Gebäude & Urbanes

Gedichte, in denen Gebäude und Bauwerke oder städtische Areale die Hauptrolle spielen.

Malecon & das zweitausendzweihunderteinundsiebzigste Gedicht

1. Mai 2023

Malecon

Malecon, du Hurensohn,
Säumst den Rand zum Meer,
Träumst von Assimilation
Der Wogenwucht mit Teer.

Zucht und Ordnung, Malecon,
Streifst du von der Klinge
Und zwei Welten hängen schon
Erschlafft in deiner Schlinge.

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Vedado & das zweitausendzweihundertachtundsechzigste Gedicht

28. April 2023

Lost in Havanna

Aus dem Dunkel der Winkel lockt’s hektisch:
„An Anhaltspunkt: Alter, versteck disch!“
Plötzlich löscht alle Richtung sich aus meinem Weg,
Orientierung verrinnt, schon ist Licht Privileg.
Wie rasend schabt sich Resignieren
In mein früh’res Souverän,
Ich muss Verirrtheit konstatieren,
Fahrigflach lass ich mich geh’n.

Vor Demut ob der Gassen Massen Macht
Geh ich zurück zu sich’rem Ursprung.
Rasselnd japst es in mir sacht:
„Warst grad ganz schön aus der Spur, Jung!“

Doch ein Blick auf den Stadtplan am Morgen beweist:
Ich habe mein Ziel einfach sehr gut umkreist.

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Zarenhof Prenzlberg & das zweitausendzweihundertzwanzigste Gedicht

2. Februar 2023

Otis Panoramaaufzug

Der Lift im Berliner Hauptbahnhof
Ist die lahmste Praline der Welt –
Man spürt auf der Fahrt: „Ich bin auch Philosoph“
Und bestaunt, wo der überall hält.

Das auf ewig verzögerte Öffnen der Türen
Will hier einen Maestro der Langsamkeit küren.
Das Schließen verschlingt sogleich ähnlich viel Zeit –
Und lang darauf ist man dann abfahrtbereit.

Ich weiß ganz bestimmt, dass Berlin viele hassen.

Wer den Aufzug nimmt, wird es sobald nicht verlassen.

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Zaha Hadids Skypark & das zweitausendeinhundertfünfte Gedicht

25. Juni 2022

Sozialistische Bauweise

Wenn man Türmen versagt
Sich zu überragen,
Verlier’n sie den Eifer der Höhe.

Statt von Ehrgeiz zernagt,
Eicht sie dann das Behagen
Ihrer Standhaftigkeit vor der Böe.

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Čumil, der Gaffer & das zweitausendeinhundertvierte Gedicht

24. Juni 2022

Und? Wie war’s da unten?

Meine Untergrunderkundungsrunde
War kunterbunt und kurz. Im Grunde
Wunderte mich nach rund einer Sekunde,
Wie g’sund der Sturz ins Drunten war.
Er mundete ganz wunderbar!

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Camagüey & das zweitausendvierundsiebzigste Gedicht

3. April 2022

Plaza de San Juan de Dios

Der Platz schwitzt aus dem Pflaster: „Alles fertig zur siesta!“
Fast übernimmt die Nostalgie das Maß für dich, mein Bester!
Bloß billigt jeder Wohnungsschacht ein sehr bejetztes vida,
Bezirzt mit letztenbehrtem Ton durch stolzbewährte Lieder.
Die sol spielt eine Rhumba an, verschickt ihre Kassiber –
Drauf rührst du dir den Rum ins Eis und schlürfst Genuss, mein Lieber!

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Piazza Bodoni & das zweitausendachtunddreißigste Gedicht

1. Februar 2022

Plätze für Größe

Nun über die ganz großen Plätze zu geh’n
Nahe Statuen bedeutender Leute,
Mag ich als mein Chäncechen auf Einsicht versteh’n –
Da ich Demut aus Dümmlichkeit scheute.

Schon schärf ich geschätzten rebellischen Sinn
Unterm Schein von bewährteren Schätzen.
Dem Straßenlärm nicht mehr gewahr, denn ich bin
Auf dem Weg zu noch größeren Plätzen.

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Turiner Bergkulisse & das zweitausendvierunddreißigste Gedicht

21. Januar 2022

In Italien

In Italien ist Stadt-zu-Sein spürbar viel größer
Und der Boden aus feinerem Stein.
Jahrhundertgesotten als Einflusseinflößer
Entmüht sich das süßere Sein,
Ist jed Geräsuch Teil einer Kleinmelodie –
Und sinnenversonnen erlauschen wir sie.

Die volle Gattung Mensch, sie schwelgt im Bann vergangner Zeit.
Und der Stolz der Gehwegplatten türmt sich zu Erhabenheit.

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Neubautradition & das zweitausendneunundzwanzigste Gedicht

18. Januar 2022

Schweizer Beton

Schweizer Beton ist der derbste der Derben –
Der brüllt in die Landschaft: „Get ready for sterben!“
Schweizer Beton ist der grauste der Grauen –
Der scheint sich von selbst ständig weiter zu bauen.
Schweizer Beton ist der grellste der Hellen –
Der negiert die geringsten Verwitterungsstellen.
Es lädt solch Beton scheinbar ein zur Bewohnung –
Doch hüte dich vor einer falschen Betonung!

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Stockalper Schloss & das zweitausendneunzehnte Gedicht

7. Januar 2022

Schlossworte

Ein Schloss, sehr beschaulich,
Spricht: „Los, Spross, beschau mich!
Bewunder meiner Zimmer Zahl
Und das, womit ich immer prahl:
Türme, Mauern – abzuwehren
Würmer, Bauern, die sich wehren!
Aufstand? – Oh, so trau Er sich:
Dann wird’s richtig schauerlich!“

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