Und schon wieder auf Achse. Beim Aufbruch schon Heimweh. Na, Gottseidank geht’s in die immer vergnüglich stimmende Schweiz – das mag uns Gedichte folgender Strickart ersparen (die nach der Strickart Zwei zufällig ausgewählte Anfangszeilen weiterschreiben im Dienstagsslammer Workshop aus mir purzelten):
Die Dahlien 2.0
Immer, wenn die Dahlien blüh’n
So spät im Jahr noch frisches Grün
Blick‘ ich verdutzt
Aufs schlecht genutz-
te, nun schon fast vergang’ne Jahr
Und frag‘ mich, ob es nicht vielleicht
Nicht jetzt erst, da die Zeit mir weicht
Irgendwo zwischen Rathen und Wehlen geschrieben, mit Schlamm am Schuh und Blick auf das Elbsandsteingebirge. Am Bahnhof Stadt Wehlen fotografiert, Selfie 2.0.
Wild West
Hier liegt die Prärie meiner Inspirationen
Ich weiß, dass da tausend Gedichte drin wohnen
Doch manchmal ist’s so, dass – zu meinem Bedauern
Ihn’n all meine Worte vergeblich auflauern
Du fragst, ob an solch‘ Waidmannsleid ich mich störe?
Das gleitende Schreiten der Dichter-Flaneure
Zieht auch im leeren Schritt und Tritt
Sich stets ein Bild der Wildnis mit
Beim x-ten Dresden-Aufenthalt immer noch keinen Besuch des Kästner-Museums am Albertplatz eingebunden. Aber der Skulptur mit dem Zitat aus „Als ich kleiner Junge war“ einen kurzen Besuch abgestattet.
Als ich ein kleiner Junge war
Als ich ein kleiner Junge war
Hab ich selbiges Buch Erich Kästners gelesen
Der war zwar selbst schon nicht mehr da
Und ist dennoch mir irgendwie nahe gewesen
Solltest du, Bub, im Papier mal verweilen
Da ich längst geworfen vom Rappen der Zeit
Schnapp dir die Zügel der passendsten Zeilen
Gib Spuren die Sporen, blick vorwärts und reit!
Einkaufsstadt, aber nicht käuflich. Auch im dicht besetzten Tourplan für dieses Jahr muss meine Geburtsstadt damit rechnen, dass ich einige Male in ihr Station mache. Ein schöner Anlass hierfür ist immer wieder, wie auch gestern, der stets ausverkaufte Grend Slam.
Der Stalker
Wie Essen vergessen? Das Grend, die Band
Die Stadt, in der man alle kennt
Die Parties mit den Diamanten
Die An- und Ab&Zu-Verwandten
Wo immer noch vorhält, was ich einst besessen
Wie sollt‘ ich, oh Essen, all dies je vergessen?
Beim Chef beklagte sich die Stadt
Dass sie vor mir nie Ruhe hat
Man sollte Wien nicht verlassen, wenn man bislang dieses stimmungsvolle Städtchen nur mit purer Quatsch-Dichtung bedacht hat. Habe ich dennoch getan. Hier nun meine postbesuchige Wiedergutmachung:
Vorfrühlingsmelancholie
Die braunbegrauten Astkorallen
Der herbstzeitvergessenen Großstadtallee
Sie spür’n in ihren Wurzelballen
Die ersten Signale an Knospen-in-spe
Es lässt die Gewissheit von Blühen und Sprießen
Sie schweigsam die Tage des Aufschubs genießen
Denn wenn Dorn und Rösschen erst aufgewacht sind
Ist der Wandel vorbei
Heute die ersten Auftritte jener Art gemacht, die von meinem Abschied von der Slam-Bühne nicht betroffen sind – also auch 2017 würden stattfinden können: Eine Show ohne Wettbewerb zur Picasso-Ausstellung im Buchheim Museum und ein Auftritt als Gast bei den Schwabinger Schaumschlägern. Das Spontangedicht gibt Ausblick auf die in Kürze anstehende Schweiz-Tour, vielleicht von dem überraschend üppigen Schneefall inspiriert:
Im Buchheimmuseum zu Bernried
Neun Tage vor Bern heut‘ in Bernried gelesen
Das ist eine ganze Spur näher gewesen
Um jenes sich die Aare schlängelt
Zu jenem man von Starnberg drängelt
Im hochverehrten Publikum
Ging alsbald dann ein Murren um
Denn
Man fand, das war genug Reim
Und schickte mich samt Buch heim.
So langsam haben sich meine hawaiigebräunten, ostseekältegeröteten Füße wieder auf eine normal durchblutete Farbe eingependelt. Eventuell hat es diese Kombi so noch gar nie gegeben: Füße, die innert 14 Tage in Maui und Graal-Müritz im Meerwasser badeten. Aber da es immer wen gibt, der Derartiges schon viel krasser durchlebt hat, das folgende Gedicht:
Der Mann mit den kältesten Füßen der Welt
Kommen Sie und schauen Sie: Dies
Sind die kältesten Füße der Welt!
Auch wenn diesbezüglich zum Proteste
Der Rat unsrer Ältesten bellt:
„Die Quanten soll’n kalt sein? Pah, nicht mal entfernt!
Wir haben noch Frost zu ertragen gelernt!“
Ich verneige in Scham mich. Mit respektvollen Grüßen,
Strandvergleich kennt dieses Worte-Vorschlagprogramm nicht. Schlägt Strandurlaub vor, wo doch Schwanzvergleich näher gelegen wäre. Aber dafür sind sich die Herren Programmeure wohl zu fein.
Wie der Sand am Strand von Graal-Müritz, könnte man poetisch notorisch anfügen. Der war außerhalb der Palmen-Saison vor allem kalt. Aber den zweiten Strandbadegang des Jahres nach dem Hawaii-Test wollte ich mir nicht nehmen lassen. Kurz vorm Knie war dann allerdings Flucht an Land zurück angesagt …
Was heißt hier kein Badewetter?
Grau verhangen dräut der Tag
Düstert seine Niederlag-
E und elend ächzt er, leer
Ich verlaufe mich gen Meer-
E und eh ich mich verseh-
E, zieh‘ ich mich bloß und steh-
E im eisigen Wasser und lall‘ es (frei nach JW von Goethe):
Viel Zeit bleibt nicht, um eine zum ersten Mal besuchte Stadt zu begutachten. Der Beiname Rain City wird jedenfalls bestens bedient. Der Pike Place Market bietet Unterschlupf und Fisherman’s Flair. Gefällt.
Mein Tag in Seattle
Seattle Needle
Und Grungerockgegniedel
Dann Poetrybattle
Und Schalfentzugschäddel
Buchstäblich weise steht noch auf dem Zettel:
Ein kleiner Seat – auf Schwäbisch: Seatle
Die Aussprache driftet dann doch eh’r zu
Seemann Kuddel Daddeldu
Was soll man nur an den auftrittsfreien Tagen anstellen? Gottseidank gibt es Hubschrauber.
Heli
Wir schrauben laut am Traum vom Fliegen
Um uns sanft in dem Off aller Schwerkraft zu wiegen
Da huben
Mulmend
Magengruben
Wenn wir so grad die Kurve kriegen
Doch die Welt überhört, wie ich dies beschwärme
Im röhrenden Ro-to-to-torengelärme