Frank Klötgen – Post Poetry Slam – immer frische Gedichte & Fotos

Seit 2016. Auf Globetrotter-Slam-Tour durch bislang 36 Länder auf 5 Kontinenten

Wasser

Verse für die Phlegmatiker, denen man Wasser, Winter, Nacht, Baby- und Greisenalter zuordnet.
Die beschreibenden und erzählenden Gedichte.
Von der Naturlyrik bis zu allen Längenvarianten der Ballade.

Sollte Ihnen ein hier eingereihtes Gedicht eher den anderen Kategorien Erde, Luft oder Feuer entsprechen, bitte ich, mir eine Nachricht über www.hirnpoma.de zukommen zu lassen!


  • Piste & das siebenhundertsechsundvierzigste Gedicht

    Piste in Ellmau

    Schneegeräusche unterm Ski

    Schneegeräusche unterm Ski:
    Manchmal wattig, manchmal „iieh!“

    Manchmal sirrt der Schnee und schnurrt
    Manchmal knirscht er leicht geknurrt

    Mal unterhakend mit stapfigem Pappen
    Mal widersagend per karstigem Schrappen

    Mal unterläuft ihm ein quietschendes Schmatzen
    Dann – oft gehäuft – nur noch garstiges Kratzen

    Mal bleibt er lautlos und kühl wie ein Strich …
    Nun – das zählt als Geräusch ja nich‘!

    Nein, derer gibt es dann bloß acht
    (Sofern ich da jetzt keinen Fehler gemacht)


  • Tor 24, 24 Zeilen & das siebenhundertachtunddreißigste Gedicht

    Weihnachten in der Karibik

    A Christmas Carol

    Umbrandet vom üblichen Weihnachtsgeschwafel
    Sitzt festlich gewandet der Bub an der Tafel
    Unverwandt im Bann des Drangs
    Das Ziel des Stilles-Örtchen-Gangs
    Zum Anlass zu nehmen, mal online zu gehen

    „Mensch, kannst du dem nicht einmal heut widerstehen?!“
    Mahnt der Geist der Weihnacht der Gegenwart
    Der diesen Schritt zu überlegen erbat
    Weil die Zeit, die man sich fürs „Schnell Mails checken!“ borgt
    Den Rest der Gesellschaft beschämt und besorgt

    „Du fühltest als Kind doch“, ergänzt nun der Geist
    Der vergangenen Weihnacht, „dich fast wie verwaist
    Wenn zum Fest nicht mit Ernst und mit Aufmerksamkeit
    (und natürlich Geschenken!) bespickt war die Zeit!
    Zahlst du nun die Gänze vom kindlichen Glück
    In knapp portionierten Momenten zurück?!“

    Und der für die Zukunft zuständige Geist
    Zeigt, was das für kommende Weihnachten heißt:
    „Da zahlst du dann für virtuelle Zeit
    Mit sehr realer Einsamkeit!
    Und mailst nur noch per send & bounce
    Mit Werbebots und Fake Accounts!“

    Da grimmt der Bub nicht mehr länger der Tafel
    Und stimmt mit ein in das Geschwafel …


  • Tor 22 & das siebenhundertsechsunddreißigste Gedicht

    Märchenwelt der Linzer Grottenbahn

    Im Friedrichshainer Märchenbrunnen, restauriert

    Hier, zu Hufen von vier Hirschen
    im Rondell mit andren Tierschen
    küssen sich d‘ Liebespärschen
    und erzähl’n sich wieder Märschen
    Turteln sich was zwischen niedlischen Putten
    glauben sich das, zwitschern friedlisch vom gutten
    Gefühl, das zwischen ihnen herrscht
    Ob davon auch der Hirsch was merscht?

    Da steht der drüber, liegend zwar
    links, rechts – als je entzweites Paar
    das keines Blickes würdigt sich
    im Abgewandtsein brüderlich

    Doch wer sieht auch die Hirsche? Man kommt ja hierher
    um d‘ Putten zu gucken, zu rätseln, welch Mär-
    chen sich hinter jedweder sandsteingefestigt
    verbirgt und verbürgt, dass das Happy End mächtig
    ist und techtelmechtig bleibt
    Egal, was sie und ihn noch treibt

    Nur: panta rhei – hier in Kaskaden
    Wer alles will, der nimmt auch Schaden
    Die Hirsche wird’s nicht interessier’n
    die musst‘ man auch nicht restaurier’n


  • Tor 19 & das siebenhundertdreiunddreißigste Gedicht

    Märchenwelt der Linzer Grottenbahn featuring Frank Klötgen

    Dem König

    Das Königreich einer entgrenzt grellen Schönheit ward ausgeraubt von der Dezenz
    Längst schwappt durch Gemächer der einstigen Höh’n eitler Wankelmut der Prominenz
    Gehässig macht sich Lässigkeit
    Mit grässlich vermessener Aneignung breit

    Wohl bleibt die Verstörung dir weiters erhalten, der Stolz beim Durchschreiten der Flure
    Doch insgeheim heißt es: „Der hat doch ’n Knall!“, wenn die Ehrlichkeit klafft ins Gehure
    Niemand kann sich wie die Zaren
    Das schale Verständnis des Fußvolks ersparen

    Es ist dein forschplump Für-nicht-möglich-Gehalt’ne nur das Für-nicht-nötig-Befund’ne
    Dem üppig belipglossten Mündchen entschallt es: „Du hässliche Dreckswelt, gesunde!“
    Doch diese Wiesen gibt’s nicht mehr
    Und die Prärien sind waidlos leer

    Wer wär ich, mich hinterrücks hier zu verbrüdern – mit dir, du mondänster Mandant!?
    Du schwelgst deine Zepterlast durch das Kopfübern, Regent vom verlorenen Land!
    Ich schmücke nur das letzte Wort
    Im absolutistisch verbliebenen Hort

    Versteht meine Verse nicht als ein Verneigen
    Dem Dichter gilt nur, das Entschwund’ne zu zeigen

    Und über den Wert dieser Dinge zu schweigen


  • Tor 15 & das siebenhundertneunundzwanzigste Gedicht

    Linz Donaubrücke

    Ein Tief überm Hochofen Duisburg­Nord

    Ein Tief überm Hochofen Duisburg-Nord.
    Sieht aus, als geschieht hier heut Nacht noch ein Mord …
    Fauchend stiebt Glut sich durch Eisen und Schlacke,
    Ein Schummel-Schimanski seufzt planlos: „Attacke!“
    Und das Tief schaufelt Wolken aus Finsternis.

    Schummrig erzählen erwählte Relikte,
    Von Marxloh schrillt willig ein türkisches Fest,
    Am Straßenrand lungern nach Hochfeld Geschickte,
    Und stets flüstert einer: „Das ist nur ein Test!“
    Ständig bleckt der Überbiss.

    Und dann ist auch das wieder alles Geschichte.
    Als Tatort verdorrt – nur noch Hort der Gedichte
    Von Arbeit, Arbeit, Migration,
    Vom Strandurlaub im Ungewiss –
    Wer länger bleibt, der kennt es schon.


  • Tor 14 & das siebenhundertachtundzwanzigste Gedicht

    Bambuslemur

    Bambule vs. Bambuslemur

    Du zerbrechlichster Sprössling der Tagesschicht
    versprichst du dir Sprossen? Hier kommt ein Gedicht:

    Es scheint dir so artfremd – das Tollen und Zanken
    Tja, seine Familie sucht sich niemand aus
    Beschwerde führt schüchtern ein wisperndes Janken
    so zartig, so artig, so „Hältst du’s noch aus?“

    Man sorgt sich doch unweigerlich:
    Ist die Welt nicht gefährlich für einen wie dich?
    Ob hier am Busen der Natur
    für einen Bambuszwerglemur
    der Wind nicht gar zu garstig weht
    wo alles sich um Darwin dreht?

    Doch dessen Herz konntest du scheinbar erweichen
    Das mag zum Überleben reichen


  • Tor 13 & das siebenhundertsiebenundzwanzigste Gedicht

    Sifakas

    Entlarvte Sifakas

    Wenn nur nicht dieses Tanzen wäre …

    Dieses tolgepatschelte Hupfgesacke
    dieses hoppladihoppelnde Hickedihacke

    … gebührte dir die ganze Ehre
    erlauchter Dornen-Eminenz
    von weiserweißer Exzellenz

    So superduper, so perwollig
    du personifiziertes Drollig
    huschst schwere- und lautlos auf samtenen Pfoten
    mit höchster Höhen Haltungsnoten
    In den Wipfeln bewegst du dich allzu schön

    Doch will dich jeder tanzen seh’n
    Am Boden


  • Tor 8 & das siebenhundertzweiundzwanzigste Gedicht

    Blick von der Ilkahöhe

    Anschluss Mannheim, vier Minuten

    Anschluss Mannheim, vier Minuten
    Umsteigzeit. Das heißt: sich sputen!

    Nur heißt’s auch bei fünfzig Prozent meiner Fahrten:
    „Der Zug nach Berlin konnte leider nicht warten“

    Sechzig Minuten im Bahnhofsgebäude
    den Dealern von Kaffee und Brötchen zur Freude
    Die bilden die Lobby, so lässt sich vermuten
    für anschlussausschließende Umsteigminuten


  • Im Reichstag & das sechshundertzweiundneunzigste Gedicht

    Berliner Reichstag

    Dem dolcen Feudel

    Per Schlange fädelt man sie ein
    Metalldurchdoktort komm’n’se rein
    Von Luftboys werd’n’se aufgezogen
    Verwendelt und im Schritt gebogen
    Kreisenhaft aufs alte Haus
    Kaum sind’se drin, schon schau’n’se raus

    Vom Reichstag verkuppelt
    Janz eene Wolke

    Trau’n zu, dass der Bau hält:
    Dem deutschen Volke


  • Der Berliner Neptunbrunnen & das sechshunderteinundneunzigste Gedicht

    Der Berliner Neptunbrunnen

    Nichtstun und Neptun

    Um mich vom Nichtstun auszuruhn
    flaniert‘ ich heut zu Neptuns Brun’n

    Kandiert von Kalk und Grünspans Zier
    hockt ungeduscht im Muscheltier:
    Neptun. Und wartet aufs Waten im Zufluss
    (man weiß nich‘, wassersonsso als Wassermann tun muss …)
    spricht ein Machtwort an die Kinder, die sich um ihn gruppieren
    „Nich‘ Schuppen hier – die überlasst ihr den Tieren!“

    Vom Erdgeschoss her reckt sich ringsum Reptil:
    Schildkröt‘, Schlang‘ und Krokodil
    Fehlt zoologisch noch ’ne Echse
    Dann guck’se nach und wat entdeck’se?

    ’n Seehund. Hinterm Neptun und
    denks‘: Was’n da der Hintergrund?
    und andrerseits: Is‘ doch mal schön –
    so ohne Grund ’n Seehund seh’n!

    Einmal um Neptuns Brunnen rennen
    kann man nu‘ auch nich‘ Nichtstun nennen
    Ich wünsch‘ (mein Tagwerk ist erbracht)
    ’ne schlecht gereimte Gute Nacht!


Die 254 Städte/Länder der Fotos (2016-2025)


Gedichte/Fotos ausgewählter Tourstationen:

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