Verse für die Melancholiker, denen man Erde, Herbst, Abend, Erwachsenenalter zuordnet.
Die besinnlichen und leisen Gedichte.
Von Aphorismen bis zur Vanitasdichtung.
Sollte Ihnen ein hier eingereihtes Gedicht eher den anderen Kategorien Erde, Luft oder Feuer entsprechen, bitte ich, mir eine Nachricht über www.hirnpoma.de zukommen zu lassen!
Ich steh
Am See
Dem abendroten
Und denke an die lieben Toten
An Minuten, verschwendet im Tran meiner Kindheit
Denn skandalös endlich und rar war’n und sind Zeit
Und Aufmerksamkeit, die im Damals geboten
Wär’n sie jetzt hier, am Abendroten
So berichtete ich den verschwundenen Leuten
Wie viel ihrer Wunden mir heute bedeuten
Dass manch ihrer Witze ich heut erst versteh
Nun, natürlich hatte ich Frühling geordert
Doch irgendwie bin ich grad voll überfordert
Denn mit der Flut der Lebensjahre
Verstummt der Mut der Ausschussware
Und Jämmerliches klagt sich ein
Als Dauergast im Kämmerlein
Wie maßlos und wie ungestüm
Prasst nun manch Knospen-Ungetüm
Vorm abgeklung’nen Lebensschwung
Bin sehr, sehr lang schon nicht mehr jung
Ich neide ihm, wie viel an Kraft
Er aus dem Nichts beisammen schafft
Als wüchse jedes Jahr die Mast
Des Frühlings oder der Kontrast
Zu mir, in dem sich nichts mehr regt
Der sorgsam seinen Garten pflegt
Man muss für das Preisen vom heiligen Schein
Ja gar nicht selbst beteiligt sein
Und manche Pracht zeigt sich erst gerne
Aus unauslöschlich weiter Ferne
Und all der Prägesamt ist nun abgesessen
Dieser Platz wird wohl nicht noch mal weitervererbt
Die Käufer des Sessels längst tot und vergessen
Flüstern: „Seid euch gewahr, dass auch ihr einmal sterbt!“
Wir sind zum Überschwang verdammt
Vergänglicher als Prägesamt
In frischer Lüfte Lüste schwingen
Die Ahnungen von dich bejahenden Dingen
Naht nun der Soll-Rausch – meine Güte?!
Stehst bald auch du in voller Blüte?
Du bist’s – dem der Frühling Entfaltung verspricht!
Doch dein Los lautet weiterhin, ach: „Leider nicht“
„Dieser Schurke hat so oft sein Wort schon gebrochen!“
Er hat gar nichts dir, sondern sich nur versprochen …
Ich hab ja Berlin noch nie fotografiert
Weil Berlin kommt eh immer zurück
Die Schönheit hat mich dort auch nicht int’ressiert
Berlin ist mal Pech, ist mal Glück
Und was man grad als schön empfunden
Wird nur mit Stöhnen überwunden
Mit dem Abstand geh ich jetzt befreit durch die Stadt
Und erfreu‘ mich dran, wie viel‘ Reserven sie hat