Frank Klötgen – Post Poetry Slam – immer frische Gedichte & Fotos

Seit 2016. Auf Globetrotter-Slam-Tour durch bislang 36 Länder auf 5 Kontinenten

  • Hütte 2 & das fünfhundertsechsunddreißigste Gedicht

    Hütte 2 & das fünfhundertsechsunddreißigste Gedicht

    Der formale Zwilling zum gestrigen Text.

    Im Haus der Frommen

    Oh, nimm dein stets brütendes Herz in die Hand
    Gesandter des Lächelns und Melkknecht von Resten!
    Das Beste an uns ist das einende Band
    Der Sand im Gemäuer der frommen Leuts Festen

    Verbannte, die jenseits der Mauern verrohten
    Uns testeten, festigten, ständig bedrohten
    Veränderten nichts auf dem irdischen Scheibchen
    Belasteten nur unsre fleischlichen Leibchen


  • Hütte 1 & das fünfhundertfünfunddreißigste Gedicht

    Hütte 1 & das fünfhundertfünfunddreißigste Gedicht

    Im Haus der Sünder

    Oh, reiß dir das kalbende Herz aus der Brust!
    Dann huste die Blutleere rosig und plünder‘
    Gesünderen Seelen entflohene Lust
    Aus Musterregalen im Hüttchen der Sünder

    Dort, prustend vor höhnischem Lachen, erspähten
    Wir mündervereinigend Kalamitäten
    Gleich von uns angepüstelten Sahnehäubchen
    Und schlürften vom Boden verendete Täubchen


  • Ebersberg & das fünfhundertvierunddreißigste Gedicht

    Ebersberg & das fünfhundertvierunddreißigste Gedicht

    Danke, Mama!

    Von Ferkeleien hochgesaut
    Hat Ebersberg sich selbst erbaut


  • Bringschuld & das fünfhundertdreiunddreißigste Gedicht

    Bringschuld & das fünfhundertdreiunddreißigste Gedicht

    Huch, diese Woche war ich wirklich sehr unzuverlässig mit den Gedichtelieferungen – verzeiht!

    Zur Erklärung

    Muss gestehen, meine Liebe:
    Kann nicht wirklich lange bleiben
    Habe grad ein Buch zu schreiben
    Auch wenn’s heißt, wer schreibt, der bliebe


  • Nachtschattengewächse & das fünfhundertzweiunddreißigste Gedicht

    Nachtschattengewächse & das fünfhundertzweiunddreißigste Gedicht

    Die im Dunkeln

    Düsternis an hellen Tagen
    Mahnt euch, nicht zu viel zu wagen
    Warnt vor nahendem Versagen
    Lasten, die alsbald zu tragen …

    Mein Gemüt beizt längst der Saft
    Einer düstern‘ Brüderschaft
    Den berauscht schon volle Kraft
    Wenn man kurz die Rollos rafft

    So sind aufs Dunkeln dieser Welt
    Die Unken besser eingestellt


  • Simpel & das fünfhunderteinunddreißigste Gedicht

    Simpel & das fünfhunderteinunddreißigste Gedicht

    3Satzrechnung

    Die Idylle vor der Türe
    Knüllesein vom neunten Biere
    Sattgeküsst im Sonnenschein …

    Ja, manchmal kann es einfach sein!


  • Moohr & das fünfhundertdreißigste Gedicht

    Moohr & das fünfhundertdreißigste Gedicht

    Wieder einmal beginne ich die Gedicht-Woche mit einem Ripostegedicht, das sich die Zuschauer meiner Lesebühne Poetry & Parade gewünscht haben. Diesmal eine erotischer Remix von Annette von Droste-Hülshoffs „Der Knabe im Moor“.

    Das Knabbern am Ohr

    O kau ich dir am Ohr, ist’s schön,
    Wenn es knistert im Speichelschaume,
    Schlucklaute über dein Trommelfell dröh’n
    Und die Zunge entspringt ihrem Zaume,
    Unter jedem Schleck ein Quellchen springt,
    Wenn’s rund um dein Ohrläppchen zischt und singt,
    O kau ich dir am Ohr, ist’s schön,
    Wenn ein Röhren flüstert vom Gaume‘!

    Fast hold vor Liebe, erzittert das Kind;
    Nun trennt es vom reinen Behage
    Die Frage, wie ehrlich die Absichten sind –
    Hat das Schleckermaul nicht eine Raubtiervisage?
    Hat denn jemals gebändigt das Menschengeschlecht
    Jenen Trieb, für den meistens ein Beutetier blecht?
    „Duhu …bist sicher nicht bissreflexblind?!
    Nicht schlucken! Nur knabbern und nagen!“

    Vom Kiefer starret Gestumpf hervor,
    Das heimlich giert nach Gehöre,
    Als Knabberei verschwand manch Ohr
    Durch Riesenhungers Begehre;
    Und wie fies es tief im Rachen spricht:
    „Ohrmuscheln sind mein Leibgericht!“
    Da bleckt der Backenzähnechor,
    Da späht die Speiseröhre!

    „Ohr dran, Ohr dran!“ so wimmert es laut,
    „Ohr dran – ach, ich will doch noch hören!
    Mit wenig Genuss wird solch Knorpel verdaut,
    Sein Fleisch will kein Mund gern verzehren!“
    Erst lippengebändigt, hebt sich das Visier;
    Da blitzt des Schneidezahns Ungetier,
    Das in diebischer Absicht den Ohrrand bekaut –
    Der will noch Papillen betören!

    Da birst’s im Ohr, den Löffel zerrt’s
    Herein in die klaffende Höhle;
    Schon rutscht’s vom Zahndamm magenwärts:
    „Ho, ho, hinein in die Kehle!“
    Der Knabberer schlingt wie im rohen Wahn;
    Wehrhaft trutzt das Kind dem nahen Zahn,
    So befreit es die Kraft des sich sperrenden Pferds
    Und gewährt, dass kein Ohr an ihm fehle.

    Da endlich Grunz-Erotik wich
    Der bübischen Zärtlichkeits Weide,
    Die Leidenschaft stimmt heimelig,
    Der Knabberer steckt in der Scheide.
    Tief atmet er auf, zum Ohr zurück
    Doch dorthin zieht’s ihn echt kein Stück:
    Denn am Gehör schmeckt’s fürchterlich,
    Und schaurig war’s für sie beide!!


  • Mitte & das fünfhundertneunundzwanzigste Gedicht

    Mitte & das fünfhundertneunundzwanzigste Gedicht

    In dieser Stadt

    Ich hab ja Berlin noch nie fotografiert
    Weil Berlin kommt eh immer zurück
    Die Schönheit hat mich dort auch nicht int’ressiert
    Berlin ist mal Pech, ist mal Glück
    Und was man grad als schön empfunden
    Wird nur mit Stöhnen überwunden

    Mit dem Abstand geh ich jetzt befreit durch die Stadt
    Und erfreu‘ mich dran, wie viel‘ Reserven sie hat


  • Im Stammrestaurant zu F’hain & das fünfhundertachtundzwanzigste Gedicht

    Im Stammrestaurant zu F’hain & das fünfhundertachtundzwanzigste Gedicht

    (Über-)Kreuzreim? Paarreim? Weder noch?

    Friedrichshain in Berlin

    Ersma wollten alle herzieh’n
    Nu woll’n alle drüber herzieh’n …?
    Hab dein Toll-Sein dir verzieh’n
    Soll’n die ander’n sich verzieh’n!


  • Großbrand Schwabing & das fünfhundertsiebenundzwanzigste Gedicht

    Großbrand Schwabing & das fünfhundertsiebenundzwanzigste Gedicht

    Eine Woche später: Man riecht es noch, man sieht es nebenan und glaubt immer noch kaum, wie knapp man daran vorbeigeschrammt ist.

    Der Glimpfling

    Wie prall, wie hilflos eingepfercht
    Steckt in tumber Zentralgewalt patschig dein Leben!
    Und alles, was von irgend Wert
    Trennt nur noch ein Schrittchen vom „Hat’s mal gegeben –
    Ist längstens gewesen!“

    Wie willst du das lesen:
    Als Ende oder Neuanfang?
    Von solchem Punkt geht’s nirgends lang …!

    Doch das Schicksal verwöhnt dich mit Strickleitertricks –
    Und so gähne denn weiter vorm Rachen zum Nix!


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