Heissahopsa, Hochkultur!
Volles Rohr: Anspruch pur
Kriegt doch keiner mit, wenn man ihm selber nicht ganz treu
Bibliophil und stilblasiert
Subversiv, engagiert
Aber vom Prinzip auch nicht so nigelnagelneu
Mundgemalte Sprachgebilde
Handwerkskunst im xsten Jahr
Schutzpatron der Reimergilde
Metrummäßig ein Eklat!
Selig integriert im Slam
Mit Trara und Plemmplemm
Aber viel beseelter als manch Lyrik-Stupendent
Der devot nach Lehrplan schreibt
Subvention’n einverleibt
Stell Dich Deiner Inbrunst, Himmelherrgottsakrament!
Schür’n Leonce-und-Lena-Preise
Nicht allein die Produktion
Nie geles’ner Dichtergreise?
Sämig handzahm sind sie schon
„Kannst ja mal gucken – ist noch nicht ganz fertig!“
Mein zuckendes Restunbehagen entschwert sich
Und hofft auf entfesselnden Übermut
Belebt von deinem „Ist doch gut!“
Doch fragende Skepsis verfinstert dein Smilen
Schiebt alles Belangreiche zwischen die Zeilen
Okay, alles klar – deine Höflichkeit ehrt dich!
„Naja, wie gesagt – is‘ halt noch nicht ganz fertig!“
Es gibt diese wunderbaren Orte ohne Netzzugang, an denen sich Gedichte verfassen, aber nicht online stellen lassen. Sie geben einem Zeit, durch die allmähliche Veröffentlichung des Zwischendurch-Verfassten die nächsten Tage zu füllen und zu überlegen, was mit diesem Blog eigentlich nach dem fünfhundertsten Gedicht geschehen soll.
Unerreichbar
Es gibt diese Zeilen, die der Leserschaft fehlen
Den Dichtern ein Schlupfloch der Biographie
Um unbewacht einmal davon sich zu stehlen
Die Nachwelt schreibt wissend: „Nein, dort war er nie.“
Es gibt dieses heimlich vom Hauptwerk Gelöste
Nichts Wegweisendes, jedoch kleine Juwelen
Und deren Schein trügt all das Facebook-Entblößte …
Das steht in den Zeilen, die still vergnügt fehlen!
Ripostegedicht zu Novalis „Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren“
Wenn doch vor Zahlen und Figuren …
Wenn doch vor Zahlen und Figuren
Gefügig alle Dichter spuren …
Als Pagen ihrer Gagen müssen
Grad sie, die’s eig’ntlich besser wissen
Den Furor zähmen zum bequemen
Für-den-Sponsoren-zurück-sich-Nehmen
Wenn dann sie auch in den Metaphern
Versuchen, Großes nachzuaffern
Kopieren sie in ihr’n Gedichten
Die immergleichen Weltgeschichten
Doch verbleibt die Inbrunst unversehrt
Jenes selige Geifern
Und tolle Ereifern
Für Stil und Genie
Aber auch Anarchie
Dass Figuren und Zahlen
Werd’n wertlose Schalen
Schreibt der dichtende Wicht
Dieses eine Gedicht …
Dann sei er trotz allem für dieses verehrt!
Das Stuttgarter Wundenlecken ist vollzogen. Man zieht wieder durch die herbstige Hood. Und vollendet die vierte Hundert!
Der Plagegeist (Ein Verdachtgedicht)
„Das war ich nicht!“
Mault dies Gedicht
Und plärrt noch kindlich:
„Immer ich!“
Doch woher kommt die Traurigkeit
Die wild verstreut im Zimmer liegt
Und dieser Sack verlorner Zeit
Der massiger als Schwermut wiegt?
Wer hat die zwei Fell von der Leine gelassen?
Wer hat vor die Einfahrt den Grübel geladen?
Wer billigte willig das sinnige Prassen?
Wer naschte vom Melancholateralschaden?
„Ja, ich doch nicht!“
Spricht dies Gedicht
„Verdächtige nich
Immer mich!“
Nichts zu tun, außer für eine Slam-Revue in Augsburg drei Texte hervorzusuchen – und trotzdem kein neues Gedicht im Blog?! Ist das schon der Anfang vom Ende?
Schreibblockade bei Dreihundertachtzig?
Schreibblockade bei Dreihundertachtzig!
Plötzlich stoppt all der Schreibfluss mit quietschenden Reifen
Was dir ein Profil erschien, dampft und verflacht sich
Vermag auf dem Untergrund nicht mehr zu greifen
Der Nullfallsreichtum schleicht sich an
Und fragt, ob er dir helfen kann
Die Antwort kennst du, doch sagst: „Nein –
Das regelt sich von ganz allein!“
Ich werd‘ jetzt mal ein Stündchen warten
Dann vorsichtig den Motor starten …
Und vom Start weg mit Vollgas Ressourcen verprassen!
Der Rat, es mal langsamer angeh’n zu lassen
Verbreitet zwar mit dreister Macht sich
Doch nicht bis zur Taktzahl von Dreihundertachtzig!
Wenn Herbstlaub mir aufs Haupthaar fällt
Und gnädig bedeckt all die lichteren Stellen
Die manch Gedicht schon hergestellt
So drängt es die Erben, die Stämme zu fällen
Wie mutig die sich an den Sägen verheben
Und an den verlockenden Knebelverträgen
Die man noch lockig abgesegnet
Und die bald schon die Stille der Flocken beregnet
Indes kämme ich mein Haupthaar
Lass das Laub hinunterschweben
Wenn ihr Bäume es erlaubt, ja
Mag ich noch ein Jährchen leben –
Nicht den Blick nach oben richten:
Übers Schweben möcht‘ ich dichten
Diese Zeile hat noch gar keinen Dunst, wo sie endet
Und auch dieser hier werde ich das nicht verraten
Diese glaubt, dass sich durch ihr Dazutun was wendet
Und nun steh’n sie zu viert hier geschrieben – und warten
Sich im Ist einzurichten, klingt manchmal gescheiter
Denn oft geht’s im Leben ja gar nicht groß weiter