Erde

Verse für die Melancholiker, denen man Erde, Herbst, Abend, Erwachsenenalter zuordnet.
Die besinnlichen und leisen Gedichte.
Von Aphorismen bis zur Vanitasdichtung.

Sollte Ihnen ein hier eingereihtes Gedicht eher den anderen Kategorien Erde, Luft oder Feuer entsprechen, bitte ich, mir eine Nachricht über www.hirnpoma.de zukommen zu lassen!

Pantai Dalit Beach & das zweitausendvierhundertvierundfünfzigste Gedicht

Der Strand Pantai Dalit vom Shangri La Hotel Rasa Ria

Sandbürge

Wie kann von Unaufhörlichkeit
Entrartes Gut so wertvoll sein?
Es wellt und schwappt die ganze Zeit,
Doch dämmt's seinen Effekt nie ein,
Dass die knapp-über-Kniehöhe Meeresportion
Nach kürzestem Anlauf berauschet mich schon,
Dass der Wind, der mir andernorts Ärger bereitet,
Hier frisch erfrischt in meine Riechlöcher gleitet.

Wie fix ich dann befruchtet bin!
Und wie ersoffen all das Stressen!
So hoffnungsfroh pflügt mich ein Sinn
Ins ewiggleiche Unermessen!

Und der endlose Sand kitzelt durch meine Zehen -
Schon ist es um mich durch ein Für mich geschehen.

Old State Mosque & das zweitausendvierhundertachtundvierzigste Gedicht

Masjid Bahagian - Alte Staatsmoschee Kuching

17. Juni 2024, abends

Welche Art von Gedichten geziemt sich's zu schreiben
An der Türschwelle einer Moschee?
So rein von dem Lautbild her will es mich treiben
Zum stimmigen "Allah olé!".

Doch rein ob des Bilderverbots lass ich's bleiben,
Denk vollüberzeugt ein "Och, nee …".
Es zwingt mich ja niemand, Gedichte zu schreiben
An der Türschwelle einer Moschee.

Borneo & das zweitausendvierhundertfünfundvierzigste Gedicht

Hafen am Batang Ai Stausee

Sarawak

Vor Jahren ward es fester Plan,
Ist dann Prospekt geblieben.
War damals direkt angetan,
Doch ließ mich stets verschieben.

Ich vagabundierte durchs Vorzügegeben:
Mal nach dort, mal sofort, mal geplant und mal eben.

Den Prospekt letztes Jahr dann ad acta gelegt
Ins Archiv des Recycling-Containers -
Nach dreißig Jahr‘n immer noch sehr gut gepflegt
(Ich hab mir gedacht, ich erwähn das)!

Was hat mich damals fasziniert,
Wie weiß ich, was noch stimmt?
Manchs Traum Buffet an Wert verliert,
Sobald man davon nimmt ...!

Doch ich ließ, prospektlos aufgebrochen,
Mein dreißig Jahr jüngeres Herz wieder pochen
Und erkenne: Was einst meine Neugier gerührt -
Es versteht sie noch immer zu stillen.
Ein sehr langer Weg hat mich hierhin geführt
Aus tief eingefrorenen Willen.

Gunung Kinabalu & das zweitausendvierhundertvierundvierzigste Gedicht

Blick auf den Gunung Kinabalu vom Strand

Wasserträge

Bin vom Wassertragen ganz durstig geworden,
Ich befürchte, ich mach‘s nicht mehr lang.
Und drohte jetzt jemand, mich bald zu ermorden,
Mir würde darob nicht mehr bang.

Das Gewicht meiner Last hat sich stetig verdoppelt,
Und mein Durst steigert sich mit der Hitze.
Ihr zu viel ist mit meinem zu wenig gekoppelt -
Das fühl ich, so wahr ich hier schwitze.

Bin vom Wassertragen so durstig geworden,
Ich befürchte, ich schaff‘s nicht mehr weit.
Indes führt der Weg zwar allmählich nach Norden -
Alleine, mir bleibt keine Zeit.

Ten Tage Fürstenfeld & das zweitausendvierhunderteinundvierzigste Gedicht

Gartentage Fürstenfeldbruck

Kleine Eimer

Ein Kleiner Eimer Schwermut
Sich im Augenwinkel hält.
Ich streb nicht mehr gen "sehr gut",
Seit mein Seufzen mir gefällt.

Es locht zwei falsche Töne,
Doch das mindert nicht sein Singen;
Es kennt der Gegner Söhne,
Doch es kentert nicht beim Ringen.

Welch rumpelnder Luxus, gefährdet zu sein -
Ein dumpfes Gefühl lustig werdender Pein.

Und welch eilig Entschluss, diesen loszuwerden -
Er kann (freilich: muss) unser Dasein bloß erden.

Küstenlinie & das zweitausendvierhundertachtunddreißigste Gedicht

Varadero Beach

Theoretisch abstürzen

Wie viele juveniler Räusche
Hab ich nach Dammbruch ausgekotzt?
Achtzig (wenn ich mich nicht täusche) -
Wild aus Aug und Maul gerotzt.

Nicht brutal oft, auch nicht wenig,
Und höchst selten gilt: Ich sehn mich
Nach der Zeit zurück - der Non-Stops,
Jägermeisterrunden, Headshots,
Einspritzer im Trinkspielwahn,
Konterbier im Mittagstran ... -
Da ich mich der Sechzig näh're
und mir gruselt jetzt, ich wäre
Nochmals so vom Rausch gepfählt.

Hab drum vieles abgewählt.

Doch ich spür nun, auch ohne ins Tun zu versinken:
Heute ist so ein Tag, hey, zum richtig Betrinken!

Alle Rechte bei Ute Kratzer, die das Gedicht im Rahmen der Kuba-Spendenaktion 2024 erstanden hat.

Poolsnack & das zweitausendvierhundertsechsunddreißigste Gedicht

Antillengrackel mit Beute

Pro Probieren

Mein verpanikter Blick in Speisekarten
Flickt sich zäh sein Menu. Wie lang wird der Wirt warten?
Immer gibt es dort Worte, die mir nicht bekannt,
Ich berechne die Werte, die rechts lauernd am Rand -
All das drängelt in meine Entscheidung mit rein,
Bis zur drohenden Frage: "Was darf's denn dann sein?"

Das Spielfeld zu groß und die Felder zu zahlreich -
Den Einsatz verlier'n durch die flascheste Wahl? Leich-
ter wär's mit der Einsicht, dass man noch entdeckt

Und nicht vorab wissen kann, was uns noch schmeckt.

Böig auffrischend & das zweitausendvierhundertfünfunddreißigste Gedicht

Varadero Beach nach stürmischer Nacht

Kurzode an das Langzeitgedächtnis

Wenig lässt sich wiederholen,
Vieles lässt man besser ruh'n.

Vieles lässt sich wieder holen,
Wenig lässt dich besser ruh'n.

Traumstrandsaum & das zweitausendvierhundertneunundzwanzigste Gedicht

Varadero Beach

22.04.2024

Bin ein gefühltes Meilenweit azurnen Sand durchwatet.
Der Schöpfer frug: "Dies Traumstranddings - war's das, um das ihr batet?".

Ein Schwarm von Schwärmen Kleinerfisch eröffnet sich als Pforte.
Die Sonne strahlte willenlos. Ihr fehlten auch die Worte,

Da ich im steten Storchengang die Meile abgeschritten.
Die Euphorie im Höchstform. Nur die Pelle hat gelitten.

Fast hüfthoch hat das Wasser mich fast samtenweich verschlungen.

Und ein beseelter Evergreen hat tief in mir gesungen.

Blick von der Liege & das zweitausendvierhundertzwanzigste Gedicht

Die nutzlose Zeit

Du köstlich verstreichende nutzlose Zeit,
Ich winke dir vom Pool-Rand zu!
Gern wär ich zu reicherem Output bereit,
Doch saug vom Honig deiner Ruh.

Ich lasse meine Blicke schweifen,
Ohne meinen Kopf zu dreh'n.
Reizt's mich Geseh'nes zu begreifen,
Ist eig'ntlich schon zuviel gescheh'n.

Wo immer Schönheiten mich streifen,
Ruf scheu ein Schaudern ich hervor,
Mit Reizes Flut mich einzuseifen -
Das pflegt die Zeit, die ich verlor.

Es zählt kein Tag, wo sonst schon Stunden
Im Zerrbild der Bedeutsamkeit
Sich aufgebläht. Lass dich erkunden,

Du kostbare, streichzarte, nutzlose Zeit!

Alle Rechte bei Markus Berg, der das Gedicht im Rahmen der Kuba-Spendenaktion 2024 erstanden hat.

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