Abendrot über Skoura & das eintausendneunhundertsiebte Gedicht

Abendhimmel über der Straße der Kasbahs

Meinen verlorenen Gedichten (zum Verlust meines Notizbuchs in Marrakesch)

Ach, immer wieder verlier ich Gedichte,
Die liederlich ich mir notiert!
Meine Unterbelichtung macht munter zunichte,
Was ich zuvor ellenlang elaboriert.

Dort blieb ein Notizbuch, da brannte ein Blatt ...
Zwar fand ich genug Neues an ihrer statt -
Doch würd so gern mal das Verlorene lesen,
Das beinah ein Teil meines Werkes gewesen.

Fés & das eintausendneunhundertsechste Gedicht

Blick auf die Médina von Fez

Weg der Erkenntnis

Und immer wanken Topographen
Den Wirrwarr‘n hoffnungshinterher.
Entwürfe, die sie schon verwarfen,
Zerknüllen ihr Erkenntnismeer.
„Aber Wasser ist nicht faltbar!“,
Tönt es trotzigneunmalklug -
Um Schlag Acht ist nicht haltbar
Der Versuche Neuversuch.

Schlossturm Grünwald & das eintausendneunhundertfünfte Gedicht

Blick vom Grünwalder Schlossturm

Fanvagabunden

Dem gefallenen Stern
Würd' ich allzu gern
Ein apartes Plumeau unterschieben,
Um Sturzwundenkummer zu trösten
Mit erles'nen Stickereien -
Da der Welten Zickereien
So infam entblößten,
Wie mitleidsarm Jünger entlieben.

Färberei & das eintausendneunhundertvierte Gedicht

Textilfarben in einem Souk in Chefchaouen

Würze des Reisens

Wird dieses Gewürz im Daheim nochmals schmecken?
Oder uninspiriert fade Breichen bedecken,
Auf ewig den Klecks der Exotik verstecken?

Wird es irgendwer von deinen Gästen wohl checken,
Wieviel Pfunde der Ferne im Nachgeschmack necken,
Um dann nach genussvollstem Fingerbeschlecken
In Demut den lobenden Daumen zu recken?

Oder kann diese Würze nur eines bezwecken:
In dir die Erinn'rung ans Fortsein zu wecken?

Medinagasse & das eintausendneunhundertdritte Gedicht

in den Gassen der Medina von Fez

Aufgebrochen in die Weite

Aufgebrochen in die Weite,
Haben wir unsern Weg doch gefunden.
Jeder an des andren Seite -
Im Gleichschritt, doch nicht dran gebunden.

Ich weiß nicht, wie oft du nach hinten noch schaust,
Wie sehr du auf unsern Zusammenschluss baust -
Doch wisse, du solltest nicht warten!

Hab unsern Weg nicht aufgegeben,
Doch schaffte unsre Nähe eben
Zu enge Gassen für Taten.

Warschauer Straße & das eintausendneunhundertzweite Gedicht

Blick auf den S-Bahnhof Warschauer Straße

Istzustand vs. Warschauer Straße

Warschauer Straße,
Schau', Du wars' ma'
Sechsträngig gängiger Umschlagplatz.

Doch man hat Dich
Ratzefatz

Zu NullAchtFuffzehn degradiert,
Mit Billigrampen ramponiert.

Und plötzlich soll jeder hier zweigleisig fahr'n
Und kann sich die geistige Mitarbeit spar'n.

Am Bauwerk versündigt,
Den Fahrgast entmündigt -
Vielleicht heißt In-die-Zukunft-Schau'n
Bloß geistig/gleisig abzubau'n.

Hotelausstattung & das eintausendneunhunderterste Gedicht

In der Eingangshalle Salam Riads in Fes

Mittelmaßstab

Ein eingedelltes Mittelmaß
Will meinem Selbst ich bieten.
Ich kolonialisiere Spaß
Und ignoriere Nieten.
Wo ich mich als Mogul aufführ,
Ist Arme-Sau-Terrain -
Da erlässt man dem Image die Ausleihgebühr
Und ruft die Noblesse "à demain!".

Ich pimpe mir mein Mittelmaß
Für das Sinnenreich der Dekadenz
Im Ferienhaus gepflegter Stars.

Nur denke ich ständig: "Hier brennt's!?"

Rabat Beach & das eintausendneunhundertste Gedicht

Blick auf den Strand von Rabat

Afterworkbar (Der erste Menkenkevers)

Zu viel Menkenke, zu wenig Getränke -
Ich denke, es fehlt mir an Flair in der Schenke!

Königspalast Rabat & das eintausendachthundertneunundneunzigste Gedicht

Eingan zum Königspalast von Rabat

Reptilienstepper

Wir tanzen auf den Rücken von Krokodilen
Und jeder verlor schon ein Bein.
Wir zählen uns beide als manche von vielen,
Denn man tanzt ja nicht gerne allein.

Und wir komm'n nicht umhin, uns einander zu danken,
Aneinander gelehnt nicht mehr kritisch zu schwanken -
Wär'n wir auch prinzipiell bereit
Zu früh bestand'ner Wackligkeit.

Ob wir je zurück an das Ufer gelangen?
Ob ich einbeinig doch besser flieg?

Wenn andre auch um unsre Sicherheit bangen -
Noch immer läuft unsre Musik!

Essaouira Hafen & das eintausendachthundertachtundneunzigste Gedicht

Am Fischereihafen von Essaouira

Nippesplädoyer

Recht nutzlos scheint manch Souvenir

Handwerkliche Sensationen!
Arbeitsstunden, die kaum lohnen ...

Und du denkst schon beim Kauf:
"Hm, was soll ich damit?"
Doch was zahlst du schon drauf?
Also gehst du den Schritt ...

Und erst im heimischen Revier

Streng gepflegte Traditionen,
Denen Mythen innewohnen!

Bringt die Haptik allein
Jene Strände zurück,
Schwebt der Nippes ins Sein
Als ein wertvolles Stück.

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