Wir beschwärmen mit unsrer Debattengewandtheit
Im Bahnhofs-McDonald’s die Anmut der Rehe
Unser gieriger Schlingtakt der Fastfood-Verspanntheit
Kontrastiert mit solch Makelentschlacktheit. „Ich sehe
All die Paradomestiziertheit des Rehs
Im Lichte der Dickichtverluste der Neuzeit!“
Sprach ich zwischen Pommes und Du sprachst: „Ich seh’s
Als ein Demutsorakel: Erkennt, dass Ihr scheu seid!“
Jeder Burger-Belagbalg enthemmt sich ins Rutschen
Und nötigt uns, Hände und Finger zu lutschen
Wir saugen versonnen an Refill-Getränken
Da wir still der Anmut der Rehe gedenken
Schwupps – der Krupp vom Ruhrgebiet
Stillt den Wachstumsappetit,
Schickt den Stahl aus seinem Stall
Weltallweit ins Überall.
Von der höchsten Eisenbahn
Bis zum bösen Größenwahn –
Unser Krupp, der tut dat wuppen!
Macht Tuff-Tuff und tough die Truppen.
Aber nach zwei Weltkriegsrunden
Kann der Krupp nur kurz gesunden,
Stahl sich fort und ward vergessen:
Schwuppdiwupp, der Krupp aus Essen.
Ein Ripostegedicht, das sich die Zuschauer meiner Lesebühne Poetry & Parade zu „Morgenwonne“ von Ringelnatz gewünscht haben. Diesmal gleich doppel-ripostiert: inhaltlich mit meinem Gedicht-Tryptichon „Die verkaterten Morgen“, „Im Bade“ und „Spätes Frühstück“ – sowie formal:
Rohachim Natteritz: Morgenwonne
Die Wachtel ist ins Gnu verknallt
Das Huftier hat ’ne Klatsche
Was sehr verlockend sei, doch bald
Zerschürft es sie zu Matsche
Ein Kackekicker macht ’nen Schmu
Und balanciert am Grate
Zum „Schlagt dem Wicht die Augen zu
Bei einem Attentate!“
Auf rauer See ein Schifflein wippt
Das hat, was vielen blühe
Ein Ungeheuer angenippt
Zerstückelt in der Frühe
Der Frieden im Fell der streunenden Hunde
Ist noch beugsam wie langsames Licht
Nur ich dreh ’ne weniger ziellose Runde
Durch all das Gebiet, das noch Alles verspricht
Mein „Good Price!“-Kumpan macht noch gar keine Anstalt –
Ein Solarenergie-unbetanktes Reptil
An dem noch der Druck eines Tages-Solls abprallt
Noch kennt seine Jagd nach Int’resse kein Ziel
Die Straße, entschleunigt vom zähen Erwachen
Die Sonne brennt zärtliches Huschen in mild
Zwei Kunstpausen später verkrampft sich das Bild
Und vor uns: des Tages geöffneter Rachen
Ich steh
Am See
Dem abendroten
Und denke an die lieben Toten
An Minuten, verschwendet im Tran meiner Kindheit
Denn skandalös endlich und rar war’n und sind Zeit
Und Aufmerksamkeit, die im Damals geboten
Wär’n sie jetzt hier, am Abendroten
So berichtete ich den verschwundenen Leuten
Wie viel ihrer Wunden mir heute bedeuten
Dass manch ihrer Witze ich heut erst versteh