Zurück in München. Zurück im Substanz. Mein zwanzigster Auftritt dort. Damit mein am zweithäufigsten besuchter Slam. Und ein Auftritt steht dieses Jahr gar noch an.
Slam und Substanz
Schau, die Macher schöner Worte
Locken wieder an zum Orte,
Wo in langen Warteschlangen
Hintenan harrt hart am bangen:
Wer da zum Durchquer’n der Pforte
Eine Bahn zu spät gewählt –
Wird wohl nicht nicht mehr ‚reingelangen,
Weil beim Slam das Timing zählt.
Dort drinnen durchdringt das Gedränge im Raum
Ein Ohrenmuschelkuschelflaum,
Dass bald im Strahl der Wortkaskaden
Nackige Gedanken baden.
Schön berauscht von Show und Schaum
Krönt man einen Slam-Nomaden.
Mal gewinnt was haltlos Grelles,
Manchmal auch was Substanz-ielles –
Slam-Ruhm ehrt den Star nie lange
Und verweht auch allzu schnell. Es
… ist um eins nur keinem bange:
Ewig währt die Warteschlange.
Ich weiß, der Titel „Größter regelmäßiger Slam der Welt“ ist hart umkämpft. Offiziell gar nicht mit im Rennen, aber mit 670 Zuschauern verdächtig: Ulm. Anscheinend unwidersprochen hat das Münster der Stadt aber mit dem 161,53 Meter hohen Turm den höchsten Kirchturm der Welt. Ist ja auch was.
Das Schiff
Gestrandet ruht das Kirchenschiff
Eingepfercht im Häuserriff
Wartend auf ’ne Sintflut
Denn, steht dann der Wind gut
Geht es los auf große Fahrt!
Doch, weil Regen unterbleibt
Jenes Schiff nach nirgends treibt
Auch auf dem Rückweg: Fähre bevorzugt. Scheiß auf Umwege & Fahrtkosten.
Auf See
Das Bugwellenmantra zum Wummern
Der Dieselmotoren – wir schlummern
Wie tief auf dem Grund der beschifften Kanäle
Im Tiefdruck der Walgesang covernden Stähle
Und dämmern und dämmern und dämmern dahin
Grüß mir die Genossen vom Sonnendeck
Erklär ihn’n den Haken am Kreuzfahrtgewinn
Und sag ihn’n: Beschwerden hab’n eh keinen Zweck!
Das Bugwellenmantra pfropft in unsre Ohren
Begleitet vom Wummern der Dieselmotoren
Tage, da wir unbescholten
Wohlgemut durch Olten tollten
Bis uns die Äbtissin’n grollten
Dass wir uns verpissen sollten
Jahre später Schreibtischtäter
Schunkelnde Familienväter
Trunken unter grau’n Girlanden
Tauchschein letztes Jahr bestanden
Krass gut drauf und Maske auf
Dinge nehmen ihren Lauf
Längst ist versunken, was wir wollten
Sagen: Rosebud, meinen: Olten
Auf dem Weg zur Schützi Olten. Der Fluss summt Simon & Garfunkel.
Bridge, trouble, water
Was weiß denn das Wasser vom Trouble der Brücke?
Vom zähen Verankern auf beiderlei Seiten
Vom Dinge Verbinden, vom Schließen der Lücke
Vom Menschen zu anderen Ufern Geleiten
Selbst massiges Gleiten
So stur wie bedächtig
Strömt es durch die Zeiten
Und glaubt, es sei mächtig
Nicht wirklich notwendig, den Bodensee zu überqueren, um nach Olten zu gelangen. Aber wirklich schön.
Was zu tun ist
Wenn der Horizont leer ist
Nur Himmel und Meer ist
So lang mög’n die Möwen den Ausguck besetzen
Sobald Silhouetten
Den Ausblick einfetten
Werd‘ ich jene Vögel – sacht – tödlich verletzen
Und schon wieder auf Achse. Beim Aufbruch schon Heimweh. Na, Gottseidank geht’s in die immer vergnüglich stimmende Schweiz – das mag uns Gedichte folgender Strickart ersparen (die nach der Strickart Zwei zufällig ausgewählte Anfangszeilen weiterschreiben im Dienstagsslammer Workshop aus mir purzelten):
Die Dahlien 2.0
Immer, wenn die Dahlien blüh’n
So spät im Jahr noch frisches Grün
Blick‘ ich verdutzt
Aufs schlecht genutz-
te, nun schon fast vergang’ne Jahr
Und frag‘ mich, ob es nicht vielleicht
Nicht jetzt erst, da die Zeit mir weicht
Bislang definitiv meine Lieblings-Überschrift der Tour. In der Slam-Ankündigung hieß es: Chicago – Paris – Schwabach. So sieht es aus. Das steckt drin:
A.B.A.C.
Im City-Center Schwabachs steht
Ein „All Bastards Are Cops“
Vom „Schw…“ verbrämt zwar wirkt der Trick
Der schnöden Polizeikritik
So wie der Standard – nur verdreht
Die zweite zweitägige Tourpause, die zweite Erkältung. Warum muss man sich gerade dann, wenn man sich erholen sollte, am dreckigsten fühlen? Zumindest das Isarufer hat sich von einer freundlichen Seite gezeigt, den folgenden Text aber nicht verhindern können.
WeltLebenArschloch
Hallo, altes Arschloch Leben!
Magst du mir wieder Saures geben?
Das schier mich in die Knie zwingt
Und scheue Euphorie durchdringt
Bis von dem Takt der Niederschläge
Ich zermartert, lull und träge
Kraftlos und berapplungsmüde
Letztlich optimismusprüde
Niederstrecke meine Waffen?!
Denkst du echt, das könnt’st du schaffen?
Anstatt mich hier ständig zu terrorisieren
Solltest du endlich die Welt korrigieren!
Die auch vom Trog des Daseins frisst
Und so wie du ein Arschloch ist
Jena war mal ICE-Paradies. Doch die Stadt wurde abgekoppelt zugunsten der stets gerne in allem bevorzugten Landeshauptstadt Erfurt. Nun ist es still geworden am Haltepunkt Jena-Paradies. Schlecht, wenn man dort hin will. Ein Umstieg mehr, der zudem via Verspätung auf eine Stunde Wartezeit gestreckt wurde. Zeit genug, um auf Erfurts Festungsanlage zu klettern und dieses Gedicht zu schreiben:
Vom Paradies zum Jenseits
Ja, nach Erfurt fuhr ich und erfuhr
Dass seit der letzten Fahrplan-Kur
Jeder Zug via Erfurt das Land durchquert
Und keena mehr nach Jena fährt
Is man eh’r in Erfurt, naja, nur mir bangt:
Ob nu‘ jemals noch jemand nach Jena gelangt?