Wer im Gleichmute ruht, alles stoisch betrachtet,
Hat die Egomanie seiner Nachbarn entmachtet.
Doch der friedfertig schwebende Fesselballon
Ist der Pfeilspitzenschleiferei größter Affront …
Sechste Auftragsversewoche 2021: Gewünscht wurden Gedichte zu den Themen Schnitzelbrötchenverleih, Riesenrad, Scheißwetter, Geheimratsecken, Megastau und Ghosting.
Die Stauenden
Wir riechen schon den Vordermann,
Denn kriechend geht es hier voran,
Und der Verlust von Zwischenräumen
Lässt uns vom Entwischen träumen.
Und doch fällt’s nicht schwer einzuseh’n:
Die Welt hält uns an stillzusteh’n.
Die Stoßstangen brüsten sich keiner Berührung
Als Choreographen der Stabilität –
Gemeinsame Einsicht trutzt jeder Verführung. –
Es wird nicht verzweifelt, es wird nicht krakeelt.
Und stillschweigend neigt sich ein billiger Lohn
Mit Namen Zivilisation.
Was Astronauten so aus den Händen fällt,
Landet nirgends, nimmermehr,
Trudelt durch eine nicht endende Welt –
Und die gibt als All all dies nie wieder her.
Die Einsamkeit brüht nachschublos
Den x-ten Aufguss aus Resten.
An jeder Luke droht ein Stoß
Von ungebet‘nen Gästen.
Ich geb zu, ich bin kein Freund von Flugzeugabstürzen!
Nun hab ich’s zwar nie selbst probiert,
Aber Dingen, die derart ein Leben verkürzen,
Begegne ich prinzipiell sehr reserviert!
Schon allein das Geschrei, wenn die Nase sich senkt!
Da soll mir doch keiner behaupten,
Dass irgendwer dann „Boah, isch lieb das voll!“ denkt
Von den bald ihres Lebens Beraubten!
Für mich ist das nichts – ich find, Flugzeugabstürze
Sind dämliche, neumodisch-haltlose Fürze!
Da soll niemand entgegnen, mir fehle der Mut –
Ich find diesen Hype schon als solchen nicht gut!
Lieber Liegefahrradfahrer,
Ich als Kommentar-mir-Sparer
Staune doch, wie unverdrossen
Du dein Liegefahrrad fährst
(völlig ratschlagsresistent)
Und dich klingelnd (permanent)
Gegen deine Restwelt wehrst.
Aus gern überseh‘nem Tal
Zetert deine Unterzahl
„Hallo, Vorfahrt?!“ unverzagt,
Jäh umrahmt wie überragt
Von jenen Verkehrsgenossen,
Die sich auf dich eingeschossen,
Um vereint sich zu empören.
Dich allein scheint‘s nicht zu stören –
Du drehst weiter flach die Runden,
Forderst deine Rechte ein,
Rohrspatzmäßig, unumwunden –
Vorsatz: Mich kriegt keiner klein!
Wer sich legt mit Liegern an,
Kriegt‘s zu tun mit Kriegern, Mann!
Mancher Zwist bremst viel zu schlicht sich –
Diesbezüglich liegst du richtig!
So viel Leute, wenig Plätze …
Mitten in der Meute ätze
Ich: „Is‘ klar – die Deutsche Bahn!“
Geistentleert im Größenwahn.
„Boah, ich krieg‘ hier noch die Krätze!“,
Deklamiere ich und hetze:
„Könn’n wir jetzt mal weiterfahr’n –
Oder was is‘ hier der Plan?“
Doch:
Nicht ein Ton beseelt die Sätze,
Einzig Mimik taugt als Petze.
Das mag ich der Welt erspar’n –
Zu erfahr’n, dass ich’s nicht schätze:
Viele Leute, wenig Plätze.
Erste Auftragsversewoche 2021: Gewünscht wurden Gedichte zu den Themen Yoga, Serienbingen, Netflix, Geschwurbele, E-Mobilität, Marilyn’s Army, Hochzeitsfotografen und Fanfiction.
E-Mobilität
Dass nun die E-Mobilität
All jene Igel niedermäht,
Die stoisch darauf eingestellt,
Dass ihn’n Gefahr entgegenschnellt
Bei gellendem Motorenlärm,
Und nun umrahmt sind von Gedärm,
Gemahnt uns, letztlich im eignen Int’resse,
Ans Mindestmaß für Lernprozesse:
So lahm du auch lernen magst, unterbiet nie
Das Tempo der Automobilindustrie!