Alter, Tod & Abschied

Gedichte über das Älterwerden, den Lebensabend, Krankheiten. Und den Tod.

Votivschiff & das zweitausendeinhundertfünfundvierzigste Gedicht

Votivschiff in der Kirche St. Michael in Finström

Körpercoda

Es gurgelt das Bild meiner Körperverfassung
Durchs abflussverwachsene Loch.
Schon ächzt meine einstige Stolz-Niederlassung,
Geklammert ans hilflose Noch.

Es zeitigt sich ein auf ein Selbst im Verschwinden,
Die Freude spannt Gedächtnis ein,
Verdonnert zum fortan gewinnlosem Winden -
So schmerzhaft groß, so schmerzhaft klein.

Kastenmühlwehr & das zweitausendeinhundertsechsundzwanzigste Gedicht

Das Kastenmühlwehr in Wolfratshausen

Staustufen der Zerrüttung

Da oftmals ein Notfalls ein Mögliches wahrt
(und mag es auch dessen Notiz nicht erhoffen!),
Fühl ich mich noch immer nicht ganz offenbart
Und lediglich schwer anstatt tödlich getroffen.

Sendestation & das zweitausendeinhundertzweite Gedicht

Bratislava Radiostationsgebäude (Budova Slovenského rozhlasu)

Weg Gefährten

Da du so viel an Abstand schufst,
Entschwandest du auch mir.
Dass du nach uns wie weiland rufst,
Ist postsoziale Zier.

Wir werden nie einander fremd,
Doch trennen uns jetzt Welten -
Was junge Schönheit nicht mehr stemmt.
Ob mich das dauert? Selten.

UFO @ Most SNP & das zweitausendeinhundertste Gedicht

UFO auf der Brücke des Slowakischen Nationalaufstandes in Bratislava / Most SNP

Sanftes Entschlafen

Und sanft löst sich, was Leben hieß,
Von Antlitz, Leib und Gliedern.
Ich denk mir allen Schmerz als Vlies,
Lass fallen unter Lidern
Und atme eine Ruhe ein,
Die Zug um Zug sich mehrt.
Dann zuckt und ruckelt letztes Sein

Mein Körper ist entleert.

Leberwurstbaum & das zweitausendfünfundachtzigste Gedicht

Leberwurstbaum im Jardín Botánico de Cienfuegos

Traumtod

Es erschlage mit Wucht - so mein Lebenstraum -
Eines Tages die Frucht mich vom Leberwurstbaum!
Drauf Schock-Informierte in Lexikahorten
Mein scheel auf dem Sack schiel'ndes Schicksal verorten,
Dass derart vererbt cruist ein Wissen durchs Land:
"Leberwurstbaum?! Klaro, ist mir bekannt!"

Tauwetter & das zweitausendneunundvierzigste Gedicht

Schmelzende Dachziegeln einer Hütte auf dem Riedboden bei Mittenwald

Erst gestern war ich jung

Erst gestern war ich jung
Und am Anfang meines Lebens -
Heut zerrt Entschleunigung
Hin zur Starre des Entschwebens.

Ich fühlte mich bereit, noch
Mal meine Hand zu heben -
Nun ragt sie wohl empor, doch
Sie winkt nur meinem Leben.

Sternrad Heuwender & das zweitausendsiebenundvierzigste Gedicht

Sternrad Heuwender im Schnee

Aufbruchsdepression

Wir werden so unglaublich fernzeitig sein,
Dass uns niemand auf Bildern erkennt.
Wir machten uns freilich nie freiwillig klein -
Denn wir schrieben die Hits einer Band,
Die stetig tourt und tourt, da wir
Schon unter ferner liefen laufen.

Doch noch passt jenes prächtige Brustblattgeschirr
Zu der Treue zum Plan uns zusammenzuraufen.
Eine Kutschpartie soll was Vergnügliches sein
Und bemüht den, der vorneweg rennt.
Wir tanzten so stur in die Ferne hinein,
Dass uns niemand auf Bildern erkennt.

Grimentz & das zweitausendneununddreißigste Gedicht

Blick ins Moiry-Tal vom Skigebiet Belatola Grimentz

Rückkehr (nach dreißig Jahren)

Aber welchen der Träume von vor dreißig Jahren
Haben wir seither verbraucht?
Wie viele von ihnen sind ohne Bewandnis
Längst in Krematorien verraucht?

Und magst du mir sagen, wie da grad der Stand is -
Auch hinsichtlich Priorität?
Dann würd ich gern zwei bis drei weiter verwahren,
So lange mein Akku noch lädt.

Alpenausrüstung & das zweitausendsiebenundzwanzigste Gedicht

Wandschmuck an der Fassade des Hauses der Großmutter im Dorf Grimentz

Glocken und Schellen

Die Glocke reißt ein und verliert ihren Klang.
Die Schelle verbeult und büßt ein manchen Rang:
Vom Klingeln zum Bimmeln zum Klimpern und Scheppern -
Bis wir sie genervt letztlich gänzlich zerdeppern.

So scheint überall uns zur Auswahl zu steh‘n:
Mit Inbrunst zu kämpfen / in Würde zu geh‘n.

Eingeschmückt & das zweitausendzweite Gedicht

Der Überruhrer Weihnachtsbaum 2021. Selbst mit ausgewählt.

Fassadenschmuck

Ach, ahnt denn deine eitle Pracht
Von ihrem Niedergang?

Nach Anmut schnappt des Wandels Macht -
Es dauert nie sehr lang.

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