Frank Klötgen – Post Poetry Slam – immer frische Gedichte & Fotos

Seit 2016. Auf Globetrotter-Slam-Tour durch bislang 36 Länder auf 5 Kontinenten

Einakter

Alles, was zwölf Zeilen überschreitet.


  • Baobab & das dreihunderteinundfünfzigste Gedicht

    Avenue of the Baobabs, Morondava

    Die Baobab-Allee

    Palastsäulenartig erhebt sich der Stamm
    Aus dem Kern seiner Masse zur Krone empor
    Es ist Ehrfurcht, die ich in die Herzkammern ramm‘
    Und in ratloser Andacht steh‘ ich nun davor

    Jene Allee, die solch Solitäre formiert
    Zum Sinnbild von einem gebeutelten Land
    Und unbeirrt beugsam majestätisiert
    Als Letzte des Urwalds, der hier einmal stand

    Denn dies ist ein Friedhof, der sagt dir: Gedenke
    All jener gekappten Idyllengelenke
    Dem die mächtigen Bäume nur Kreuze sind
    Die allein über eintausend Jahre gerettet
    Dass durch sie die Reue der Gläubigen rinnt
    Dass Heiligkeit sie an Unfällbarkeit kettet

    Einsam thront der Baobab
    Die Asche um ihn schon verweht
    Er steht als Kreuz auf einem Grab
    In einem Reich, das untergeht


  • Krokodil & das dreihundertneunundvierzigste Gedicht

    Krokodil Madagaskar auf dem Tsiribihina.

    Wir hatten die Garantie, dass diese Tiere unser Zelt am Flussufer nicht angreifen würden, weil sie viel zu viel Angst hätten. Wir haben das mal geglaubt. Es hätte eh nicht ins Zelt gepasst.

    Das Krokodil

    Das Krokodil liegt einfach da
    Die Schreckensschnauze auf halb acht
    So ruht mit ihm auch die Gefahr
    Die uns so sorgsam beigebracht

    Was grad aber nun unsere Neugierde weckt
    An dem Monstrum, das so sanft hier niedergestreckt
    Und blass einlädt zur näheren Inspektion
    Und zum Test, ob allmählich sich langsam nicht schon
    Erübrigt der vordem verbreitete Schrecken
    Doch abermals gibt’s für uns nur zu entdecken:
    Von Schnellkraft und Bisswut und Grauen ermächtigt
    War’n all jene Warnungen durchaus berechtigt!

    Das Krokodil liegt einfach da
    Und in ihm drin – ein weit’rer Narr


  • Lakana Be III & das dreihundertdreiundvierzigste Gedicht

    Tsiribihina River Sonnenuntergang

    Für zweieinhalb Tage auf dem Tsiribihina. Zum Abschluss wurden wir gebeten, eine Rede auf die Fahrt und das Zusammenleben mit der achtköpfigen Bootsmannschaft zu schreiben. Natürlich musste das ein Gedicht werden, was mi glucksender Überraschung aufgenommen wurde.

    Two and a half day on da Lakana Be

    Two and a half day
    On da Lakana Be
    There are people hard working – their number is: eight
    And there’s two on the top – who are just gaining some weight

    The water’s so shallow – and it’s not getting better
    If the tourists on board become fatter and fatter
    But the cooks both made really excellent jobs
    And their singing and dancing was Top of the Pops
    And so was the work of the rest of the crew
    While we just lay down and had nothing to do

    The captain did slalom and some marvellous u-turns
    And we just laid down and were getting some sunburns
    And tried hard to keep all the memories in our head
    While the whole crew was eager to rescue a hat
    Jonny explained us nearly whole Madagascar
    And in the distribution of pencils – he’s really a master
    And there’s so much to mention that you did for us:
    Building up tents, collect wood, play guitars
    So it feels like a week what was twoanhalfday
    That we were your guests on the Lakana Be

    We’ll keep this in mind and especially
    When we are back in Germany
    Back in our jobs and in cold winter’s shiver
    We’ll remember the lazy days on Tsiribihina river
    Thank you so much
    For giving us such
    A great time: twoanhalfday
    On the Lakana Be


  • Tsiribihina & das dreihundertneununddreißigste Gedicht

    Für zweieinhalb Tage auf dem Tsiribihina River.

    Für zweieinhalb Tage auf dem Tsiribihina.

    Im Fluss

    Das Leben ist ein langer, ruhiger Fluss
    Nur ich stecke mit Hochgenuss
    Nach Fahrrinnenslalom und Stromschnellentest
    Auf einer der stoischsten Sandbänke fest

    Es frug mich manch See- oder sehender Mann
    Ob er mir nicht irgendwie raushelfen kann
    Und herzlich gestelzt klingt mein „Dankeschön, nein!“
    Das muss zwar nicht, aber das darf mal so sein
    Dass das lange, ruhige Leben sich wallt
    Mein knarzendes Rückgrat mit Kraft überspült

    So werd‘ von der Massen der Wasser, geballt
    Ich bis zu den Knien durch die Sandbank gewühlt
    Bald schlucke ich Wasser, bald riech‘ ich Ertrinken
    Schon spann‘ ich die Flügel, noch tiefer zu sinken …

    Dann geb‘ ich meinen Rumpf ’nen Stoß
    Und heb‘ mich aus dem Sandsumpf los

    Ich genieße wie niemals zuvor dieses Treiben
    Mit Ruhe und Länge im Einklang zu bleiben

    Doch jedem Hindernis zollt nun mein Wissen Respekt
    Dass so viel Gewalt in der Stromlinie steckt


  • Mohrenlemur & das dreihundertsiebenunddreißigste Gedicht

    Weiblicher Mohrenlemur

    Nach der gut gefüllten Lemurengedichte-Serie in „Mehr Kacheln!“ bin ich tatsächlich in diesem Urlaub noch auf bislang von mir unbedachte Arten gestoßen. Hier Fortsetzungsfolge drei von vier. Der Mohrenlemurmann ist eigentlich schwarz – hier abgebildet ist ein Weibchen.

    Mohrenlemur (oder Schwarzer Lemur)

    Ja, du bist der schwärzeste von allen
    Mit dem härtesten, welligsten Herz aller Welten
    Dein Fell lässt die Strahlen der Sonne verhallen
    Und vergessen, dass sie auch nur etwas erhellten

    Es dient dessen Schwärze dem Gelb deiner Augen
    Die schwefelgelbwild alles Leuchten einsaugen
    Laut Grundlektion der Metaphorik
    Ein Farbsignal von Diabolik
    So zähltest du im Furchteinflößen
    An anderen Orten zu den Größen
    Doch da rangiert doch weit vor dir
    In Hiesigkeit das Fingertier

    Dein Weibchen hat das längst erkannt
    Geht nicht mehr einher mit dem Farb-Nein des Mohren
    Haselnussbraun schmückt ihr Damengewand
    Sie krönt gar mit Weißheit den Pelz ihrer Ohren

    Dein Schwarz schaut fast noch böser drein
    Wo andre sich graziös befrei’n!


  • Palmarium & das dreihundertfünfunddreißigste Gedicht

    Coquerel-Sifaka

    Ein Koalagedicht. Der erwähnte Baum ist lediglich eine madagassische Unterart des Eukalyptus, der eben die erwähnte papierne Rinde aufweist. Der abgebildete Koala ist ebenfalls endemisch und heißt Coquerel-Sifaka (über den es aber schon in „Mehr Kacheln!“ ein entsprechendes Gedicht gibt). Er ist der letzte Überlebende einer Sifaka-Familie, die es auf der Palmarium-Insel nicht geschafft hat.

    Beweggrund für ein Koalagedicht

    Wär ich Bär, oha, ich wär
    Gerne ein Koalabär
    Denkt’s mich unterm Eukalyptus
    Aufgehängt im Rebootrhythmus
    Längst vom scharfen Saft belämmert
    Dessen Vorschlagskraft jetzt hämmert:
    Es kann doch nichts okayeres geben
    Als so ein Koalaleben!

    Und des Baums beleb’nder Duft
    Nebelt in die steh’nde Luft
    Und will mich mit Menthol betören
    Dass ich mich im Hirne winde:
    „Könnt‘ ich doch hierhin gehören!“
    Kraxelnd an papierner Rinde …

    So atemfrisch ist ungefähr
    Das Leben vom Koalabär
    So dacht es mich dereinst am Strand
    In einem fern geleg’nen Land …

    Letztlich blieb doch einfach alles beim Alten
    Ich wollt nur den Duft in Erinn’rung behalten


  • Rotbauchlemur & das dreihundertzweiunddreißigste Gedicht

    Rotbauchlemur

    Nach der recht umfangreichen Lemurengedichte-Serie in „Mehr Kacheln!“ bin ich tatsächlich in diesem Urlaub noch auf bislang von mir unbedachte Arten gestoßen. Hier Fortsetzungsfolge eins von vier. Es folgen noch drei weitere Gedichte und Fotos u.a. vom Aye-Aye.

    Rotbauchlemur

    Von roter Farbe ist dein Bauch
    Ich würde sagen: Sicher – auch!
    Ist doch dein Fell, noch ungegerbt
    Ganz regelmäßig eingefärbt

    Warum stürzt sich die Namenswelt
    So auf dein Bäuchlein, rot befellt?
    Das wollig, pummlig aufgebauscht
    Leicht angekräuselt unterflauscht
    Im Weichsein vielleicht unbeschreiblich
    Doch gleich verteilt am Körper, mein‘ ich

    Nun mussten die Namensvergeber wie -innen
    Ja irgendwo mit dem Benennen beginnen
    So benannten sie vorerst dich nach deinem Bauch
    Dahinter (in Klammern) steht unsichtbar „auch!“


  • Abu Dhabi VII & das dreihundertsiebenundzwanzigste Gedicht

    Abu Dhabi Silhouette

    Dattelglück

    Es schmeckt la Dattel d’Abu Dhabi
    So nach „ja, hier komm ich her!“
    Nach orientalischst und arabi-
    Chst und Schleck und „köstlich, mehr!“
    Bergamott‘ winkt, Kardamom
    Sandsturm, Temp’raturphantom
    Affenglut bis Abendbrise
    Scheichgewand und Ölpreiskrise
    Nach Verheißung, Adlerholz
    Oryx, Souqs und Sultanstolz

    Wie ein Harz aus dem Herzen der Wüste geronnen
    Wie von Myrrhe beraucht, für den Gaumen erwählt
    So haben wohl schon tausend Nächte begonnen

    Die eine mehr braucht’s, die dir alles erzählt


  • Abu Dhabi III & das dreihundertdreiundzwanzigste Gedicht

    Saadiyat Beach

    Die Sonne geht unter, der Tag darf beginnen. Soll niemand sagen, sie hätte nicht alles gegeben.

    Der neunzehnte Stock

    Ja, von hier kann ich das Meer seh’n
    Gleich neben mir den Rooftop-Pool
    Seh Taxifahrer Runden dreh’n
    Die Luft ist immer noch nicht cool

    Es geht schon auf Eins zu
    Doch der Tag scheint noch jung
    Er fädelt sich ein – du
    Verlorst deinen Schwung
    Weil du viel zu früh hungrig ins Leere greifst
    Die wahre Bestimmung vertändelnd nur streifst

    Du weißt genau: Die Ungeduld
    Ist niemals jemand anders schuld
    Winkst der Stadt zu: „Naja, eig’ntlich hätt‘ ich noch Bock!“
    Und du schaust sie dir an, dort vom neunzehnten Stock


  • Isarschilf & das dreihundertundsiebte Gedicht

    Isarschilf

    Ein Gedicht zu einem der vom Aussterben bedrohten Worte.

    Die Grisette

    Der Hausmeister grüßt dich oft offensiv freundlich
    Die Zugehfrau mustert dich weniger nett
    Die komplette Studentenschaft würde nicht scheu’n, dich
    Zum Tanz zu geleiten – doch leider, Grisette
    Bleibst du heute Nacht wohl allein auf dem Zimmer
    Dessen Miete du selbst begleichst, monatlich, immer!
    Wer könnte von all den dich scheltenden Damen
    Behaupten, für ihr Leben selbst zu bezahlen?
    Es nährt sich ihr Stolz an des Ehemanns Samen!
    So soll’n sie mit schäumenden Leumunde prahlen
    Und sich drei Moralstufen höher einrichten –
    Über keine von den’n würd‘ ich je ein Wort dichten!

    Doch man lädt mich jetzt oft zu Gesellschaften ein
    Die sind sich für deine Gesellschaft zu fein …

    Dass niemand mehr bleibt, um mit dir heut zu tanzen
    Erfüllt dich mit Wehmut im Großen und Ganzen
    Doch kennst ja die Maschen von jederMann:
    Sie schell’n gleich morgen wieder an!

    Drum gräm dich nicht weiter und leg dich ins Bett –
    Denn das gehört dir ganz alleine, Grisette!


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