Politik

Gedichte mit politischem Hintergrund oder entsprechender Attitüde.

Parque Central & das vierhundertfünfundfünfzigste Gedicht

San José Parque Central

Die Distinguierten

Wir schlendern umher wie durch sichere Zeiten
Als würd die Verlässlichkeit niemals gestutzt
Wir geben uns achtlos, wir schreiten und gleiten
Und selbst die Galoschen sind immer geputzt

Polizei und auch Policen
Blieben immer ungenutzt
Wir, die wir uns sorglos hießen
Haben jeder Angst getrutzt

Was für uns gegolten
Gilt schon längst nicht mehr
Unreinheit und Wolken
Reimen immer näh'r

Narrenhände
Schreiben schon
Unser Ende
In ihr Droh'n

Keiner
Sah
Die Ge-
Fahr

Wir schlendern umher wie durch sichere Zeiten
Als würd die Verlässlichkeit niemals gestutzt
Wir geben uns achtlos, wir schreiten und gleiten
Und selbst die Galoschen sind immer geputzt

Bahnhof Göttingen & das vierhundertachtunddreißigste Gedicht

Göttingen

Der erste Winter

Wer im Schnee die Meisen tötet
Wird es schwerlich spurlos tun
Jeder Schlachtplatz warnt errötet
Dass die Mörder niemals ruh'n

Schlucken erst die Sonnenblenden
Still und stetig das Verenden
Wird man jeder Wahl verwaisen
Im Jahrhundert ohne Meisen

Braunschweig & das dreihundertneunundneunzigste Gedicht

Braunschweig Innenstadt in grau

Vor Wolfsburg

Nun, dass das Braune einmal schweigt
Bin ich zu hoffen zwar geneigt
Doch, Ach und Krach, mir fehlt der Glaube
Weil stets die Eleganz verstummt
Wird das Aparte eingedummt
Zum Gären in der Menschentraube

Vom schnellen Urteil eingezäunt
Sind manche Rücken eingebräunt
Von denen, die im Rudel warnen
Im Grunde ist ja schon bekannt
Dass alle Hunde artverwandt
Dies gilt bereits auch vor dem Zahnen

Brennholz & das dreihundertvierzigste Gedicht

Wasserfall am Ufer des Tsiribihina River

Für zweieinhalb Tage auf dem Tsiribihina. Ohne WC und Dusche, aber mit solch passablen Alternativen. Drumherum ist das Land dagegen oft gerodet - und verheizt.

Holzkohle

Hier wär soviel Nistplatz für ein Paradies
Sofern man der Zeit etwas Atemraum ließ

Das Lied der Deutschen & das dreihundertfünfzehnte Gedicht

Lange Anna Helgoland

Anlässlich des 175sten Geburtstags des Liedtextes - entstanden auf Helgoland - habe ich alle Worte der für die Deutschlandhymne gestrichenen ersten zwei Strophen neu arrangiert. Wurden schließlich auch bezahlt und sollten nicht unnütz verkümmern.

Lied der Deutschen, Strophe 1-2, re-arranged

1) Der treue Deutsche hält die Maas von Wein - und be(l)lt:
Unser Frauen sollen stets ihren Alten begeistern - über den schönen Biss!
Von Deutscher an Deutsche zum Deutscher über Deutsche
Deutscher in Deutsche!
Lang' alles an, alles - bis der Frauen Memel übertrutze!
Und es zusammen KlangSangSang ...

2) Alles wein': "Der Leben behalten!"
Uns brüderlich: "In Deutschland!" - edler Tat!
Und alles Welt in Deutschland ...
Der Treue über - deutscher Schutz!
Wenn der ganzes Welt Deutschland:
Deutschland zu - Etsch, Welt!

Leipzig Mitte & das zweihundertdreiundachtzigste Gedicht

Bahnhof Leipzig Mitte

Bahnhof Leipzig Mitte. Tief gesunken, groß geraten.

Genug

Heikle Schnitte durch die Kehle
Vorlaufdritte, Ukulele
Angepisste Islamisten
Schleimhautzyste, Popos fisten
Kopftuchnot der Rechtsmuslima
Pokemon und Konfi-Beamer
Infernal und Staatsgewalten
Alle mal die Fresse halten!

Krypta & das zweihundertachtzigste Gedicht

Totenwächter im Völkerschlachtdenkmal

Totenwächter im Völkerschlachtdenkmal.

Anteil

Wenn schon Blues, sag, wessen Tränen
Woll'n wir in den News erwähnen?

Stuttgarter Kickers & das zweihundertsiebenundsiebzigste Gedicht

Stuttgarter Kickers GAZI-Stadion

Nach dem Wald ins Stadion. Ich reiche dazu ein dem Rahmen gemäßes Herrengedicht.

Verständnis, Miss!

Du forderst "Gleichberechtigung!"
Und scheinst dabei etwas gehetzt
Dreht sich doch die Welt mit geordertem Schwung
Du sagtest ja Gleich und nicht Jetzt

Leipziger Buchmesse & das hundertste Gedicht

Leipziger Buchmesse

Jubiläum. 100 Gedichte. Mit Gruß von der Leipziger Buchmesse. Und weil ich nie so recht weiß, was ich dort machen soll, kein Leipziger Gedicht, sondern Teil 2 der Oscar-Balladen. Ebenfalls - wie Black Swan im Teil 1, Gedicht 85 - aus der Unterrubrik "Weibliche Hauptrolle":

Margaret Thatcher (Die eiserne Lady, Meryl Streep)

Misses Thatcher wird unerlaubt Milch kaufen gehen
Das von ihr stramm gestaltete Königreich sehen
Wie's sich ohne Respekt vor die Boss-Lady drängelt
Die resignativ weder aufbraust noch quengelt
Sondern altersmild - weil schon bedeutungslos - aufweicht
Und erkennt, dass am Ende ihr Ehrgeiz nicht ausreicht

Denn wer nur stur den eignen Weg geht
Wird am Ziel alleine sein
Niemand kann, da sich die Welt dreht
Wirklich ewig Sieger sein

"Mom, du kannst nicht mehr allein hinaus!
Das war doch längst so abgemacht?"
Der Taumel der Erinn'rungsstaus
Hat den Rest ihrer Welt durcheinander gebracht
Sie reißt sich zusammen, "shall we dance?" fragt ihr Mann
Und dann reist sie zu Stätten, wo all dies begann

Schier unbeschämt trug sie das Joch der
Provinziellen Krämerstochter
Und stampft die vor Kampfeslust brennenden Zähne
In die träge, morastige Männerdomäne
Der törichten Tories Parteipolitik
Die ihr wackeres Gretchen viel zu lange belächelt
Als ein Dienstmädchen, das sich im Tonfall verstieg
Dessen Bärbeißigkeit bald geschlechtsbedingt schwächelt

Doch Miss Thatcher wird zielstrebig Milch kaufen gehen
Sich des Parlaiments Houses von innen besehen
Sie ministriert vom Frau'ngebiet
Sich schnurstracks in die Downing Street
Und überstrahlt im blauen Kleid
Der grauen Herren Herrlichkeit
Mit stählern onduliertem Haar
Die Perlen - nicht verhandelbar!

Als ein handtaschentätschelndes Teatime-Klischee
Steht sie unumstößlich zu dem, was sie will
All das Tantige ist nur ein Grantig-in-spe
Da ihr hastiges Stimmchen, so schneidend wie schrill
Tönt sich jäh in die Höh bis zum Absprung vorm Kreischen
Um den letzten Cretin das Gehör zu zerfleischen

Denn irgendwer muss das Unsagbare sagen
Und wer nicht rentabel ist, soll auch nicht klagen
Sondern arschtrittbewegt seinen Lebenslauf würzen
Misses Thatcher wird drastisch die Milchration kürzen
Und mit provokantem Prinzipismus
Zügelt sie vom hohen Rosse
Den Malocher-Chauvinismus
Alternder Gewerkschaftsbosse
"Nennt mich, ihr Brüder, bittesehr
Ruhig Bitch of England - i don't care
Werd' mit cooler Mine eure Coalminen schließen
All das Labour-Gelaber soll mich nicht verdrießen!"
Selbst in Bürgerkriegsnähe bleibt Maggie dabei
Dass die Medizin bitter, doch notwendig sei

Auch kein Zornstreich der IRA kann sie so treffen
Nicht bereits aus den Trümmern die Losung zu kläffen:
"Wir werden den Schurken um keinen Zoll weichen!"
Kurz Flaggen auf Halbmast - das soll dann auch reichen
Denn dass jeglich Unrecht ungerächt bleibt
"Das ist, wo uns Schwäche hintreibt!"
Schon zimmert sie Vergeltungsschläge
Zum Geschnurr der Sargholzsäge
Und, ja, niemand wird die Falklandinseln
Je von Englands Falkplan pinseln
Alles bleibt britisch und zermürbt stoppt der Streik
Und Mag kassiert ein Doppel-Like

Doch wer immer nur stur den eignen Weg geht
Wird am Ziel alleine sein
Niemand kann, da sich die Welt dreht
Scheinbar ewig Sieger sein

Zwischen Oxford-Stress und Ochsentour
Kann den Kreis ihrer Lieben sie nur halbwegs umrunden
Den Mann, die Kinder sieht sie nur
In den nicht an den Ehrgeiz verfütterten Stunden

Also, Maggie, shall we dance?
Sprich dein Mantra, letzte Chance!
Es wird einsam um dich und um deine Prinzipien
Das Verständnis wendet sich ab von dir
Doch du setzt auf Konfrontation statt "Vergib ihn'n!"
Kompromisslosigkeit als privates Plaisier
Du wirst nicht gewinnen, Mag, diesmal nicht
Die Triumphe verrinnen, auf die du erpicht
Werden grau mit der Zeit und umarmt vom Vergessen
Trotz der Standhaftigkeit, auf die du so versessen

Wer kennt in einst loyaler Runde
Noch das Wörtchen "obstinat"?
Die Opportunen plan'n im Grunde
Lange schon den Hochverrat
Du kannst weiter dem Pöbel die Milch vorenthalten
Und als sinkendes Schiff deinen Standpunkt verwalten
Bloss im großen Britanien ist für sowas kein Platz mehr
Und ein Rücktritt erspart dir noch größere Patzer

Du lehrtest ein Heer dich zu fürchten und hassen
Nun hat selbst dein Dennis dich letztlich verlassen
"Du kannst doch nicht ohne Schuhe geh'n!?"
Dein Protest kommt zu spät, es ist längst schon gescheh'n

Irgendwann verwebt sich die Welt in das Gestern
Nivelliert sich jed Aufruhr in ebene Flächen
Wo brühwarm und ungesühnt Schwächlinge lästern
Und Eisen sich windet im mählichen Brechen

Gardinengedämpft irrt ein Blick durch die Welt
Mit 'ner Ahnung vom Draußen, die Miss Thatcher missfällt
Diese Sturheit - von keinem Arzt niederzuringen
Und zu Unbeugsamkeit will sie sich wieder zwingen

Misses Thatcher wird unbeirrt Milch kaufen gehen
Die Welt, sie mag sich weiter drehen
Und trägt hart am Gepäck ihrer ruhmreichen Taten
Lässt auch deren Sinn sich nun kaum mehr erraten
Ein aalglatter Brutus tritt statt ihrer ans Steuer
Und die Milch scheint wie jedes Jahr doppelt so teuer

Schwabach & das dreiundachtzigste Gedicht

- 10.03.16 Schwabach, Poetry Slam, Jungegger’s

Bislang definitiv meine Lieblings-Überschrift der Tour. In der Slam-Ankündigung hieß es: Chicago - Paris - Schwabach. So sieht es aus. Das steckt drin:

A.B.A.C.

Im City-Center Schwabachs steht
Ein "All Bastards Are Cops"

Vom "Schw..." verbrämt zwar wirkt der Trick
Der schnöden Polizeikritik
So wie der Standard - nur verdreht

Nun doch ein tarnentlutschter Drops

Seiten

RSS - Politik abonnieren