Autor & Schreiben

Gedichte über das Schreiben, das Dichten und das Autorendasein.

Unerwartetes Obst & das zweitausendzweihundertzwölfte Gedicht

Arkadendach im Botanischen Garten München

Zögerlicher Neustart

Das erste ernsthafte Gedicht
Schaut scheu ins neue Jahr.
Wovon es handelt, weiß es nicht -
Weil fast noch nichts geschah.

Es sieht sich nicht mal in der Pflicht,
Es stelle etwas klar -
Es schreibt ganz schlicht sich hin und spricht:
Seht her, nun bin ich da!

Lothstraße & das zweitausendzweihundertelfte Gedicht

Abendstimmung auf der Lothstraße in der Maxvorstadt

Zum neuen Jahr ein altes Nein

Dem neuen Ja(hr) verbleibt uns ja
Nur Besseres zu wünschen -
Und solch Spruch reimt sich offenbar
Ausschließlichstens mit Pünschen!?

Und schreit dann irgendein Cretin
"Nicht zu vergessen: München!",
Verblasst sein Teint nach dem Refrain
"Mein Anspruch wird dich lynchen!"

Totenstille & das zweitausendzweihundertneunte Gedicht

Alter Nordfriedhof im Schnee

Selbstversendlichkeit

Boah, ist das dunkel, wenn nirgendwo Licht ist!
Ortlos die Welt, in der dies kein Gedicht ist:
Worte, die Klang über Klang sich entblößen;
Nirgendwo misst wer die Buchstabengrößen.

Wortlosigkeit bohrt sich tief in die Stille -
Irgendwo ortbar zumindest der Wille,
Dass man der Buchstaben oberste Schicht misst.
Boah, ist das dunkel, wenn nirgendwo Licht ist!

Barberinischer Faun & das zweitausendzweihundertfünfte Gedicht

Der Barberinische Faun in der Glyptothek München

Partyheimweg

Grad da, wo ich grad pinkeln will,
Wohnen Obdachlose
Und die schau'n mit 'nem Look-to-kill
Auf meine off'ne Hose.
Auf "Was für'n Druck mich grade plagt,
Das wollt ihr gar nicht wissen!"
Entgegnen sie (sehr ungefragt),
Dass sie tagtäglich pissen -
Nur tun sie's ohne ohne Not
Verzusätzlichte Krisen.
Mich fragt da: Gilt das auch für Kot,
Fürs Rülpsen und fürs Niesen?!
Manch Mensch schnurrt lässig "Let it out!"
Beim Not Dürfte Verrichten.
Nur mir ist es so Not Allowed -
Ich muss darüber dichten!

Brückenrückseite & das zweitausendeinhundertdreiundachtzigste Gedicht

Blick auf Olten und Aarebrücke

Als Neumünchner an alten Lieblingsplätzen

Ich hab seit München wohl die Schweiz
Schon hinreichend daheim.
So hock ich still vor einst'gem Reiz
Und find doch keinen Reim.

Goldelse & das zweitausendeinhundertfünfundsiebzigste Gedicht

Blick auf die Siegessäule bei der Solidaritätsdemonstration mit den Protesten im Iran

Also, ... (Drei Erklärungen meiner vermeintlichen Uneindeutigkeit auf Slam-Bühnen)

- 1 -
Oftmals werd'n große Themen und Fakten besprochen,
Um sie dann bloß in Schemen ad acta zu lochen.

- 2 -
Klar, sind manche Essenzen unendlich verkeimt -
Aber zu Selbstverständliches wird nicht bereimt.

- 3 -
Effektiv reift nur Beahnendes
In tiefgreifend Gemahnendes.

Königin Luise & das zweitausendeinhundertvierundsiebzigste Gedicht

Königin Luise Denkmal im Berliner Tiergarten

Neues vom Zeilenschinder

Ein ungeringes Wagnis soll die erste Zeile sein,
Der zweiten fehlt es bereits an jeglicher Geschmeidigkeit,
Der dritten fehlt ein ....
Die vierte fragt irrend nach ihrem Bezug,
Der fünften ist's gemeinhin gleich,
Die sechste war's, die barsch erschlug:
Sieben Silb auf einen Streich!
Auf Folgendes gibt niemand acht -
Nur Zeile Eins hält noch die Wacht.

Skinnarviksberget & das zweitausendeinhunderteinundfünfzigste Gedicht

Sonnenuntergang über Stockholm vom Aussichtspunkt Skinnarviksberget

Gegenlichtpoesie

Im Land der Gegenlichtaufnahmen
Hängt am Glitzern und Glühen doch alles,
Ist die dunkle Gestalt nur ein Zubrot vom Rahmen,
Gleich dem Nachhall des optischen Schalles.

Hier ist Schönheit erst wahrhaftig luxuriös
Und im Unterlicht gar nicht vonnöten -
Hier besoßt uns der Himmel so deliziös,
Dass alle Poeten erröten.

Vargata & das zweitausendeinhundertzweiunddreißigste Gedicht

Gesammelte Briefkästen der Bewohner von Vargata auf Vårdö

Schweifen und Erfahrung

Zig wartende Gesichter ...
Dazwischen harrt ein Dichter.

Der bricht allbald schon auf zur Fahrt
Und spricht: "Das ist halt meine Art!"

Kobba Klintar & das zweitausendeinhundertneunundzwanzigste Gedicht

Begrüßung in Aland von der Insel Kobba Klintar

Zur Veröffentlichungsreihenfolge meiner Texte

Ich hab grade zehn bis dreizehn Gedichte
Im falschen Gepäckstück verpackt.
Schon wendet sich deren Entstehungsgeschichte,
Zäh dreht sie sich gegen den Takt.

Zwar schieb ich, erinnernd, die Folge zurecht -
Doch wann übernimmt das geschriebene Echt?

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