Denke dir jede Minute als heilig,
Füll sie mit Eindrücken voll bis zum Rand!
Selten Beteiligte haben es eilig,
Heut nicht Geseh’nes wird niemals bekannt.
Es gilt, diesen Augenblick gründlich zu schröpfen,
Es türmt sich bedenklich das Wissen.
Mag sein, unser Alter wird uns heut noch köpfen:
Der meilenschwere Schuh am Fuß
Latscht meilenschwer zum Abschiedsgruß
Vom schmiegsamen Gehorsam.
Und biegarm härtet sich der Rist,
Beschwerdlich schwärt ein Schmerzensmist –
Wo wir noch so viel vorhab’n!
Es knabbert an den Tagen
Ein Mund voll Dunkelheit.
Wie kurz der Sommer war, wenn
Die ungenutzte Zeit
Schreit: Memento Mori, Blätterfall,
Ein Wall von Kältekälte!
(Obgleich ein kurzer Lichteinfall
Mich morgendlich erhellte)
Es knabbert an den Tagen
Die Jahreszeit der Nacht.
Wie kurz der Sommer war, wenn
Du nichts aus ihm gemacht!
Unabänderlich mahnt die verflossene Zeit,
Dass weitere Jahre vergehen.
Noch ist der Moment nicht zum Abschied bereit
Und hangelt sich durch sein Bestehen.
Das friedliche Scheiden, in das ich entrück‘ –
Es schmückt hinter mir Horizonte
Für spätmilde, labende Blicke zurück,
Als ich’s noch nicht wertschätzen konnte.
War den Statuesierten im Diesseits bewusst,
Dass sie späterzeits posthumig gelten?
War die Lebenszeit nicht bösdurchdustert von Frust,
War‘n nicht Lichtblicke skandalös selten?
So scheint grad ein gut ausgetretener Schlips
Wie prädestiniert für ein Abbild aus Gips.
Dass der Tisch und die Stühle da immer noch steh’n,
Wie wir sie – bald sterbend – verließen.
Als plane die Tür noch uns wiederzuseh’n,
Als wüsste sie noch, wie wir hießen.
Man sieht’s an dem Alter der Photographien:
Die haben ihr Trinkgeld gegeben.
Der Thrill vom am Stammtisch geschlag’nen Partien
Dräut dunstig in anderen Eben-en.
(Was haben wir die einst mit allem gefüllt,
Was wir für erachtenswert hielten,
Was haben wir wie unter Schmerzen gebrüllt,
Wenn andre zu nachlässig zielten!)
De-platziert von der Zeit stehen unverrückt da:
Die Stühle, der Tisch und der Tod.
Kein spät’res Int’resse kommt uns jemals nah –
Jede Zeit hat ihr eigenes Lot.
Es schrumpfte die Zeit deine Kindheit zusammen
Auf ein Dutzend probater Momente,
Die je einem großen Erlebnis entstammen,
Das sich jäh aus dem trägen Fluss trennte.
Deine frühe Erzählung ist längst schon beschränkt
Auf ein paar ausgerissene Seiten.
Deren Restauration wird beharrlich bedrängt
Von den Windstößen rasender Zeiten.