Verse für die Melancholiker, denen man Erde, Herbst, Abend, Erwachsenenalter zuordnet.
Die besinnlichen und leisen Gedichte.
Von Aphorismen bis zur Vanitasdichtung.
Sollte Ihnen ein hier eingereihtes Gedicht eher den anderen Kategorien Erde, Luft oder Feuer entsprechen, bitte ich, mir eine Nachricht über www.hirnpoma.de zukommen zu lassen!
Mehr Schlaf geht nicht: Mausmaki am Tage, beim Zimmersäubern aufgespürt. Aber vor Einbruch der Dunkelheit wird kein Auge geöffnet, sei der Trubel auch noch so groß.
Einschlafgedicht
Mit achtzig Tonnen Gewicht auf den Schultern
Schlepp ich mich zum Marsch into Mausmaki-Schlaf
Ich bitte die Weiten des Alls ums Geduld-Hab’n
Und schmieg mich in Tiefen ein, lämmchenbrav
Natürlich jedes Mal so, aber nach wie vor beim Neubesuch von exotischem Flair: In der Nacht liegt die Mondsichel waagerecht überm Horizont.
Afrika
Lächelnd hängt die Mondessichel über traurig Afrika
Dem Gewohnten widersprechend im Gebrauch von „Alles klar!“
Im Kuckucksnest der Zuversicht sich Trotz mit Trost und Stolz vermengt
Was sie zu einem Dämmstoff eint, ist: dass der Mond doch an sie denkt
Ich senke meine sanften Zähne
In den warmen Hals der Gazelle
Ich schmecke Blut und hör Gegähne
Das ich mit scheuem Zorn bebelle
Wir finden in keiner der Welten zusammen
Und scheinen doch aus selbem Sande zu stammen
Wir entkamen dem Nirgends und kamen so weit
In den endlosen Fluren der Vorläufigkeit
Doch stets zeigt sich ein neuer Berg
Erleuchtet von ’nem Feuerwerk
Die Sonne geht unter, der Tag darf beginnen. Soll niemand sagen, sie hätte nicht alles gegeben.
Der neunzehnte Stock
Ja, von hier kann ich das Meer seh’n
Gleich neben mir den Rooftop-Pool
Seh Taxifahrer Runden dreh’n
Die Luft ist immer noch nicht cool
Es geht schon auf Eins zu
Doch der Tag scheint noch jung
Er fädelt sich ein – du
Verlorst deinen Schwung
Weil du viel zu früh hungrig ins Leere greifst
Die wahre Bestimmung vertändelnd nur streifst
Du weißt genau: Die Ungeduld
Ist niemals jemand anders schuld
Winkst der Stadt zu: „Naja, eig’ntlich hätt‘ ich noch Bock!“
Und du schaust sie dir an, dort vom neunzehnten Stock
Die Temperatur und ich sind heute auf einer Ü40-Party.
Von der Barmherzigkeit des Schattens oder Auf der Corniche
Viel zu oft hab ich dich nur in Anspruch genommen
Mal bewusst, mal durch Zufall gut untergekommen
Habe ich in der Abdunklung mild mich entspannt
Das Gemüt überhitzt, die Haut sonnengebrannt
Laue Windhauchoasen bestreicheln den Schweiß
Die Linderung gibt mir Asyl und ich weiß:
Viel zu oft hab ich dich als gegeben gesetzt
Wie wertvoll du warst, merk‘ ich – flüchtend – erst jetzt!
Diese Zeile hat noch gar keinen Dunst, wo sie endet
Und auch dieser hier werde ich das nicht verraten
Diese glaubt, dass sich durch ihr Dazutun was wendet
Und nun steh’n sie zu viert hier geschrieben – und warten
Sich im Ist einzurichten, klingt manchmal gescheiter
Denn oft geht’s im Leben ja gar nicht groß weiter
Was hab’n wir nicht alles schon tot hier begraben?
Und nichts hallt noch nach, bist du, Freund, nicht Museum
Doch du bist nicht Museum – Museum? Du nicht
Wir zwäng’n uns in engste Erinnerungswaben
Und all unsre Bilder und Schilder, die Wildheit
Fall’n eine Welt später nicht mehr ins Gewicht
Deine vollgeträumte Speisekammer
Wird heut von Eis und Schmaus geräumt
Du denkst, noch schlafend: Was für’n Jammer!
Hast dich im Liegen aufgebäumt
Und ärmeltief ins Mett gekrallt …
War’s auch mehr Wärme denn ein Halt!
Hast satt zu sein im Traum versäumt?
Nun hat der Raum sich ausgeträumt
Kein glänzender Einfall grätscht jetzt noch ins Senken
Kein Wortwitz ernörgelt sich seine Notiz
Kein Reim möchte sich kurz vorm time out verschenken
Die Metrik verkneift sich verspätete Beats
Kein Strophengeäst will sich weiter verzweigen
Wenn alles errötet, heißt’s: Einfach mal schweigen