Fotos in Thesen
Was die Sonne am Mittag so aussaugt an Farbe
Das spuckt sie zur Dämmerung fünfstellig aus
Dann steh‘n Fotografen mit hilfloser Habe
Knipsend, knicksend
Pixeltricksend
In stetig versagenden Abbildungsstaus
Frank Klötgen – Post Poetry Slam – immer frische Gedichte & Fotos
Seit 2016. Auf Globetrotter-Slam-Tour durch bislang 36 Länder auf 5 Kontinenten
Verse für die Phlegmatiker, denen man Wasser, Winter, Nacht, Baby- und Greisenalter zuordnet.
Die beschreibenden und erzählenden Gedichte.
Von der Naturlyrik bis zu allen Längenvarianten der Ballade.
Sollte Ihnen ein hier eingereihtes Gedicht eher den anderen Kategorien Erde, Luft oder Feuer entsprechen, bitte ich, mir eine Nachricht über www.hirnpoma.de zukommen zu lassen!

Fotos in Thesen
Was die Sonne am Mittag so aussaugt an Farbe
Das spuckt sie zur Dämmerung fünfstellig aus
Dann steh‘n Fotografen mit hilfloser Habe
Knipsend, knicksend
Pixeltricksend
In stetig versagenden Abbildungsstaus

Spaghettieis (Die Konstanten des Lebens)
Ein Teil deines Zaubers ist die Profanität
Wenn nach lustlosem Scannen der Eisbecherkarte
Vorm „Ach, das klingt auch lecker!“ klar wird: Zu spät!
Denn bevor ich auf eigne Entscheidungen warte
Heißt es: „Einmal Spaghettieis – ganz normal!“
Drei Sorten zur Auswahl – klar, weiß ich, egal!
Inmitten von hunderten Fruchtkreationen
Die sich schon allein ob des Obstwertes lohnen
Brütet kühl jener Standard ganz ohne Verkleidung
Und die Wahl, die auf ihn fällt, ist keine Entscheidung
Will: Dieses fädrig verwob’ne Vanillegekräusel
Unter erbeerversüßendem Saucenbehang
Und den weißschokoknackigen Fettzuckerstreusel!
Ein mit meiner Kindheit verknoteter Zwang
Und auf dem Grat zum Ewig Gerne
Genieß ich, dass die tief im Kerne
Eis geword’ne Sahne is
Schon von der Haptik Leckerbiss!
Doch ahn ich wohl, dass eines Tages
Sitz ich in ’nem Café und wag es
Am Standard vorbei etwas andres zu wählen
Fortan wird auch dort dann die Auswahl mich quälen

Auf Burgbesuch
Jenes stur bewahrte Früher war dereinst ja auch ein Jetzt
Um’s „Schaffe ich’s in diese Burg rein?“ hat man sich mal arg gefetzt
Dementsprechend eingemauert
Wurden Zeiten überdauert
Zwar trutzt die Feste immer noch
Doch killt die Distinktion ein Loch
Und alles Für- und Wieder-Erwägen über das Riskier’n von Qualen
Reduziert sich zu der Frage: „Willst du so viel Eintritt zahlen?“

Die Überzeugten
Voll Verhängnis bergen Schatten
Ohnehin verlor’nes Sein
Und es dringt die Flut der Ratten
Durch das Tor des Zornes ein
Satt umrülpst sie die Empfängnis
Schlingt die Brut in einem Rausch
Und ihr Wille wird Gefängnis
Zielgewissheit lenkt den Tausch
Längst rückt mit gezückter Sichel
Blutgeschwärzter Mondschein ein
Meuchelt Zweifel wie Gestichel
Später auch die Engelein

Isarbella
Isarbella – zig mal schnella
Als ein pupsnormaler Fluss
Wofür ich nun diesa Isar
Mal ein Lob aussprechen muss

Alte Liebespaare
Dass da keiner werde des Anderen Last
Das ist – einmal simpel zusammengefasst –
Eine nie zu erzielende Absicht
Doch die Liebe währt auch
In ’nem schwärenden Bauch
Der sich mit dem Alternden abbricht

Heil dir, Lau von Blaubeuren!
Grauschopf an Grauschopf
Schau’n in den Blautopf
In ferne Tiefen
Türkisblauen Schimmers
Wo sich eines Frauenzimmers
Schicksal einst entblueste
Und die grauen
Greise trauen
Leis‘ sich dies zu wünschen:
Gleichsam blau woll’n wir anlaufen
Eh sie uns zu Leichen taufen –
Nicht, weil wir entschliefen
Völlig außer Puste
Sondern voll mit Pünschen!

Riposte-Crossovergedicht zu Heinz Erhardts „Ein Naßhorn“ und „In der Traumstadt (Lächeln)“ von Peter Paul Althaus
Horn und Sporn
In der Traumstadt ist ein Nashorn stehengeblieben
Niemand weiß, wem es gehört
Und beim Versuch es fortzuschieben
Hat ein Polizist sich die Schulter gezerrt
Und das Nashorn weiß gar nicht, wie viel es gewogen
Bevor es nach Schwabing gekommen
Doch es hat hier, nachdem’s durch die Kneipen gezogen
Wohl deutlich noch zugenommen
Langsam stapft es nun von hinnen
Trotz der Masse: leicht verstört
Will als „Ansporn“ neu beginnen
Weil’s sich quasi gleich anhört

Den kommenden Veteranen
Das Siegreiche darf sich schon wieder verpissen
Zur Notiz noch die Anzahl der Leichen
Im Gilb ihrer Kopfhäute glitzern die Nissen
Bevor sie dann gleichsam erbleichen
Von einem Twen wird der bereits welke Triumph
Zu den alten Geschichten geschrieben
Der Jugend ist hierfür kein Griffel zu stumpf
Und sie drängt uns, sie dafür zu lieben

Industria
Alles war Räder und Tonnen an Eingriff
Im Walzen und Dampfen giganter
Ein gliedmaßenschluckend maschinender Siff
Ein ölverschmiert glänzender Panther
Verrußter Kessel Getösestaub
Bespuckte jede Ritze der Stadt
Den Schall durchröhrte Ressourcenraub
Doch der heutige Grundbesitz zuckt nur noch matt
Selbst die Ziegelsteinbrüstung aus wulstigem Dick
Wurde substituiert von ’nem zittrigen Klick
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