Politik

Gedichte mit politischem Hintergrund oder entsprechender Attitüde.

Alte Eisen & das eintausenddreihundertneunte Gedicht

Alte Eisenbahnbrücke an der Ruhr Essen Horst /  Bochum Dahlhausen

Wider die Doktrin

Lass Leben doch mehr als ein Standpunkt sein,
Bleib stetig vom Winde verweht,
Wirf alles in die Brandung rein,
Prüf jeglichen Weg, der noch geht!

Sicher, es endet dein Tag zu erschöpft
Und du wirst als Verirrter vom Blockwart geköpft,

Man kann jedoch das Lagerdenken
Nicht schnell genug im Sarg versenken!

Vogelsang & das eintausenddreihundertachte Gedicht

Zeche Vogelsang in Essen Horst

Der Umsturz

Wir zerstörten viel mehr als zerstörenswert war,
Mein Triumph liegt mir unendlich fern.
Unwiederbringliches ist nicht mehr da,
Es rumpelt die Zeit ins Entbehr'n ...

Der Eifer von einst reckt gemahnend die Hand,
Nun würde die Welt erst gerecht!
Das Alternde schlurft ohne Zorn an die Wand
Und ein Schuss weckt die Frage auf: Echt?

Leuchte & das eintausendzweihundertsiebenundneunzigste Gedicht

Straßenbeleuchtung Schwabing

Supervision

Wie, wenn, wo ich geurteilt hab,
Nur Mitteilung geschah?
Wenn ich aus Gängen, die ich grab,
Die Richtung anders sah?

Wie, wenn ich meine Dekadenz
Nicht recht im Zaume hielt?
Wenn ich im Kreis der Inner Friends
Nur kollegial gedealt?

Wie, wenn ich jede Kleinigkeit
Bloß groß beschreiben kann?
Wie, wenn ich's so zu seh'n bereit?
Wie wär das? Und was dann?

Revolution & das eintausendzweihundertachtundachtzigste Gedicht

Friedliche Revolution - Wandbemalung am Leipziger Hauptbahnhof

Kunst und Politik, Teil II (In den Niederungen)

Beschluss der Unvereinbarkeit.
Bewusstsein der Parteilichkeit.
Von all dem milden Stuss befreit,
Bemusternd, ob die Kunst noch weiht
Mit Hochgenuss und Lust hoch Drei?

So gebet zum Beschuss sie frei!

Meine Baustelle & das eintausendzweihundertfünfundachtzigste Gedicht

Baustelle Tengstraße im Oktober 2019

Ripostegedicht zu "Das Boot ist voll" von Faber. Die Zuschauer haben es gewählt, ich habe mich gefügt. Interessanterweise hat der Sänger bereits selbst eine zweite Fassung des Songs angefertigt, um sie zu entschärfen. Leider hat sie sich anschließend ebenso schlecht gereimt wie zuvor. Klar, rein zu reimen bedeutet Arbeit. Ich habe mich auf eine Stunde in der DB-Lounge in Hannover eingelassen, sieben Zeilen des Originals belassen, alle Schlagworte übernommen und bei der Gelegenheit den Text wieder etwas verschärft.

Das Boot ist voll, der Reim ist rein - gönn dir doch dieses Stündelein!

Früher sind wir doch so schlecht nicht gefahr'n
In Führers Schein auf Autobahn
Wo wär'n wir denn, baute uns Volks keine Wagen?
Was denkt ihr, wenn unsre Genies heut verzagen,
Da alles man gleich mit dem Dritten verzahnt
Und an die Judenbuche hängt,
Zum ewigen Kotau gedrängt,
Weil stetig der Wink der Geschichtsbücher mahnt?

Du lässt dich nicht für dumm verkaufen,
Du weißt, wie hier die Dinge laufen.
"Das Boot ist voll!", schreien sie auf dem Meer.
"Unsres auch!", setzt du dich schreiend zur Wehr.

Wer schneller glaubt, wird schwerer klug.
Dir wär' schon "null" mehr als genug.
Weil lügengepresst dieses Land sich verliert,
Nur noch brav vorm As "Asyl" pariert.
Es brennt schon lang in manchem Haus -
Wie findet man am schnellsten raus?
Du kennst eine Abkürzung durch altes Denken,
Willst selbstbestimmt die Flamme lenken.

Besorgter Bürger, ja, ich besorg's dir auch gleich,
Wenn Dein'm Gewürge ich mal übern satten Bauch streich',
Hey, kennst du die Zahl, an der ich deine Ansicht messe?
Jedem 33 69 in die Fresse!

"Jedem das Seine", fühlst du, seien weise Worte.
Und wer nicht gerne backt, flüchtet nun per Boot zur Torte.
Die saufen schamlos Schampus, während du im Off verdorrst -
Du hoffst es seh'n bald alle wie den Seehofers ihr Horst.

Schiebt ab! - Denn du fühlst dich nicht mehr wohl in deiner Haut,
Bist fremd im eignen Land, das man dir ohne Not versaut.
Schieb du ab! - Denn vergleich' ich meine weiße Haut mit deiner
Schrei ich: Die Blässe lügt! So fremd wie du war mir noch keiner!

Besorgter Bürger, ja, ich besorg's dir auch gleich,
Wenn Dein'm Gewürge ich mal überm satten Bauch streich',
Hey, kennst du die Zahl, an der ich deine Ansicht messe?
Jedem 33 69 in die Fresse!

Hopfenkrone & das eintausendzweihundertneunundsiebzigste Gedicht

Oktoberfest München 2019

Der Überstimmte

Von früh'ren Kollegen befasste Beschlüsse
Foltern dich wie Pferdeküsse.
Wie hieß noch das garstige Wort? Ach, da fällt'et!
Du bist fortan: abgemeldet.

Kindl & das eintausendzweihundertsiebenundsiebzigste Gedicht

Münchner Kindl auf der Wiesn

Ja, du! Danke.

Toleranz als Ranschmeißtanz
Ehrt nur eigne Dominanz

Zum Etat der Achtsamkeit.

Und die Heilsverkündigung
Gründet auf Entmündigung:

"Ich!Ich!Ich! bin schon soweit!"

Dämmerung & das eintausendzweihundertdreiundsiebzigste Gedicht

Sonnenuntergang bei Garmisch-Partenkirchen

Gleiches und Gleichen (und wenn alle dran glauben, dann reimt es sich auch)

Der Sound des Tatsächlichen wiegelt nicht auf -
Wir wüten vielmehr auf Prognosen
Und setzen dem Scheinlichen Ist-Stempel auf -
Die schniegeln wir mit Diagnosen.

So ist unser Wissen vom Inzest gestimmt -
Wir denken uns gleich unter Gleichen
Und küren uns dauernd - so klar wie bestimmt -
Zu Siegern in allen Vergleichen.

Vierschanzentournee & das eintausendzweihundertachtundsechzigste Gedicht

Skisprungschanze bei Garmisch-Partenkirchen

Unbequeme Interpretationsterrains liebgewonnener Zitate

Freiheit ist auch immer die Freizeit der Allrad-Lenkenden.

Westufer & das eintausendzweihundertzweiundsechzigste Gedicht

Schliersee Westufer

Zwischen den Frieden

Zum Gelingen des Lebens fehlt dir jeder Einwand
Meinen Wunschzettel scheltest du Gier
Weil den förmlichen Frieden ich etwas zu klein fand
Für die Partyausstattung vom Hier

All der Streit ward mir nicht in die Wiege gelegt
Ich nannte mich einstmals bescheiden
Was des Ärgers nicht würdig, hat mich nie zerregt
Was sollte man unnötig leiden

Dein Gezwäng aber spitzt sich aufs Kommende zu
Das mag ich dir nicht überlassen
In dem Bannkreis vom allüberstrahlenden Du
Will ich nicht noch weiter erblassen

Man muss sich nicht auf anderer Kosten verstärken
Doch hier geht es schlussendlich um Stil
Den Triumph werd' vermutlich ich nicht mal bemerken
Nur es scheint, er bedeute noch viel

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