Poetry Slam

Alles, was Sie über den Poetry Slam wissen müssen, in Versform dargereicht.

Ausklang & das eintausenddreihundertfünfundvierzigste Gedicht

Winter an den Saimaaseen

Everlasting Hype

Ideenreißzähne abgerüstet,
Die Münder plappern leer -
Wem es nach altem Geist gelüstet,
Kommt eh nicht mehr hier her.

Man routiniert sich durch das Hier
(Das ist recht leicht gestillt),
Man handelt noch mit alter Gier,
Doch ist nicht mehr gewillt.

Remchingen & das eintausendzweihundertvierundachtzigste Gedicht

Kulturhalle Remchingen

Mal ohne Klavier

Man müsste Rebell spielen können,
Denn wer bellt, spielt, er tät sich was trau'n!
Und so woll'n wir den Slam-Sieg ihm/ihr gönnen
Für das Offene-Türen-Einhau'n!

Dämmerung & das eintausendzweihundertdreiundsiebzigste Gedicht

Sonnenuntergang bei Garmisch-Partenkirchen

Gleiches und Gleichen (und wenn alle dran glauben, dann reimt es sich auch)

Der Sound des Tatsächlichen wiegelt nicht auf -
Wir wüten vielmehr auf Prognosen
Und setzen dem Scheinlichen Ist-Stempel auf -
Die schniegeln wir mit Diagnosen.

So ist unser Wissen vom Inzest gestimmt -
Wir denken uns gleich unter Gleichen
Und küren uns dauernd - so klar wie bestimmt -
Zu Siegern in allen Vergleichen.

Rüdesheim & das eintausendzweihundertzweiundzwanzigste Gedicht

Niederwalddenkmal Germania bei Rüdesheim

Die Wacht am Reim

Am rüden Reim fehlt eine Wacht,
Die checkt, wer mit dem Met rummacht.

Slam 2018 & das eintausendsechzigste Gedicht

Vorm 25 Hours Hotel

Ausschnitt aus dem für den Feature-Auftritt beim Slam 2018 geschriebenen k.u.k.-Teamtext

Ein Geschenk

Ja, Hallöchen, Popöchen - wen ham wir denn da?!
Ihr versmaßtauben, kross-fritierten Schweineöhrchen!
"Mein Gott, Mutti, ich glaub's nich – da steh'n k.u.k!"
Na, Zeit wird's für Woah!s oder Boah!s oder Böah!chen!

...

Wir sind keine Prinzen, wir sind keine Bettler –
Auch wenn wir so aussehn –, nicht Waldorf und Statler,
Wir sind auch ganz sicher nicht Schiller und Goethen –
Wir sind k.u.k. – Yeah! – Koslovsky und Klötgen!
Das reimt sich nun echt nicht! – Es sei uns verziehen!
Wat hab'n wir ob unreiner Reime gespieen ...!
Die sich ernsthaft beim Slam in das Bühnenlicht drängen
Man fragt sich: Wie tief können Messlatten hängen?
Doch wenn's nicht gelingt, Stümperei zu vermindern
Dann lässt sich 'ne Engelmann ooch nich verhindern!
Uns war's stets Passion, unsre Zeil'n zu vollenden
Anstatt sie mit seiernden Pathos zu schänden

...

Auch wenn's für uns Zeit war, die Segel zu streichen
Zieh'n wir heut die Säbel, die Jury zu eichen!
Drum nehmt unsern Rat an und lasst euch nicht blenden
Von denen, die hier ihre Seele verpfänden
Und spritzig wie aalglatt euch nach dem Mund reden
"Die sprechen mir voll aus der Seele!" - Auf jeden!
Vieles wurde ja ausschließlich dafür geschrieben!
Und das ist gar nicht ehrlich. - Nö, nur hintertrieben!
Ist was altherrenwitzig, was unsäglich trist
Straft's ab, sobald es eklig ist!
Doch sind Inbrunst und Verve auch im Wortschatz zu seh'n
So hadert nicht lange und zückt eure Zehn!

Zürich & das eintausendneunundfünfzigste Gedicht

Zürich Stadtansicht

In der Vorrunde Soundso

Wieder döppt man mich für fünf Minuten
In den schwallenden Brei der Redundanz
Und entschieden trotzt mein Hirn den Fluten
Gereckt nach den Bojen der Eleganz

Doch die Welle wird mich überspülen
Nicht lassen zu fassen mit Dominanz
Ich kann meine Qualen nichtmal fühlen
Im Unertrag bettet mich Rede, ganz

Wien revisited & das neunhundertdreiundneunzigste Gedicht

Stephansdom Wien

Glanz' Los

Die Dünnheit des Denkens begünstigt es leider
Dass jemand wie du sich hier breit machen kann
Es schützt dich der Spruch, dem Erfolg folgten Neider
(Den ich in 'ner ganz schwachen Stunde ersann)

Botswana revisited & das neunhundertdreiundachtzigste Gedicht

Wildwechsel in Botswana

Den jungen SlammerInnen ins lesebuch für die oberstufe (oder: An die - eventuell - Nachgeborenen)

Bleibt hart, bleibt hart am Reimprimat!
Und treibt's mit dem Imperatösen!
Nach dieser Art beschreibt uns zart
Die noch zu bereibenden Mösen!

Olympiaberg & das achthundertsiebte Gedicht

Olympiaberg im Schnee

Rein vom Sinn (Dichte in den Zeiten unreiner Reime – jetzt mit 20% Rap-Extension!)

Fremdkot, der auf Zedern federt
Bräudurchbraust und derb durchädert
Und niemand, der von Fehlern zetert
Die die Schönheit hier begeht hat

Es scheint die Welt mit sich im Reinen
Doch nicht in Reimen, nicht in Reimen!

Teigig spei ick Bronchienbrei
’s grützt im Leib sich Allerlei
dass Grind und Gilb aus allen Poren
... äh, jetzt hab’ ich den ... Dings verloren
Wo war ich? Wo bin ich? Ich mein’: Wollt ihr denn noch?
Denn sonst macht’s kein Sinn hier, ich glaub’ aber doch. Ja?
OK, wo war’n wir steh’ngeblieben?
Ich hab’ mir das zwar aufgeschrieben ...
... nt die Welt mit sich im Reinen, doch nicht in Reimen
Nicht in Reimen!

Fremdkot, der auf Weiden schwingt
Was ja beiden gar nix bringt
(rein vom Sinn her kacke klingt)
Doch hier durch reinsten Reim besticht
’s merkt nur mancher Dichter nicht
Reimt die da auf nie da
(ich hätt’ da noch Flieder)
»Cool, wieder’ne Line klar!
Ey, du bist der Hit, Mann
Brauchst nie mehr’n Mietwag’n
Weil alle drauf abfahr’n
Wie deine Rhymes durchstart’n’n’n!«
 
Ach, ewiges Irren im Akzentuieren
Nur einer der Irren statt einer der Ihren
Es scheint die Welt mit sich im Reinen
Doch nicht in Reimen, nicht in Reimen!

Fremdkot, der vom Vorzelt protzt
Im Permafrost der Nachwelt trotzt
Und ungedichtet unverrichtet planlos durch die Plane rotzt
Und drin’n der Dichter: denkt und glotzt
Doch scheint die Welt mit sich im Reinen
Und ganz ehrlich: stört auch keinen

Walze & das siebenhundertdreizehnte Gedicht

Isarwalze

Wir ziehen uns heute einige poetisch verlirrte Seelen an Land, indem wir dieser Sammlung den begründeten Linktitel geben Poesieblog mit einem Gedicht von Julia Engelmann. Bitte weiterverbreiten!

Gedicht von Julia Engelmann

Sie seiert und seiert so inflationär
Sie eiert und eiert vom Irgendwo her
Sie bügelt und bügelt sich speckfaltig nett
Und prügelt und prügelt den Kampfgeist ins Bett

Festgekrallt an dem Slogan Gedichte zu schreiben
Wird sie trotz aller Schmerzen bei ihrer Sicht bleiben

Ach Poesie, ach Poesie!
Du ungeschüztes Beischlaflager
Erträgst die letzten Rattennager
Ohne einmal zu sagen: "Ej, fickt euch ins Knie!"
Ach Poesie, ach Poesie!

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