Dutzendzeiler

Im Jagen 86 & das eintausendeinundzwanzigste Gedicht

Sandgrube Jagen 86 Grundewald

Schon hat sich etwas Kühle in

Schon hat sich etwas Kühle in
Den Sommerwind gelegt

Dem trotzt wie ich mich fühle - bin
Von Hoffnung untentwegt

Doch was sich da verschoben, es
Dringt niemals so zurück

Und unbemerkt verwoben, nes-
Telt Irrtum um mein Glück

So lasse ich auch gehen, was
Zu halten ich vermocht

Es ist das Neuentstehen das,
Wofür ich immer focht

Straßenfest & das eintausendfünfzehnte Gedicht

Straßenfest Georgenstraße

Zum Geburtstag

Schon xx Jahre kein Gestorb'ner geworden,
Vom Frust verdorben, an der Brust keene Orden -
So wird's dich wirklos weiter geben!

Schon xx Jahre als "Geschafft!" Abzuhaken,
Erspart jeden Kraftakt zum Wiedererstarken!
Man treibt in weit're Zeit zu leben ...

Schon xx Jahre als Vergangenes feiern,
Das Sang- wie Belanglose lohnreich zu leiern -
Kann nicht jedes Schicksal enttrüben!

Schon xx Jahre in die Umlaufbahn schießen,
Um auch ein paar Stufen hinauf zu genießen -
Das solltest du fortan mal üben!

- Mehr Gedichte für Geburtstage und Hochzeiten -

Madagaskar revisited & das neunhundertneunundachtzigste Gedicht

Madagaskar Chamäleon

Für Verbliebene

Dein Grab ist längst schon eingeebnet
Doch das Loch meines Kosmos' nicht zu
Ich spüre sein Gähnen noch hinter der Rückwand
Von nicht zu verrückenden Schränken
Und manchmal, da frage ich mehr dich als mich: "Wie-
So ist der Gewürzstreuer leer?"

So lang ist das alles schon her ...
Und manchmal, da frage ich mehr mich als die, die
Grad parallel deiner gedenken:
"Verzeihst du ein wenig, wie ich noch zum Glück fand?"
Viel zu friedvoll und ruhig raunst du:
"Mein Grab ist längst schon eingeebnet!"

Vancouver revisited & das neunhundertfünfundachtzigste Gedicht

Vancouver Panorama

Brüste

Der zarte Schwung nebulös zielforschen Willens
Formt die rosig ins Licht stier'nde Jungfrauenbrust

Noch zärtelt die Trainingselevin des Stillens
Mit der allseitig plump auf sie strömenden Lust

Doch Säuglingsdurst wird nach den Sprösslingen schnappen
In den Zwangsruhepausen des Liebhaberwahns

Und Irdisches fängt sich im schmutzscheuen Wappen
Und versprengt die Zerbrechlichkeit des Porzellans

Schon maßt's mich an, hier einzugreifen
Als Ranger für das, was des Schutzes bedarf

Nur bin ich für Gerechtigkeiten
Auf all die Zerstörung ja selbst viel zu scharf

Abu Dhabi revisited & das neunhundertachtzigste Gedicht

Abu Dhabi Stadtstrand

Der Entertainer

Du starbst nach 'nem Auftritt, im Billighotel
Gekrümmt auf 'ner toten Matratze
Die fremde Umgebung verzeichnete grell
Den finalen Versuch einer Fratze

Du starbst nach 'nem Auftritt, im Billighotel
In allem zu fern von Zuhause
Die Show war vom Ansatz hoch professionell
Und du hieltst das Niveau bis zur Pause

Du starbst nach 'nem Auftritt, im Billighotel
Neues Publikum starrt durch die Tür
Es musste so kommen, doch kam's dann sehr schnell
Und im Raum steht die Frage "Wofür?"

Hawaii revisited & das neunhundertsiebenundsiebzigste Gedicht

Maui - Black Beach at the Road to Hana

Nach dem Abbau (und Gründe zu grinsen)

Wir kamen nicht nur viel zu spät zu dem Fest
Wir waren noch nicht einmal da
Uns tarnte die eigne Präsenz nur zum Test
Wie alles, was löschenswert war

Die Einladung quillt wie kopiert durchs Revers
Ich könnt ihre Anzahl nicht schätzen
Du nimmst, sag ich mir, einfach alles zu schwer!
Doch vieles scheint leicht zu ersetzen

Wir sehn uns - nach allem - noch immer im Recht
Und errechneten schon unsre Zinsen
Wir hielten die Haltung in diesem Geflecht
Wir bunkerten Gründe zu grinsen

Kazile Island Lodge & das neunhundertfünfzigste Gedicht

Kazile Island Lodge am Kwando

Tented Camping

Wo der Strom fehlt, gibt es die meisten Geräusche -
Pfeift ein nächtlicher Vogel, ist's ein Frosch? Nun, ich täusche
Mich gern hinein ins Unbedarftsein,
Werd' mir Deutungen von der Exotik entleih'n:
Dort schnauft grad ein Hippo, dort heult die Hyäne,
Dort raschelt des Löwen vergoldete Mähne,
Verstummt im Schrei ein Beutetier ...

So deute ich das Dunkel mir
Und dämm're in dies Hörspiel hin,
Bis dass ich zugehörig bin.

Am Morgen lässt Generatorenbrummen
Alle Verbundenheit wieder verstummen.

KÜStenKArneval & das neunhundertsiebenundvierzigste Gedicht

Flug nach Swakopmund

Nach der Unabhängigkeit

Ich steh' an einer Plüschbar
Vom Skakopmunder Küska
Am Rande des Verstands

Hier, wo sich alte Zeiten
Ein kleines Jetzt bereiten
Im Schoß verlor'nen Lands

Das, was aus alten Bauten
Die Einstigen beschauten
Ruft scheu noch sein Helau

Ein Stückchen Nordseebade
Im Glück der Maskerade ...

Entplüscht es nicht zu rau!

Strauß & das neunhunderteinundvierzigste Gedicht

Vogelstrauß an der Ausers Lodge

Vogelstrauß

Natürlich fliegt der Vogelstrauß
Und sieht dabei viel nobler aus
Als Biologen ahnen

Doch zieht er bislang unentdeckt
Und wissenschaftlich inkorrekt
Am Himmel seine Bahnen

Wenn er die Stummelflügel weitet
Und lügnerisch durchs Umland gleitet
Zerrüttet er als "wenig klug"
Das Wissen übern Vogelflug

Und weil das auch die Lehre checkt
Bleibt solche Flugkunst unentdeckt

Berliner Sommer & das neunhundertzweiundzwanzigste Gedicht

Berliner Sommer am S-Bahnhof Landsberger Allee

Berlin kann kein Sommer

Berlin ist im Sommer immer so hilflos
Und sieht dabei oft scheiße aus
Stolziert dann umher wie'n williger MILFschoß
Und pfeift sich selbst nach: "Heiße Maus!"

Hier dörrt jeder Grashalm 'n Spürchen zu schnell
Und verkleidet sich manch Mensch zu mutig
Hier staubt hohle Wärme 'n wenig zu grell
Ist das Grillgut ein bisschen zu blutig

Bei brüllendster Hitze wird romantisiert:
Diese Stadt macht aus uns Sukkulenten!

Berlin kann kein Sommer - dein Touristguide irrt
Diesen Kram glaub'n hier nur die Studenten

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