Zehnzeiler

Hinterseebank & das zweitausendeinhundertzwölfte Gedicht

Badebank am Hintersee bei Ramsau

Lückennießer

Sitzend unter 'nem Balkon
Bei ewig währ'nden Regen -
Fraglich freilich, was hab ich davon,
Mich hierhin zu bewegen?

Doch erkenn' im Lichterstrahl
Sich Flattertier bugsieren,
Sirrend: "Regen? Mir egal.
Muss ich halt lavieren ...!"

Und es stimmt: Sie retten sich. Weil in allem Gepladder die Lücken ja da sind!
Dass die Sichtbakeit nie alle Chancen dir nimmt - bleibe dir dieses Glücks immer gewahr, Kind!

Hotel Kyiv & das zweitausendsiebenundneunzigste Gedicht

Blick auf die Fassade des Hotel Kyiv in Bratislava

Aber die Haie

Aber die Haie fraßen
Die Brüste, die deinen; die Scheide;
Der Rundungen Streben nach Maßen,
Umrundet vom weiblichen Neide;
Der Raum und Zeit Vollkommenheit
Und ihre Ebenmäßigkeit -
Von ziellosen Zähnchen zerrissen,
Die nichts in Erotik bemessen,
Nur beiläufig fressen und fressen:
Dich, Kronstadt von Wesen und Wissen.

Sendero Muselmanes & das zweitausendzweiundsiebzigste Gedicht

Ausgrabungen in einer Höhle auf dem Muslim's Trail im Varahicacos Schutzgebiet bei Varadero

Calle 62

Ohne die andern
Längs Stätten zu wandern,
Die doch für die andern gemacht -
Sollt als Vergnügen
Uns vollends genügen,
Endvoll im Glück jener Nacht,
Da sonst verpönte Einheitsware
Verwöhnte einwandfrei die Paare,
Halt preiswert anstatt preisenswert.
Empfand man als nicht ganz verkehrt.

Schweinebuchtpelikan & das zweitausendfünfundsechzigste Gedicht

Brauner Pelikan in der Schweinebucht

Sehr beliebt: die Osterzeit (Albatross und Pelikan)

Albatross und Pelikan,
Eine Brise Seemannsgarn,
Eine Kaltmamsell mit Brille,
Pekannüssehüllenfülle
Prägt den Tross der Albernheit.
Sehr beliebt: die Osterzeit.
Lotst per Heli einen Kran!
Kalb verkostet Priem auf Kahn,
Prost Alberto, Peter Pan,
Albatross und Pelikan!

Hoffnungsschimmer & das zweitausendvierzehnte Gedicht

Himmel überm Flaucher

Schwalben

Ihre Küsse sind von fauler Süße -
Die sind auf den Straßen gegärt.
Ein schrilles Parfüm sendet günstige Grüße -
Da Billigkeit langsam verjährt.
Doch so viel Erfahrung,
So oft Offenbarung -
Daraus muss doch die Welt etwas lernen
Vom Rand unsrer Mitte!
Eh tippelnde Schritte
Sich weitersfort von uns entfernen ...

Neuaufbauten & das zweitausendzwölfte Gedicht

Das Münchner Rathaus

Neujahrsvorsatzbitte

Es sind neue Jahre vorab schon entleert -
Und ich schieb's nicht allein auf das Alter!
Wenn ganz offenbar eine Karre nicht fährt,
Ist das nicht die Schuld von dem Halter.

Was ging, das hab ich eingestielt -
Und erkenne schon wieder entsetzt,
Dass restlos zerstört ist, worauf ich gezielt
Vom stetig erneuerten Jetzt.

Erteilt mir vorm nächsten naiven Erheben
Den Segen, endlich aufzugeben!

Residenznachbarhaus & das zweitausendneunte Gedicht

Nächtlicher Blick auf die Bayerische Staatsoper

Limits

Ich habe schon so viele Worte verbraucht,
Da wird's keine neuen mehr geben.
Mein Dauerauftrag scheint erschöpft - und verraucht,
Der Kontostand lauert daneben.

Ich fühl mich von Süchten nach Versen erdrückt -
Gedichte, die ständig verlangen,
Spür, wie meine Bank ihre Kuckucke zückt.

Doch aus den poetischen Zangen
Gibt's kein Zurück zur Ruhe mehr,
Zum Prosa-Glück, das ich entbehr.

Ungeschminkt & das zweitausenderste Gedicht

Der Überruhrer Weihnachtsbaum 2021. Selbst mit ausgewählt.

Der Geist der Weihnacht (mit zwei Endoptionen)

Da war ich über Weihnachten kurz zwei Minuten nüchtern,
Schau meines Platzes Nachbarn an und melde etwas schüchtern:
"Ich glaub, ich bin nicht richtig hier - ich kenn Sie alle nicht!"
(Dies ist die erste Möglichkeit fürs Ende vom Gedicht.)
"Setz dich getrost - wir wissen da genauso viel wie du!"
Flugs füllte man mein leeres Glas und prostete mir zu.

So macht der Geist der Weihnacht nicht allein aus Fremden Brüder -
Wir nebeln die Familie ein und werden selig müder,
Bis man sich bald mehr und schon nicht mehr erkennt.
(Das ist Ende zwei. Einen schönen Advent!)

Nachtwanderer & das eintausendneunhundertzweiundneunzigste Gedicht

Rückblick auf frühere Reisen: Mausmaki by night auf Madagaskar

Schluss und aus, Maki Maus

Sie, Marquis Maus, schau'n handlich aus
ein Fäustling wär' Euch ein Full House

Als heller Kopf scheut Ihr das Licht
mit knopfbeäugtem Trollgesicht
welches aufglüht im blendenden Schein meiner Maglite
und wir starren erstarrt, bis dass Ihr plötzlich weg seid

Nur mäuschengroß sind Nachtmakisen
doch Motten fürchten sich vor diesen
Sie entflieh'n den Grapschern, schrei'n stumm: "Oh, Graus!
Herrmott, was schau'n die riesig aus!"

Justizviertel & das eintausendneunhundertdreiundachtzigste Gedicht

Dachschmuck von Justizpalast und Oberlandesgericht München

Vergeudete Patronen

Und wieder zieht so Kleinkramscheiß
Meinem Tag die Stunden!
Wenn ich alsbald ins Nachtgras beiß,
Kau ich nur auf Wunden!

Das "Dieser Tag war nicht verloren"
Hängt mir längst aus beiden Ohren!
Statt Behördenkleinstkramscheißer
Wär ich Größtwilddarmaufreißer!

Doch werd mit dem Schiss ich mich weiter bescheiden ...
Und an ungescheh'nen Trophäen mich weiden.

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