Frank Klötgen – Post Poetry Slam – immer frische Gedichte & Fotos
Seit 2016. Auf Globetrotter-Slam-Tour durch bislang 36 Länder auf 5 Kontinenten
18.-19.11.18 Colombo
19.-22.11.18 Dambulla
22.-24.11.18 Kandy
24.-26.11.18 Nuwara Eliya
26.-28.11.18 Yala
28.-29.11.18 Sinharaja Rainforest
29.-30.11.18 Negombo (Bentota)
Abschied vom Augenlicht
Euch, die ihr mich treu gestützt habt,
Hab ich oft roh berieben.
Was euch klarlos in den Blick schabt,
Ist uns als Rest geblieben.
Niemals werd ich wieder schauen,
Wie ich flüchtig jung geschaut.
Denn schon löst sich von den Brauen
Jahrverätzte Bindehaut.
Das Ewige der Augenblicke
Immer den brandungsbegischteten Strand ‚lang,
Seh‘ ich der Sonne beim Übergang zu.
Wenn ich in Angebotsauslagen lang‘, fang‘
Ich mich im bildhübschen Immerzu. Du
Magst ja Profanes als Zwangslage preisen,
Mit sachlichen Preisen an Kassen besteh’n –
Unverzagt werde ich innerlich reisen,
Im Kargsten die besten Kulissen beseh’n!
Wintersonne
Die Sonne bei uns kommt direkt aus der Kälte,
Sie scheint beinah so klar wie frisch gekauft.
Es brutzelt vor Segen das von ihr Erhellte,
Löst düstre Gerinnsel, wohin sie auch drauft.
Nur strohflämmrig kurz ist sie zu uns gedrungen.
Doch lässt’s uns die Zähheit des Zags übersteh’n,
Dass wir in den Erinnerungen
Schon durch die schweren Wolken seh’n.
Stille Weihnacht
Ich entdecke
In der hinterste Ecke
Der Wohnstube, wohin sonst niemand gerät
(Wo höchstens mal drohend ein Einbrecher steht),
Einen mächtigen
Prächtigen
Leuchtenden Baum,
Und Festlichkeit durchströmt den Raum,
Spiegelungen potenzieren
Warmes Licht wie Grippeviren,
Ärmlichkeit scheint überwunden
In der Herrlichkeit für Stunden.
Doch dahinter sehe ich
Zwischen den Zweigen,
Die Einbrecher wieder in Vorfreude schweigen.
Nachwehen
Was du entdeckt,
Was du geschmeckt,
Kämpft gegen dein Vergessen!
Spann die satten Sinne an:
Zu säen und zu essen!
Wägenmut
Das Quarren alter U-Bahnwägen
In den angekurvten Schrägen –
Wie aus aufgewühlten Mägen.
Geradezu, als ob den Trägen
Unzumutbar schmerzend Last
Aufgeladen.
Nun diesen Schaden
Auszubaden,
Geht hart in die Wagenwaden.
Doch ’ne Waage
Checkt die Lage:
Unzumutbar? Nicht mal fast!
Schlichtes Liebesgedicht
Mein Sorgen um dich kennt kein Maß,
Rührt meines Leibs Gewebe,
Löscht alles, was ich je besaß,
Ist das, wofür ich lebe.
Im Käfig
Es schmückt grad die Vögel mit raueren Sitten
Ein unschuldig bauschend Gefieder.
Du kennst den Verein noch von früheren Tritten!
Doch du fällst auf ihn rein, immer wieder.
Der Bürdner
Ich sollte heut Abend kein Milligramm schlafen –
Hab die Unruhe in mir so redlich verdient!
Spickt mich billige Mähre mit Abspannbedarfen,
Doch belasst mir als Status „Den Dreckkarren zieh’nd“!
Ich will diese Irde als Heiliger lassen,
Denn ich ess schon so lang aus dem sehnigen Fass!
Schier ein Jeder bekam meine Zügel zu fassen –
Dran zerrt mich nun den Galgen rauf! Wenigstens das.
Weihnacht
Als wär’n wir noch nicht eingeschult,
Dackeln wir durch der Tage Schablone –
Im schönsten Sinn von abgespult.
An jedem Klimbim prangt ein „Geht halt nicht ohne!“.
Und überall
Liegen Babys im Stall.
Als wär’n wir wissensresistent,
Umarmen wir warmherzig uralte Lieder.
Wenn erst die vierte Kerze brennt,
Kehrt auch jeder Brauch völlig unbrauchbar wieder.
Und überall
Liegen Babys im Stall.
Als wär’n wir vor Vergessen blind,
Erscheint uns der Trott in perfekt schnurr’nden Gleisen.
Und jährlich grüßt das Christuskind
Auf den unsere Wagenburg schmückenden Weisen
Und überm Stall
Beginnt fast schon das All.
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