Dutzendzeiler

Sudelfeld & das eintausendsiebenhundertzweiundsechzigste Gedicht

Im Sudelfeld unterm Wendelsteingipfel

Mit dem falschen Bein Aufstehen

Mir tut mein falsches Bein heut weh
Und ist auch gar nicht, wie ich seh,
Wie mir versprochen amputiert -
Man fragt sich "Was'n da passiert?
Wie kam denn wohl das abpe Bein
Zurück in meine Hüfte rein?"

Der Plan, mich beinfrei auszuruh'n,
Beginnt nun frech mir wehzutun.
Phantomschmerz als Gefahr war klar -
Doch nicht so einmal hier, mal da -
Das ist mir alles zu abstrakt:
Gleich morgen wird es abgehackt.

Aussichtsschemen & das eintausendsiebenhunderteinundsechzigste Gedicht

Ausblick von Neuhütte / Seeberg ins Ursprungstal gen österreichische Alpen

Der Hühnergott

Etwas so Wagloses Leben zu nennen,
Mag Euch zwar bedenkenswert sein -
Nur um so maßloser werd ich bekennen:
Solch Radius wär mir zu klein!

Ich muss dieses Restdasein etwas erleben
Und schließ keine weitren Verträge,
Gieß Lautstärke ein, eh wir Gläser erheben -
Ihr kontert mit Nervengesäge!

Und so etwas Wagloses Leben zu nennen,
Mögt ihr für erwägenswert halten -
Ich stampf ein Kawumms zwischen gackernde Hennen:
Für die Alten bleibt alles beim Alten!

Seebergsicht & das eintausendsiebenhundertsechsundfünfzigste Gedicht

Blick vom Seeberggipfel auf Wendelstein und Bayrischzell

Der Berg ruft

Ich ward, wenngleich als Eiliger,
Ein später Freund der Berghöh'n.
"Voll langweilig, was soll ich da?!",
Hör ich mich noch als Zwerg stöh'n.

Was rieseln so an Wort gewinnt,
Wenn Flor sich durch das Grünfrühl reckt
Und nebenan ein Quellchen rinnt,
War unbotmäßig unentdeckt!

Ein bisschen Farbe lernt man noch,
Scheint die Palette auch längst voll -
Man füllt ein schon verbürgtes Loch
Und weidet sich am späten Toll.

Iffeldorf & das eintausendsiebenhundertfünfundvierzigste Gedicht

Blick auf Iffeldorf vom Fohnsee

Holy Spirit Mobile Forces

Oh, durch diesen Krieg müssen die Geister uns lenken!
Denn die Siegchance der irdischen Leben
Offeriert doch zu viele plausible Bedenken
Gegen's Stöcke und Steine Erheben.

Wenn die Unsittlichkeit dieses Staats dich zerfrisst,
Komm zur Holy Spirit Mobile Armee,
Wo der Oberbefehlshaber ein Medium ist,
Stets auf Empfang gottgewollter Idee!

Ein Kommandoschrei reicht in die Sphären der Predigt:
Unser Glaube kann Berge versetzen!
Schon gewähren wir - montaner Deckung entledigt -
Den Regierungstrupps uns zu zerfetzen.

Entfaltung & das eintausendsiebenhundertsiebenunddreißigste Gedicht

Obstblüte in Moosach

Charisma

Rückt Charisma ers'ma auf Sendefrequenz,
Ist's um Augenwisch zünftig gescheh'n -
Die Metaphysik zaubert Megapräsenz
Und die Wirkmacht drängt Sehnen ins Seh'n!

Der schiere Moment schillert zeitenentrückt -
Von der Strahlkraft und Aura betört.
So lang die Magie der Verführung beglückt,
Wird des Zeitgeists Blabla überhört.

Wo sacht als Verdacht sich ein Geist offenbart,
Sprudelt süßsuggestiv ein Kanal,
Der dir all die Verwirrung des Irrens erspart -
Jeder Lebenswert ist Ritual.

Verwurzelt & das eintausendsiebenhundertdreiunddreißigste Gedicht

Wurzeln am Hang zum Isarufer

Kritischer Passagier

Ich geb zu, ich bin kein Freund von Flugzeugabstürzen!
Nun hab ich's zwar nie selbst probiert,
Aber Dingen, die derart ein Leben verkürzen,
Begegne ich prinzipiell sehr reserviert!

Schon allein das Geschrei, wenn die Nase sich senkt!
Da soll mir doch keiner behaupten,
Dass irgendwer dann "Boah, isch lieb das voll!" denkt
Von den bald ihres Lebens Beraubten!

Für mich ist das nichts - ich find, Flugzeugabstürze
Sind dämliche, neumodisch-haltlose Fürze!

Da soll niemand entgegnen, mir fehle der Mut -
Ich find diesen Hype schon als solchen nicht gut!

Eshu & das eintausendsiebenhundertzweiunddreißigste Gedicht

Eshu Statue im Museum Fünf Kontinente

A Prayer to Eshu

Oh Eshu, treuer Gott der Schelme,
Es häufen sich Gründe für Interventionen!
Die Spießer tragen wieder Helme,
Die Scheinheiligkeit fragt nach scharfen Patronen.

Man rüstet sich mit klaren Bildern,
Hat den Widerspruch eindeutig kanalisiert -
Dies eitle Wissen zu durchwildern
Scheint erlösend, da Einwandsnot langsam pressiert!

Ach Eshu, setze deine Fragen,
Bügle grautönend Wahrheit in Koexistenz,
Polter Zwang aus frisch zu wagen
Und dräng Engstirnigkeit in die Weite, sonst brennt's!

Ruhpoldinger Kätzchen & das eintausendsiebenhundertachtzehnte Gedicht

Frühlingserwachen in Ruhpolding

Frühlingstöne

Es stülpt sich aus der Starre
Ein beplüschter Gruß hervor,
Zupft an der F-Gitarre,
Spitzt das zart gescheckte Ohr,

„Akkorde, Akkorde!“, fordern da Chöre,
Ihr Echo frohlockt prickelnd: „Sekt, Sekt, Sekt!“,
Es bersten vor Fülle die Bäuche der Störe
Und stracks wird die Tanzwut der Pollen geweckt.

Alles bugwellt ein Leben,
Das sich wiedererhellt -
Mit symphonischem Beben
Enthüllt sich die Welt.

Steigblick & das eintausendsiebenhundertdreizehnte Gedicht

Mittenwald Höhensteigblick

Das Bergdorf (Rückkehr der Kafire)

Sehnsuchtslang senkt sich mein Blick
In das leere Tal -
Ach, Kafire, kehrt zurück,
Segnet unser Mahl
In der verödenden Eintönigkeit!

Dies Dorf durchdröhnt eine Kleingeistigkeit:

Daseinsstumpf stirbt jedes Fest,
Schönheit wird verhöhnt -
Ach, dass ihr mit diesem Nest
Wieder euch versöhnt,
Bin ich von Gott zu erfleh‘n noch bereit.

Wiederersteh‘, Dorf, in Ungläubigkeit!

Isarflößer & das eintausendsiebenhundertzwölfte Gedicht

Mittenwald Flößerstatue

Wider Ornamente

Zu Ich!-ig, zu masse-lig
Sicherlich muss man sich
Nicht entscheiden
Für eines von beiden.

Doch öfter als gelegentlich
Kann ich beides gleich nicht-leiden.

Bald erscheint es mir, ich hasse
Jedes Ornament der Masse,
Drauf bespicke ich mit Tadeln
Sich im Chic des Selbsts zu adeln.

Doch von beiden sich zu trennen,
Kann ich als ein Ziel erkennen.

Seiten

RSS - Dutzendzeiler abonnieren