Reisen

Globetrottergedichte und andere Verse vom Reisen und Unterwegssein.

Atlaspass & das eintausendneunhundertsechzigste Gedicht

Auf dem Atlaspass Richtung Marrakesch

Interrailin‘ (Den alten Gefährten)

Ach, selige Zeiten der Rastlosigkeit -
Zwei Tage vor Ort, war‘n die Koffer gepackt.
Wir hatten kein Google Maps und keine Zeit,
Wir waren, kaum styleversiert, schon wieder nackt.

Doch bald sind wir falsch abgebogen -
Und das nicht mal zugleich!
Nun hab‘n wir die Zeit und zu wenige Drogen,
Sind für früh‘re Verhältnisse reich.

Ich richte mein Sehnen gen altes Revier
Und wähne dich dicht hinter mir.

Via G. Mazzini & das eintausendneunhundertachtunddreißigste Gedicht

Blick in die Via Giuseppe Mazzini in Verona

Nutznießer unterwegs: Verona im November

Was nimmst du nun mit aus Italien
Außer Panettone im Magen?

Die vom Abend gewobenen Lichtjalousien,
Die nachts noch gelockerten Kragen,
Die Farbfülle, die all das Mauerwerk stützt,
Jede Palme, die Mittelland trutzt.

Ich denke, so sehr's seinen Einwohnern nützt,
Wird's noch mehr vom Besucher genutzt.

Isenburger Schloss & das eintausendneunhundertzwanzigste Gedicht

Isenburger Schloss in Offenbach

Offenbach

Ging heut mit aller Offenheit
Durch Offenbach spazieren -
Wo manche Strass' "Komm, hass mich!" schreit
Und Kids nach Ghettos gieren.

Vorfreude hat schon oft verletzt:
Die Allmacht vom Klischee.
In die schon alles übersetzt,
Bevor ich's selber seh.

Auf freien Blick zu hoffen, ach,
Gilt nicht allein für Offenbach!

Gen Atlas & das eintausendneunhundertvierzehnte Gedicht

Blick von Skoura gen Atlasgebirge

Zum Preise der Reise

Der Takt vom Lebenszeitverbrauch
Stellt sich auf Reisen auf laidback -
Ein steter Thrill Erkenntnishauch
Fönt uns auf fremder Sonnen Deck!

Färberei & das eintausendneunhundertvierte Gedicht

Textilfarben in einem Souk in Chefchaouen

Würze des Reisens

Wird dieses Gewürz im Daheim nochmals schmecken?
Oder uninspiriert fade Breichen bedecken,
Auf ewig den Klecks der Exotik verstecken?

Wird es irgendwer von deinen Gästen wohl checken,
Wieviel Pfunde der Ferne im Nachgeschmack necken,
Um dann nach genussvollstem Fingerbeschlecken
In Demut den lobenden Daumen zu recken?

Oder kann diese Würze nur eines bezwecken:
In dir die Erinn'rung ans Fortsein zu wecken?

Essaouira Hafen & das eintausendachthundertachtundneunzigste Gedicht

Am Fischereihafen von Essaouira

Nippesplädoyer

Recht nutzlos scheint manch Souvenir

Handwerkliche Sensationen!
Arbeitsstunden, die kaum lohnen ...

Und du denkst schon beim Kauf:
"Hm, was soll ich damit?"
Doch was zahlst du schon drauf?
Also gehst du den Schritt ...

Und erst im heimischen Revier

Streng gepflegte Traditionen,
Denen Mythen innewohnen!

Bringt die Haptik allein
Jene Strände zurück,
Schwebt der Nippes ins Sein
Als ein wertvolles Stück.

Djemaa el Fna & das eintausendachthundertachtundsechzigste Gedicht

Der Djemaa el Fna, Platz der Gehängten, in Marrakesch

Marrakesch

Wie sollten sich tausendundein Versprechen in nur einer Stadt sich erfüllen?
Wie sollte solch ein Etikett nicht lauthals "Schwindel!" brüllen?

Es wurden hier so viele Selfies geschossen - die Stadt kennt sich nur noch als Tag!
Es wurde immer mehr im Hier als Helfer vom Mittel zum Zweck.

Als wäre solch Flair nur ein günstiger Zeitpunkt - und du hast ihn einfach verpasst!
Als wär ein sehr, sehr oft Gelobtes sich selber eine Last.

Exit Marrakesh & das eintausendachthundertvierundsechzigste Gedicht

Im Anima-Park von André Heller bei Marrakesch

“Verzeihung, haben Sie eine Ausschanklizenz für Alkohol?“ oder:

Wir ham
Dirham!
Könnwa
Bier ham?

Ait Benhaddou & das eintausendachthundertdreiundsechzigste Gedicht

Ausritt

Mein Kamelreiterschatten schwebt
Über das wärmste Orange,
Da statt Wüste die Milde lebt -
Sanft verrührt zur pastelligen Wohlfühlmelange.

Die Abendsonne zähmt ins Schnurr‘n:
Grellness und Dürre wie Hitze.
Sie schlurfen träge in den Spur‘n
Des Biests, das ich besitze.

Mein Kamelreiterschatten rauscht
Zum Rückweg mondbemalt.
Das Lichterspiel hat ausgetauscht
Und meine Seele strahlt.

Sahara & das eintausendachthunderteinundsechzigste Gedicht

Saharadünen bei Erg chebbi

Crossing Sahara

Wüste schmeckt man immer im Gaumen
Als vom Boden reflektierter Staub.
Es drückt der entgrünende Daumen
Die Kehlen mit Flüssigkeitsraub.

Ein Flimmern massiert unsre Schläfen
Und das Licht grellt sich tief in den Leib;
Verdorrt sind der Schleimhäute Häfen
Und die Zeit zäht sich durch den Vertreib.

Eine Gastfeindschaft hat sich hier fest etabliert,
Die ist nur an Auslöschung interessiert.

Man schmiegt sich in Benommenheit,
Da alles „Nicht willkommen!“ schreit.

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