Lido di Jesolo & das eintausenddreihundertfünfundachtzigste Gedicht

Lido di Jesolo Mainstreet

Zu Gast in der Off-Season

Der Urlaub hat jetzt Ferien
Und niemand kommt hier her.
Die zieh'n auf Netflix Serien
Und nix zieht wen ans Meer.

Der Nachtportier gießt jeden Sonntag die Pflanzen
Und neigt dazu sich selbst im Spiegel zu grüßen.
Es gibt so viel Raum aus der Reihe zu tanzen
Und bis vor April wird man nicht dafür büßen.

Die Vorhänge schreien: Wir haben geschlossen!
Der Flair vom Entree übt das Barrikadieren,
Besuchende werden mit Argwohn beschossen -
Hier will vor April nichts und niemand passieren!

So säumen den Ort, wo sonst Hunderte wohnen,
Paläste von düsteren Schlüsselpatronen,
Denen Nachsaisonkühle die Flure bereinigt,
Bis dass kein Gebrunst mehr die Einsamkeit peinigt,
Für die - insgeheim - diese Straßen geschaffen
Als der Welt letztes WLAN-Netz-Schutzreservat,

Das in dem Moment Parasiten begaffen
Zur Planung von Kaper- und Brandschatzerfahrt
Auf Buchungsportalen und in Katalogen,
Weil man zur Erholung sich einnisten will.

Derweil sind wir zwei durch die Gassen gezogen
Und war'n im Gealber so unglaublich still.