Gebäude & Urbanes

Gedichte, in denen Gebäude und Bauwerke oder städtische Areale die Hauptrolle spielen.

Inside Sassari & das hundertneununddreißigste Gedicht

Sassari Altstadt

Loslaufen. Ziele ergeben sich.

Die Windungen der Altstadt

Sich in dies Gewühl der Gassen
Einfach fünfmal fallen lassen
An den Rand zum Sich-Verlieren
Dann zurück ins Orientieren
Ohne Fallschirm einer App
Ohne Hoffnung auf das Web
Schlichtes volles Risiko

Man ist immer irgendwo.

Amsterdam & das hundertunddritte Gedicht

Grachtenhäuser

Weiterhin mit gewogenen Grüßen aus Amsterdam.

Die Schweigenden

Diese Häuser, sie hecken wahrscheinlich was aus
Wie sie konspirativ aneinander sich schmiegen
Zärtlich beneigt, als sei Plan ihres Baus
Zum Zweck der Gemeinschaft die Balken zu biegen

Wir sollten jetzt nicht mehr von Zufällen sprechen
Wenn etwas herabfällt, wenn Dächer zerbrechen
Es gibt diese Pläne, sie breiten sich aus ...
Von Giebel zu Giebel, von Haus zu Haus

Nauener Tor & das sechsundneunzigste Gedicht

Nauener Tor Potsdam

Am Vorabend durch Potsdams Mitte ...

Nauener Tor (Stadtführungsalternative 1)

Schau'n 'Se hier: Ditt Nau'ner Tor!
Staun'n 'Se, wat? Ick les' ma' vor:
Achtzehnirjendwattneunzisch von Walt Ditzney erbaut
Dem dann vom Alten Fritz auf'm Drehset jeklaut
Und so steht ditt Nau'ner Tor ebnt hier
Seh'n 'Se ja selbs, wa? Trau'n 'Se mir ...!

Ulm & das neunundachtzigste Gedicht

Münster Ulm

Ich weiß, der Titel "Größter regelmäßiger Slam der Welt" ist hart umkämpft. Offiziell gar nicht mit im Rennen, aber mit 670 Zuschauern verdächtig: Ulm. Anscheinend unwidersprochen hat das Münster der Stadt aber mit dem 161,53 Meter hohen Turm den höchsten Kirchturm der Welt. Ist ja auch was.

Das Schiff

Gestrandet ruht das Kirchenschiff
Eingepfercht im Häuserriff
Wartend auf 'ne Sintflut

Denn, steht dann der Wind gut
Geht es los auf große Fahrt!

Doch, weil Regen unterbleibt
Jenes Schiff nach nirgends treibt

Steht nur stumm
Herum
Und harrt

Aarebrücke & das sechsundachtzigste Gedicht

Aarebrücke Olten

Auf dem Weg zur Schützi Olten. Der Fluss summt Simon & Garfunkel.

Bridge, trouble, water

Was weiß denn das Wasser vom Trouble der Brücke?
Vom zähen Verankern auf beiderlei Seiten
Vom Dinge Verbinden, vom Schließen der Lücke
Vom Menschen zu anderen Ufern Geleiten

Selbst massiges Gleiten
So stur wie bedächtig
Strömt es durch die Zeiten
Und glaubt, es sei mächtig

Wartburg & das neunundsiebzigste Gedicht

Wartburg Eisenach

Pflichtprogramm Eisenach: Einmal zur Wartburg hoch. Die Ursprungsslamlocation.

Die Sehnsucht der Steine

Eh die Wartburg Burg ward, war sie
Unbehauner Fels und quasi
Wie der Berg, den sie heut krönt

Manches Werden wird bestöhnt:
"Was soll das Gewese? Ich hab doch das Meine!"

Sieh dein Mühsal als Dienst für
Die Sehnsucht der Steine

Anmerkung zum Genus: Heute wird Mühsal nur noch als Femininum verwendet, früher konnte Mühsal indessen auch ein Neutrum sein.

Eiffelturm, zum Zweiten & das sechzigste Gedicht

Paris Silhouette

Bis zu meinem Hotelzimmer sind es 110 Stufen (und es gibt auch keinen Aufzug). Daheim habe ich 96 Stufen zu bezwingen (und es gibt auch keinen Aufzug). Da erscheinen die 669 Stufen zur zweiten Etage des Eiffelturms beinahe etwas wenig. Und es gibt durchaus einen Aufzug. Aber:

669 Stufen

Ob als

"Papa, ich will Pommes!"-Nöhler
Städteausflug-Bustourist
Preissensibler Interrailer
Oder Birthday-Amourist -
Auch auf meiner Lesetour
Nahm ich stets die Stufen nur

Sollte ich einst, schon erlahmt
Mich noch hin zum Turme schleppen
Tragt mich hoch zum letzten Mal

Aber bitte nehmt die Treppen

Eiffelturm & das neunundfünfzigste Gedicht

Marsfeld und Eiffelturm

Der freie Tag in Paris. Und endlich Sonne. Sightseeinggemäß.

Zurredestellung

Was willst du denn noch hier von unserer Stadt,
Du aufgeregter Turm?!
Du Stahlgelüste Rüst- und Wüstling
Höchst emporgeleckter Wurm
Sag an - aber so, dass wir's unten versteh'n!

"Mann, ich mach keinen Ärger - ich will hier bloß steh'n."

Städtespeicher & das neunundzwanzigste Gedicht

Speicherstadt Hamburg

In keiner Stadt bin ich so oft umgezogen wie in Hamburg. Ja, überhaupt bin ich in meinem Leben noch nie so oft umgezogen wie in den viereinhalb Hamburger Jahren. Gestern bei Wind und Wetter alte Adressen abgelaufen. Und irgendwann in der neuen Speicherstadt gelandet.

Und irgendwo ein Hafen

Viel Haar, mon amie, ist dir nicht mehr gegeben
Die After-Work-Orks meucheln elbisches Leben
Geschmeichelt träumt die Speicherstadt
Von spätem Pomp und Streicher satt
Beim Vorwort bin ich eingeschlafen ...

Und irgendwo rumort ein Hafen.

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