Das Verb verandern sollte unbedingt Eingang in den Wortschatz finden. Für die Tätigkeit massiven Dichtens in einer dieses Tun unterstützenden Balkonumgebung. Muss in diesem Jahr für 366 Gedichte sorgen. Und in jedem zehnten Ei(ntrag) soll ein Langgedicht stecken. Hier also das erste:
Das Lahmen
Herr: Es ist Zeit
Den Ausdruck zu stoppen
Den Toner zu sparen
Und schnell zu zerknüllen
Was mir die Top Twenty der Slam-Poems waren
Und den Pfuhl jener Suhlgrube mit zu verfüllen
Wo glücklich wie duldsam ein Nulpenschwarm gammelt
Und sich drückend der Schulkinderschweißgeruch sammelt
Wo türsteherlos die Beliebigkeit sintert
Und ein Sommerversprechen seit Jahr'n überwintert
Längst gelähmt in Gebärden mit Mundgeruch
Deren zärtliches Werden scheint doch Grund genug
Für den Traum von Durchlüftung des ruhenden Geistes
Du als stets in Entschlossenheit Flüchtender weißt es:
Da sind viel zu viel Tiere im selben Gehege
Ist Wille, ist Wille und doch keine Wege
Ist man ständig auf Flucht vor den prüfenden Blicken
Weil es weiters misslingt, Dinge weiter zu stricken
Eh nun Nachgiebigkeit zu Verlorenheit führt
Dich die Kraftlosigkeit junger Muskeln berührt
Die mit Till-Schweiger-Kampfgeist Folklore betreiben
Oder Mainstreamsud-seiernde Heilssprüche schreiben
Und du duldungsstarr einwirfst, das bessere sich
Solltest du besser fragen: Was zählt das für mich?
Freundchen, öffne die Tür - denn im Haus riecht's nach Abschied
Und man kommt nicht umhin, hier pathetisch zu werden
Befindlichkeitsnähe, von der ich stets abriet
Doch hier kann nur noch Demut den Höhenflug erden
Erst in Paradiesnähe, dann raubtierumschlichen
Scheint weitere Aussicht Applauspflicht gewichen
Von der Zukunft, die wir einstmals hatten
Wurde viel zu viel schon ohne Wirkung verbraucht
Wer soll dir denn je deinen Eifer erstatten
Der all deine Werke wie Schimmel behaucht?
Kein Platz besser als hier, nur: Du musst hier jetzt weg!
Auch ein Aufbruch ins Nirgends erfüllt seinen Zweck
Stimm jetzt nicht deine schwülstigen Kampflieder an
Mit dem magenleidigen Rülpssopran
Von Inbrunst und Wortkunst und Prostatafrust
Von zu dünner Kost, Glutamat und Verlust
Dein krähenfußgerahmter Blick
Lässt das Rascheln naher Funktionskleidung ahnen
Dich prägt jetzt das Schicksal und nicht mehr der Chic
Zu altbacken klingst du beim zähen Ermahnen
Der Onlinebestellungsretourennomaden
Auf Konsensgewissheit verheißenden Pfaden
Die strategisch naiv das Verwirrende meistern
Und einander sich halbgar fürs "voll klar!" begeistern
Du preist den Genuss, mit dem du dich geprügelt
Den prickelnden Schmerz wundgeschlagener Knöchel
Doch auch deine Kampfwut ward unlängst gezügelt
Erspar deiner Nachwelt das Vorspielgeröchel
Was immer jetzt klemmt, wird sich auch wieder regen
Die Welt wird wie immer von selbst sich bewegen
Nur altgedient hat ausgedient
Und was du da hegst, wird nie wieder begrient
Im Haus riecht's nach Abschied, also öffne die Tür
Kein Platz besser als hier, doch du kannst hier nicht bleiben
Wer sich hier verrammelt, muss wissen, wofür
Den Mietvertrag jedes Jahr neu unterschreiben
Wen immer du suchst - er wohnt längst nicht mehr hier
Und das liegt ausschließlich, mein Lieber, an dir!