Achtzeiler

Neuschwanstein? & das eintausendneunhundertachtundneunzigste Gedicht

Der Archiconvent der Templer in München

Reisevorbereitungen 1: Das Körperpacken

Beim Beinhalten sei mir mein Koffer ein Fuß.

Der Arme erbarmt sich zum hoffenden Gruß
An großkopfertpropfenden Reinstopfinhalt -
Als Krüppel entrückt alle Koffergestalt.

Mit Wut und Blutdruck zugeklappt,
Verkörpert er die pure Pein.
Hat erst das Schlosswort zugeschnappt,
Beknie ich schon das zweite Bein.

Doppelgänger & das eintausendneunhundertsiebenundneunzigste Gedicht

Schwan am Isarufer

Potential am Ententeich

Wenn Schwäne mit Tränen in den Augen
An durchgeweichten Brötchen saugen
Zum Hungersoundtrack ihrer Küken
Und du entgegnest kühl "Nun, büken
Die Viecher gefälligst selber ihr Brot,
Dann wäre ihr Wurf auch nicht morgen schon tot!",
Schwärmt Härte über Teig und Teich.

Vielleicht wirst du mal sehr, sehr reich.

Wintersonne & das eintausendneunhundertsechsundachtzigste Gedicht

Winterlicher Sonnenuntergang am Tegernsee

Winterliches Ausfälligwerden

Diese Kälte ist wie ein Verbrechen
Und lügt mir eisglatt ins Gesicht.
Der Frost lässt für jeden Spaß blechen
Und überall mangelt's an Licht.

Du salbaderst, solch Prüfung sei alldieweil nötig,
Den Frühling gebührend willkommen zu heißen?!
Noch so'n frommen Spruch, Arsch, und ich töt dich,
Ich kack dir den Mund zu, du Pisser - geh scheißen!

Neptun & das eintausendneunhunderteinundachtzigste Gedicht

Neptunbrunnen im alten Botanischen Garten

Raumzeitfäule

Ich bin zurzeit so lebensklein,
Muss dauernd ohne Input sein,
Hab Ewigkeiten Platz, doch nein,
Da tritt nie was zur Türe ein!
Und flächig weit spannt sich die Zeit
Um klitzekleinste Nichtigkeit,
Von überall macht nichts sich breit -
Wenn das mich stirbt, ich wär so weit!

Totenkopfäffchen & das eintausendneunhundertsiebenundsiebzigste Gedicht

Totenkopfäffchen im Affenhaus im Zoo Berlin

Und noch ein schnelles Gedicht für das Programm der Lach- & Schießgesellschaft, das heute bei der Aufzeichnung Premiere feiert:

Zusammenhalt der Gesellschaft

Focus Locus Reisebus:
Es ist purer Hochgenuss
Was in ihm uns widerfährt -
Sei's drum, dass er nie mehr fährt!
Wenn uns etwas nicht gefällt,
Trägt Schuld daran die Außenwelt.
Wir seh'n die Drinn'n-und-Draußen-Spaltung
Als Hauptgewinn der Stau-Erhaltung.

Hyazinth-Ara & das eintausendneunhundertsiebzigste Gedicht

Blaupapagei in der "Welt der Vögel"-Vogelhaus im Zoo Berlin

Die märtyrische Lücke

Dass du unverwundet aus all'dem entkamst -
Dafür muss ich dir jetzt eine scheuern!

Ja, dass du im Stillen an Schmerzen verarmst -
Das magst du gern weiter beteuern,

Nur ein Leiden aus zweiter Hand ist nicht real -
Auch wenn das deine Talkshows befeuern!

Du littst keine Marter, doch bunkerst den Pfahl -
Um die Ferienhaus-Porch zu erneuern.

Bienenfresser & das eintausendneunhundertachtundsechzigste Gedicht

Bienenfresser in der "Welt der Vögel"-Vogelhaus im Zoo Berlin

Der Minnesang

Es ist ja grad die Hohe Minne
Im Tiefen zu erspür'nden Sinne
Ohne Maß.

Das immergleiche Leid als Suhlgrund
Empfand man einst als megacool und
Man blieb dem Trip der Agonie fromm,
Dem Liebesrausch, obschon man nie vom
Mohne aß.

Sonnenuntergang & das eintausendneunhundertfünfundsechzigste Gedicht

Sonnenuntergang über Marrakesch

Letztes Reisen

Wohin wir nun nicht mehr gelangen,
Soll'n Träume uns hinlenken!
Wir sind zwar im Alter gefangen,
Doch unangeleint streunt das Denken
Durch längst zu hohe Niederungen
Und apportiert in seinen Pfoten,
Was uns das Leben nicht geboten
Wie gültige Erinnerungen.

Wanderer & das eintausendneunhundertvierundsechzigste Gedicht

In der Steinwüste bei Erg Chebbi

Lavendelfeld

Nenn dir eine Farbe, riskiere,
Dich vollends in ihr zu verlieren,
Brüll alles raus und randaliere -
Unendlichkeit wird es kaschieren!

Für diesen einen, deinen Platz
Zahlst du mit Einsamkeit -
Doch strahlst hervor mit jedem Satz!
Der Markt bestimmt, wie weit.

Fischplatte & das eintausendneunhundertdreiundsechzigste Gedicht

Fischstand in der Medina von Essaouira

Als Humorist

Die Möglichkeit des Tanzes
Drückt mich massig ins Polster auf meinem Balkon.
Hass ich nicht die Welt - so als Großes und Ganzes
Und dichte zu selten davon?

Ich will mich an bitterer Süße erregen,
Dazu auch ein bisschen die Füße bewegen:
Taptap - Tadapp, Tadapp - Tap, Tap ... -
Schon fällt etwas Wahrheit vom Himmel hinab.

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