Allmacht der Stille als handwarmer Schoß
Schließt den Sicherheitsbügel der Sorglosigkeit.
Sie bezähmt die Erkenntnis, dieser Ort sei nicht groß,
Mit der Irrelevanz deiner Kleingeistigkeit.

Als wäre die Ruhe an ruhigen Orten
Der letztforsche Hauch einer fremden Essenz,
Der klärende Vers aus verschwundenen Worten,
Das fehlende Album verschollener Bands.

Der Verkehr mault sich kurzatmig wieder ins Gähnen,
Als hätt' sich ein Zähnchen im Zimmer geirrt.
Und der Salzrand von nicht mehr erinnerten Tränen
Ist das Siegel vom Wissen, dass nichts mehr passiert.

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