Giardino Giusti & das eintausendsiebte Gedicht

Im Giardino Giusti

Die Kameseilie

Von der Einsicht, die Welt würde immer vorangeh'n
Sah ich vier Kadaver versinken
Man konnte ein Leben ihn'n wirklich nicht anseh'n
Doch träum' ich seither vom Ertrinken
Meine Sorge um sie
Führt des Nachts die Regie
Und obschon auch mein Bett Traulichkeiten umsteh'n
Seh' ich um sie Blaulichter blinken

Von dem Mantra, der Fortschritt schlüg' goldene Routen
Sah ich drei Metalle verblassen
Schon wollt' ich dem Kelch kein Getränk mehr zumuten
Erschrocken von gültigen Massen
So als ging's Stück um Stück
Auch schon wieder zurück
Doch waren nicht wir hier und immer die Guten?
Wer könnte grad uns ernsthaft hassen?

Aus dem Glaube, der Drall läs' sich aus den Geboten
Sah ich, wie zwei Seiten sich lösten
Wie läppisch sprach sich das Gedenken der Toten
Bevor sie den Schlachtplan entblößten

Aber eins sah ich noch
Das verhinderte doch
Dass wir mit der Anderen Dämm'rung verrohten

Da wir in die Schlusssequenz dösten

Domkreuzgang & das eintausendsechste Gedicht

Im Brixner Domkreuzgang

Khayyam Replik 2

Für die werten Gelehrten stimmt an eure Harfen
Und ehret ihr Werk zur Erleuchtung von Schafen!
So sehr sie in Finsternis blieben - es scheint
Als könnten wir alle seither besser schlafen!

Cansignorio & das eintausendfünfte Gedicht

Scaliger Grabmal Cansignorio

Verona

Ganz oben ruht stolz wie in Sänften gemauert
Das Rudel der Scaliger Hunde
Ich stürz durch die Piazzas wie aufsaugetoll
Tauch auch in arenige Runde

Was sonst so vom Ewig das Jetzt überdauert'
Kann schwerlich ein Tag ganz erzählen
Da gilt's zum Passieren von Speicher und Zoll
Den prägendsten Ausschnitt zu wählen

Castel San Pietro & das eintausendvierte Gedicht

Blick auf Castel San Pietro

Die aufgegebene Fabrik

Die aufgegebene Fabrik
Flüstert immer noch Worte wie Kapazität
Auslastungsgrad oder Marktpotential
All die Willenskraft schwebt im Jahrhundertaspik
Und gerät in die Strömung vom Nu-is-egal

Des Gebäudes Geschichte ist längstens geschrieben
Und ein Mörtelstrang ragt aus der Wandnostalgie
Die Arbeit ward aus den Maschinen vertrieben
Und harrt auf den Neustart - ich wüsste nicht wie

Geschulterte Vermächtnisse
Ruh'n in unsteten Schreinen der Handlangerei
Untradiert über ein Handmanual
Doch die Fertigkeit stummer Gedächtnisse wiegt
Nur im Hain alter Mauern noch resthaft real

Wie den Eifer und Schliff noch im Guten vergeuden?
Allen Unterschied, den bald schon niemand mehr merkt?
Du wirkst für die Aura von toten Gebäuden
Und wirst von den Damalssekunden gestärkt

Brixen & das eintausenddritte Gedicht

Brixner Dom

Oder halt bergsteigen

Brixen, maul' ich unentschlossen, was soll man in Brixen tun?
Schau' mir mein entblößtes Glied an, reim's zusammen und brumm': Nun, ...

Verona & das eintausendzweite Gedicht

Verona Altstadt

Zur Aufmunterung

Als wär' eine einmal vergebene Chance
In der ganzen Welt nicht mehr zu finden!

Als würde die ach-so-verfehlte Balance
Sofort aus dem Orbit verschwinden!

Als sei'n heikle Stellen so schmal konstruiert
Dass jeder sie maximal einmal passiert!

Nun, prinzipiell stimmt all das wohl ...
Doch immerhin gibt's Alkohol!

Malcesine & das eintausenderste Gedicht

Malcesine am Gardasse

Seen und geseen werden

Die DDR-geborne Gerda war damals nie am Gardasee! -
Wer, die Gerda? Die war doch eh'r da: Gerda, Star vom Garda!? - Nee,
Erstes Mal war nach der Wende. -
War mir gar nich' klar ... - Tja! - ENDE

Südafrika revisited & das tausendste Gedicht

Am Flughafen Johannesburg

Zug der Tausend

Der Zug der Tausend ist zu schnell beendet
Lass uns Milliarden sein!
Gedanken entäußern, die in uns verschwendet!
Im Glanz unsres Harnischs vom prachtvollen "Nein!"

Gardasee revisited & das neunhundertneunundneunzigste Gedicht

Malcesine am Gardasse

Italienische Reise

Es stimmt, Johann Wolfgang, es ist diese Flora, die andre Geschichten erzählt
Die Mitgift ans Dunkel verlorener Tage warnt: Wandrer, Du hast Dich verwählt!
Hier sumpfen die Täler im Sonnenbenzin, hier lallt alle Landschaft Limone
Hier prallt sich der Apfel, der Farb-DIN entgrenzt (auch ich fühl' mich plötzlich so ohne)

Küstenwärts flüstert sich Südlichkeit ein, in den Seen plätschert etwas Karibik
Mein Sächsisch berlinert sich seinsblümerant und pfeift durch die Zähne: Ditt lieb ick!
Ein ahnender Duft stürzt aus fremden Gewächs, altrömische Gärten zu füllen
Die Lust wird von Eidechsenzungen gedämmt, zur Brustgröße schwill'n die Papillen ...

Ja, wer sich zu einer Reise entschließt, ist im besten Fall völlig verschwunden
Sobald dann daheim das Genießen verwaist, soll uns die Erinnerung munden!

Namibia revisited & das neunhundertachtundneunzigste Gedicht

Giraffenduo

Poesie 2.0

Oh, konvenier mir, Wortmüllkitsch!
Du Kotschmiere der Wohlfühlbitch!
Du Elend von Gedicht!

How sweet ist's, Krokant mit Krokant zu bestreuseln!?
Wie mitgefühlmassig das Vorhäutekräuseln!?
Wie ehrlich dein Gesicht!

Im hohlgephrästen Geprahle von Mut
Wo man etwas sagt, weil's scheint's sonst niemand tut!
Wird Ekliges zur Pflicht ...

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Frank Klötgen - Post Poetry Slam - immer frische Gedichte & Fotos RSS abonnieren