Frank Klötgen – Post Poetry Slam – immer frische Gedichte & Fotos

Seit 2016. Auf Globetrotter-Slam-Tour durch bislang 36 Länder auf 5 Kontinenten

Zugfahrt

Nun, ich bin ständig für Ewigkeiten in Zügen unterwegs. Viele Gedichte entstehen eigentlich erst dort. Manches Fotos unzweideutig auch. Diese sind hier eingeordnet.


  • Sekundenschlaf & das vierhundertsechsunddreißigste Gedicht

    Großhesseloher Seeufer

    Schlaf im Zug

    Es rinnt die verbindliche Mittagsschlafschwere
    Ins immergrüne Hirn hinein
    Ich taumle in Gedankenleere
    Unbeweglich wie ein Stein

    Für Sekunden, immer wieder
    Senken sich die Augenlider
    Und es blitzt ein anschleichleiser
    Kurzgeschluckter Appetizer
    Der sündig gefüllten Tresore von Schlaf
    Die sich halbzertrümmert von Nachholbedarf
    Doch erst später öffnen lassen
    Zum juchzgestöhnten „Essen fassen!“

    Ich trinke derweil einen brüsken Kaffee
    Und winke fürs Erste der Wohltat in spe


  • Bodenseenebel & das vierhundertdreiunddreißigste Gedicht

    Bodensee bei Bregenz

    Morgennebel

    Der See ist über die Ufer getreten
    Und lichtstrahlberaubt hört man flüchtiges Beten
    Der Anraineralten und andren Gestalten
    Die superheldsehnend die Fingerchen falten:

    „Ihr, die Ihr das Nichtzuvollbring’nde vollbringt
    Schier unüberwindbare Gegner bezwingt
    Ihr Verfechter und Rächer des Guten auf Erden –
    Mögt ihr uns nicht helfen, den See loszuwerden?“

    Doch all die Gebete zerwabern im Nebel
    Der dräuend über allem hängt
    Der See steckt bedrückend in all dem Geschwebel
    Das täglich auf die Ufer drängt

    Darunter fleh’n sterbende Seelen: „Mehr Licht!“
    Doch nichts dringt nach draußen, der Nebel hält dicht


  • Bodensee & das vierhundertsechzehnte Gedicht

    Bodensee bei Bregenz

    Gute-Nacht-Lied für alte Kinder

    Deine Stimmungsverwandten sind ausgewandert
    Und der Aufruf zum Wandel plakatiert jede Wand
    Trotz Verständnisnot hast du bald angebandelt
    Klagst: „Das Schicksal hat jeder mal selbst in der Hand!“

    Der Normalfall erstrahlt ob der neuen Gestaltung
    Scheint nach Abblendung fast ganz der Alte zu sein
    Dennoch lässt sich der Abtransport nirgends mehr halten
    Und irgendwer macht sich mit Allen gemein

    Nur du giltst im Kern solidarisch verdächtig
    Und ertappst dich am Abend verhaltensallein
    Du strampelst dich ab, summst dann stark übernächtigt:
    „Schlaf, mein alterndes Kindchen, schlaf ein!“


  • Auf der Durchfahrt & das vierhundertvierzehnte Gedicht

    Bild 2

    Solche Ortschaften

    Manche Ortschaften sind mir halt gar nicht verständlich
    Hier scheinen Visionen im Ansatz schon endlich
    Man kann dort nur im Garten steh’n
    Gemeinsam mit der Zeit vergeh’n

    Manche Ortschaften sind einfach gar nicht echt da
    Es ist alles vorhanden – doch nichts geht dir nah
    Der Carport bekrönt den Zenit aller Fragen
    Wo niemand gewinnen will, gibt’s nichts zu wagen
    Wo nichts in Bewegung ist, kann sich nichts wenden

    Auch du wirst vielleicht in solch Ortschaften enden


  • Auf der Durchreise & das zweihundertdreiundsiebzigste Gedicht

    Rheintal Zugstrecke

    Auf dem Weg nach/über Stuttgart. Jetzt nur Zwischenstopp, Sonntag bereits Tourstation.

    Die Heldenhaften

    Well, i stood grad
    Dort in Stuttgart
    Für den brüchigsten Bruchteil von einem Moment
    Von Umstieg und Zustieg zur Heimfahrt getrennt …

    Hinter mir im Bleibenswerten
    Treiben all die Umgekehrten
    Rütteln am Baugerüst meines Entschlusses …

    Jeder Waggon scheint ein Wagnis, man muss es
    Tun
    Nun
    Sitz ich im Zug
    Die Willenskraft war wieder saftig genug!

    Und schmeckt der Triumph meiner Tat auch recht schal
    (Es war ja nur Stuttgart!) – das ist mir egal …


  • Fensterplatz & das zweihunderteinundvierzigste Gedicht

    Österreich Bahnstrecke

    … und der Blick hinaus auf der Rückfahrt von Klagenfurt.

    Der Fensterplatz

    Es scheint auf manchen Zugfahrten gegen das Wesen
    Aufs Display zu schau’n oder Bücher zu lesen
    Selbst das nötige Nickerchen fällt wieder aus
    Die Landschaft nervt: „Kuckuck! Mensch, schau doch mal raus!“


  • Frühstück & das zweihundertdritte Gedicht

    Hopfenfelder

    Bevor der Tag beginnt, sitzt man manches Mal bereits im Zug. Und rauscht an Hopfen und Hoffnung vorbei.

    Spätes Frühstück

    Nun,

    Dem frühen Vogel mag
    Jeden Morgen, jeden Tag
    Etwas Wurmverwandtes langen

    Doch Nachtigall,
    Die Nacht war geil –
    Da brauche ich um anzufangen
    Vorneweg, direkt zum Start:

    Weck-Gebäck, das knusperzart
    Jäh verweht des Schlafes Schwere,
    Wenn ich’s beim Kaffee verzehre

    So legt auf die Gabel
    Derweil ich noch gähne
    Ein Starthilfekabel
    Für Ozeankähne
    Es werden dann, schon halbwegs klar
    Der Tag und ich ein spätes Paar


  • Lorelei & das dreiundneunzigste Gedicht

    Lorelei

    Auf der Rückfahrt von Koblenz, aus dem Zug heraus: die olle Lorelei.

    Romantischer Abzählvers (für Kinder ab vier Jahren)

    Lore, leih mir kurz dein Ohr
    Und ein Stück vom Ofenrohr
    Irgendwann läuft’s drauf hinaus
    Du gehörlos, Ofen aus


  • Leaving Davos & das einundfünfzigste Gedicht

    Davos Rhätische Bahn

    Was für ein Slam, was für ein Umfeld! Der vorerst letzte Davoser Slam hat gestern den fulminanten Abschluss für drei Tage Sonne, Ski und Schnee gebildet. Nun geht’s wieder heim. Für einen Tag.

    Wie jetzt hier – wie’s da war!?

    Wie’s so war da, in Davos …?
    Ich dacht‘: Ach, wat sachste bloß?
    „In Davos? Wie’s da so war?
    Allet so wie letztet Jahr!“


  • Schlaflos nach Seattle & das zwanzigste Gedicht

    Amtraktrain von Vancouver nach Seattle

    Früh genug: Der Amtraktrain von Vancouver nach Seattle. Die beschauliche Fahrt bietet aber gleichsam ausreichend Zeit, zehn Zeilen zum gegenwärtigen Zustand zu verfassen.

    Gähn!

    Ein ächzendes Gähnen, in die Halbnacht gejault
    Dann stups‘ ich bestimmt an den Kern meiner Glieder
    Der sperrt sich noch, bettschwer, protestierend, und faucht
    „Was, in aller Welt, willst denn du jetzt schon wieder?!“

    Doch unbeirrt zerr‘ ich in Tritt auf Schritt
    Den matten Wust an Körper mit

    Verschlafen straft mich mein Gesicht
    Und selbst der Kaffee schmeckt noch nicht
    So schlepp‘ ich mich zäh zur Moral des Gedichts:
    Da musse wohl durch, ej, et hilft ja nichts!


Die 254 Städte/Länder der Fotos (2016-2025)


Gedichte/Fotos ausgewählter Tourstationen:

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