Fotos aus München, seit 2014 Stammsitz der Reimerei Klötgen. Unzählige Auftritte während der Tour 2016. Und danach quasi alleinige Dienststelle in Sachen meiner Poesie.
Noch anderthalb Tage Freizeit, bevor es wieder auf Tour geht.
Die Ärsche der Anderen / Generation Y
Nach dem Abi-Ball in die Charakter-Arthrose
Man postet gemeinsam ein „Ich – ich – ich!“
Empfängt jedes Like wie ’ne Baccararose
Und taggt seine Schwüre mit #weißichnochnich
Man wittert die lauernden Niederlagen
Und fordert vom Leben, mal fairer zu sein
Die Überauswahl lässt sich kaum noch ertragen
Drum richtet man sich im Ironischen ein
Und kommt überein, es sei wichtig im Leben
Sich selber mal – Yolo! – ’nen Arschtritt zu geben
Lasst den Fokus der Welt von dem hehren Ich wandern!
Entdeckt mal als Ziele: die Ärsche der Andern!
Noch zwei Tage Freizeit, bevor es wieder auf Tour geht.
Die Linden im Juli
Mit süßer Schwere benebeln die Nacht
Die sich spät in den Blütenduft mischenden Linden
Deren Fertilität mit der üppigsten Macht
Dampft vor honigem Willen ins Frühlingsentschwinden
Schon scheint sich ihr Ruch mit der Nacht zu vereinen
Als Bündnis für die Ewigkeit
Solch stolzer Duft muss doch was Bleibendes meinen
Und sich isolieren vom Feldzug der Zeit …?
Als Wunsch besteht dies, keine Frage
Im Lindenduft der Juli-Tage
Doch spürst du in ihm auch das bittere Wissen:
Du wirst ihn alsbald schon sehr lange vermissen
Von Außen wird alles wie Freizeit ausseh’n
Wenn wir vom Gedicht zum Kalkül übergeh’n
Auch wenn wir uns längst schon am Magnum-Cup kühlen
Soll es sich für andre wie Zufall anfühlen
Man muss uns als gleichgesinnt interpretieren
„Ja, wir geh’n – wie ihr – hier nur gerne spazieren …!“
… und das fünfte Gedicht aus der Reihe der Münchner Unzuchtverse.
Liebfrauenkirche – Dicht- vs. Deckkunst
Ich trat mitsamt dem Sauentierch‘
An den Altar der Frauenkirch‘
Und sprach: Oh, Herr!-lich ist das Poppen!
Nicht mal von den sauigsten Versen zu toppen …
Zum Start in die zweite Jahreshälfte ein Gedicht über München, wo ich zurzeit meine längste Auszeit vom Touren nehme, die sich in diesem Jahr ergibt. Zehn Tage. Erst Donnerstag geht’s los nach Görlitz … Übers Wochenende werden dann auch noch die Gedicht 248-250 hier veröffentlicht. Aber erst mal wirken lassen!
Die Münchner
Die beim Protzen etwas ungalanten
Braungebrannten Zwangsentspannten
Auf „Passt scho!“-Modus eingeeicht
Und gläubig, dass es immer reicht
Sonnenbrillen-Chill-affin
„Joa, is denn scho Italieien?“
Pomadige Hallodri-Posen
Und Habewas in Überdosen
Gekleidet nach dem eignen Schrei’n
Heißt’s bloß vermeiden, fad zu sein
Sie parken auf Pump in der Sorglosigkeit
Isar-Spaziergänge. Und ein Gedichte-Marathon. Zehn Gedichte in zwei Tagen – mit der 250 zur Halbjahreswende vor Augen. Rest folgt in Kürze.
Der Blick von Außen
Der Spiegel irrt sich – das kann ich nicht sein!
Ich fordere nun Materialproben ein
Mit der Bitte zu prüfen, wieso dieser Mann
Die Darstellungskraft meiner Spiegel gewann
Er breitet sich aus – infiziert alle Schichten
Die, ihn widerspiegelnd, mein Abbild vernichten
Es steht zu befürchten, ich gleich‘ mich ihm an
Sobald ich den Anblick gewohnt bin und dann
Ist er der Herr im Hause hier
Und gilt als Original von mir
Wie lang kann dann noch die Gewissheit besteh’n
Das Bestreben, mich selbst doch ganz anders zu seh’n?
Ich besprüh‘ jetzt die spiegelnden Flächen im Haus:
„Die Wirklichkeit sieht anders aus!“
Das vierte Gedicht aus der Reihe der Münchner Unzuchtverse.
Dallmeyer
Das, was ich hier im Schwall reiher‘
Ditt koofte ick bei Dallmeyer
Ja, der’n Zeig is‘ auch nach dem x-ten Zerkau’n
Noch stets appetitlich und schön anzuschau’n!
Zwischendurch auch mal wieder in München. Und der Blick aus dem Fenster.
In München
Gut, frag mich, was mir so gefällt, dort in München!
Nun, als Erstes wohl, dass ich hier bin
’s gibt Dinge im Leben
Die ändert man eben
Und treibt einmal da- oder anderswo hin
Doch zwischen dem Treiben
Glaubt man an das Bleiben
Und das gibt dem Heute ’ne Masse an Sinn
Vom Balkon der erhöhten Maxvorstadt ins Netz gesetzt.
Zeugen der Dichtung
Ich habe mein Heim nicht über den Dächern
Sondern siedle bescheiden im Dache
Wo Vogelvisiten betäuben und krächern
Beobachtungszögerlich, was ich da mache …
„Na, Gedichte, du Piepe! Und zwar über dich!“
Das Angesicht zu Angedicht
Behagt den frag’nden Vögeln nicht
Und solch Fokusse fürchtend, verpissen sie sich